Der Antares-Krieg
verlief ohne besondere Ereignisse. Bethany saß neben Calvan Cooper, einem der politischen Assistenten Stan Barretts. Barrett selbst sollte bei der bevorstehenden Expedition Alta vertreten, wie er es schon bei der Interstellaren Expedition Eins getan hatte. Cooper war seinem Stab als politischer Verbindungsmann zu den Sandarern zugeordnet und als Assistent bei den Verhandlungen vorgesehen, die nach der Wiederherstellung der Kontakte mit dem Rest der Menschheit stattfinden würden. Die nervösen Blicke, die Cooper beim Start des Raumtransporters um sich geworfen hatte, waren für Bethany ein sicheres Zeichen gewesen, dass ihr Sitznachbar unter Flugangst litt. Sie hatte ihr Möglichstes getan, um ihn durch Geplauder über die bevorstehende Reise abzulenken, als die Triebwerke der Maschine sie in den dunkelblauen Himmel Altas katapultiert hatten. Als der erste der mächtigen, sphärischen Cryogentanker der Flotte in Sicht kam, hatte Cooper sich deutlich entspannt.
»Da, schauen Sie«, sagte Bethany und zeigte hinaus zum Liegeplatz des Tankers.
Cooper beugte sich zum kleinen Fenster. Sein Blick folgte ihrem ausgestreckten Finger. »Wo?«
»Dort, bei diesem bläulichen Stern. Sehen Sie ihn?«
»Dieses winzige Ding?«
»Nicht so winzig. Was Sie sehen, sind eine Million Kubikmeter Cryogen. Ohne es würden wir vielleicht die Rückkehr nicht schaffen.«
»Ich hatte immer den Eindruck, dass die Sprünge zwischen den Sternen nicht viel Treibstoff erforderten«, sagte Cooper.
»Wozu all die Tanker?«
»Es hängt davon ab, was Sie unter ›nicht viel‹ verstehen«, erwiderte Bethany. »Ein Faltraumübergang verzehrt zehn Prozent des gesamten Treibstoffvorrats, den ein Schiff mit sich führt.«
»Dann sollten wir für zehn Übergänge gerüstet sein«, meinte Cooper. »Mehr als genug, nicht wahr?«
Bethany schaute verdutzt drein, dann lächelte sie über sein Missverständnis. »Sie vergessen die Manövrierzeiten zwischen den Faltpunkten. Ein Faltpunkt kann überall in einem Sternsystem auftreten, und bei mehreren Faltpunkten ist es nicht selten so, dass sie sich an entgegengesetzten Enden eines Systems befinden. Von einem zum anderen zu gelangen, kostet eine Menge Treibstoff. Da wir nicht genau wissen, wie viele Übergänge erforderlich sein werden, bevor wir die Erde erreichen, müssen wir einen reichlichen Vorrat mitnehmen.«
»Wie kommt es, dass Sie so viel darüber wissen? Sie sind doch kein Schiffsoffizier, nicht wahr?«
Bethany lächelte. Frauen waren in den Streitkräften tatsächlich eine Seltenheit, und an Bord der Kampfeinheiten der Marine gab es überhaupt keine. Diese Haltung war ein Überbleibsel aus der Früh-. zeit der Kolonisation, als man Frauen von jedem als gefährlich betrachteten Beruf ausgeschlossen hatte, um das vordringliche Ziel der Besiedelung ihrer neuen Welt nicht zu gefährden. Immerhin hatte ein halbes Dutzend Frauen – vorwiegend Wissenschaftlerinnen – an der Interstellaren Expedition Eins teilgenommen, und die Teilnehmerliste der bevorstehenden Expedition wies das Dreifache dieser Zahl auf. Demgegenüber bestand die sandarische Marine zu annähernd zwanzig Prozent aus Frauen, eine Folge der hohen Verluste in dem mehr als hundert Jahre währenden Krieg gegen die Ryall. Bethany lächelte. »Ich weiß so viel darüber, weil ich während der Interstellaren Expedition Eins an Bord der Discovery war.«
»Richtig!«, sagte Cooper. »Jetzt fällt es mir wieder ein! Sie sind die erbliche Botschafterin der Erde auf Alta, nicht wahr?«
Sie schüttelte den Kopf. »Mein Onkel ist erblicher Botschafter. Ich bin seine offizielle Vertreterin und von Beruf Historikerin. Aber in den vergangen zwei Jahren habe ich auch einiges über die Ryall gelernt. Ich hoffe, meine Kenntnisse zu erweitern, wenn wir zur Erde kommen.«
»Es war nicht meine Absicht, Sie mit meiner Bemerkung zu kränken«, sagte Cooper.
»Das habe ich nicht als Kränkung aufgefasst.«
Der erste Cryogentanker war hinter ihnen zurückgeblieben. Bald darauf kam der nächste in Sicht, dann noch zwei weitere. Schließlich, als das letzte der großen Schiffe hinter ihnen zurückgeblieben war, kam ein großer zylindrischer Rumpf in Sicht.
Seine wahren Ausmaße wurden erst allmählich erkennbar, als der Raumtransporter langsam näher kam. Drei Frachter schwebten in der Nachbarschaft des stationären Schiffes, und kleine Fahrzeuge glitten zwischen ihnen und dem Koloss hin und her. Dann ertönte der Beschleunigungsalarm, und Bethany und
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