Der Antares-Krieg
sekundärer Strahlung hatte die genetischen Lebensreserven völlig durcheinander gebracht und die Mutationsrate steil ansteigen lassen. Mit jeder neuen Generation waren groteske neue Formen und Wesenszüge zum Vorschein gekommen. Die meisten waren schädlich gewesen und hatten zum Tode ihrer Träger noch im Ei geführt. Andere waren von begrenzter Brauchbarkeit und wurden entweder durch natürliche Selektion oder die Stammesältesten rasch ausgesondert und beseitigt. Einige Mutationen aber erwiesen sich als vorteilhaft und wurden in die rasche stammesgeschichtliche Entwicklung der Art integriert.
Die Ryall waren nicht die einzige Art, deren Entwicklung beschleunigt wurde. Etwa fünftausend Jahre nach dem ersten Aufleuchten der Nova am Himmel trat auf der Heimatwelt der Ryall eine weitere intelligente Art in Erscheinung. Die gefangenen Ryall hatten verschiedene Namen für diese Wesen, aber in den meisten Fällen ließen sie sich als »Schnelle Esser« übersetzen.
Die Schnellen Esser waren Amphibien und stammten von einem nicht intelligenten räuberischen Meeresbewohner der Ryall-Welt ab. Sie waren schnell, wie der Name sagte, schlau und gefräßig. Sie griffen die Brutgebiete der Ryall an und mästeten sich mit Ryalleiern. Infolgedessen ging die Ryallpopulation rapide zurück. Es kam eine Zeit, als die Schnellen Esser sogar den Fortbestand der älteren Art bedrohten.
Nach generationenlangen Versuchen hatten die Ryall endlich eine erfolgreiche Abwehr gegen die verheerenden Angriffe der Schnellen Esser entwickelt. Sie zogen sich ganz vom Wasser zurück und wurden zu Landbewohnern, deren Sippen weit genug von der Küste entfernt lebten, um vor Angriffen sicher zu sein. Ihre Eier legten sie in künstlichen, von Bächen und Flüssen genährten Teichen ab und lernten andere Landtiere zu jagen und zu zähmen. Sie entwickelten eine Landwirtschaft, um Futter für ihre Herden anzubauen, lernten den Gebrauch von Feuer und die Herstellung von Metallen. Schließlich entwickelten sie Städte und eine echte Zivilisation. Während ihrer Bronzezeit entwickelten sie auch wirksame Methoden zur Jagd auf die Schnellen Esser. Es begann ein Ausrottungskampf, der sich über fünfzehntausend Jahre hinzog. Generation folgte auf Generation, und der Hass auf die Schnellen Esser wurde zu einem ausgeprägten Wesenszug der Ryall, einem Instinkt.
Als der Kampf endlich entschieden und die Jagd beendet war, hatten die Ryall eine wichtige Lektion gelernt. Die Geschichte hatte sie gelehrt, dass es auf das Auftreten einer anderen, potenziell rivalisierenden Art nur eine mögliche Antwort gab: die Ausrottung. Und als knapp jenseits der Hegemonie der Ryall eine neue Nova aufflammte, entdeckten die Ryall eine noch tödlichere Bedrohung ihrer Art. Sie ging von warmblütigen Zweifüßlern aus, die in mehreren, durch ihre Farbe unterscheidbaren Rassen vorkamen. Sie waren Raumfahrer, deren Schiffe eine gewisse Vorliebe für die technischen Künste zeigten. Soweit es die Ryall betraf, würde kein Junges sicher sein, solange auch nur ein einziges Mitglied dieser seltsamen neuen Art irgendwo in der Galaxis am Leben blieb!
Bethany saugte Kaffee aus ihrer der Schwerelosigkeit angepassten Deckeltasse und dachte über Phillip Walkirks Darstellung der Stammesgeschichte der Ryall nach. Oder vielmehr, was Menschen sich unter der Geschichte der Ryall vorstellten.
»Ich habe mich oft gefragt, ob die Geschichte von den Schnellen Essern mündlich überlieferte Wahrheit oder bloß eine Legende ist«, sagte Bethany. »Glauben Sie, dass es die Schnellen Esser wirklich gegeben hat?«
Phillip zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, ob wir für diese oder jene Auslegung handfeste Beweise haben. Es hat aber tatsächlich nichts zu sagen. Solange die Ryall an die Schnellen Esser glauben und nach diesem Glauben handeln, ist die Frage müßig.«
»Sind Sie sicher, dass sie wirklich daran glauben?«
»Ohne Zweifel! Das ist der Hauptgrund für den fremdenfeindlichen Zug in der Psyche der Ryall. Solange sie uns vernichten wollen, sind ihre Beweggründe nebensächlich.«
»Wenn sie uns aber vernichten wollen, können wir überhaupt mit Aussicht auf Erfolg Friedensverhandlungen führen?«
Phillip Walkirk blickte überrascht auf. Er überlegte eine Weile, als fiele es ihm schwer, die Bedeutung der Worte zu erkennen. Endlich sagte er: »Es kann niemals Frieden zwischen uns geben, bis wir sie zu ihren Heimatwelten zurücktreiben. Und was Verhandlungen angeht, wie verhandelt man mit
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