Der Antares-Krieg
seine Steuertriebwerke zündete und sich langsam zwischen die Discovery und den Antares-Pulsar schob. Zweck des Manövers war nicht die Abschirmung des Kreuzers, sondern der Treibstoffleitung, die zwischen den beiden Schiffen verlaufen sollte. Sogar bei ihrer gegenwärtigen Entfernung vom Zentralgestirn war die energiereiche Strahlung so stark, dass selbst eine gut isolierte Treibstoffleitung innerhalb von Minuten schmelzen würde, wenn sie die Strahlungsabschirmung der Phoenix verließe. Plötzlich erschien die ferngesteuerte Treibstoffleitung aus der einförmig perlweißen Oberfläche des Tankers und kam zielstrebig auf den Schlachtkreuzer zu. Rasch bewegte sie sich aus dem Aufnahmebereich der Außenkamera und verschwand unter dem Rand des Habitatringes. Dreißig Sekunden später hallte das Schiff von der Durchsage des Ersten Ingenieurs wider, dass die Treibstoffübernahme beginnen könne. Auf dem Bildschirm versteifte sich die Leitung, als der mit Deuterium angereicherte flüssige Wasserstoff in die Tanks der Discovery zu fließen begann.
An diesem Tag nahm Bethany Lindquist ein verspätetes Frühstück in der Offiziersmesse ein. Sie hatte lange geschlafen, nachdem sie am Vorabend bis zum Beginn der Frühwache am Computer gesessen und für die Astronomen Daten abgeglichen hatte. Als die Warnung vor der erwarteten Schwerelosigkeit kam, hatte sie gerade die Hälfte einer tropischen Frucht verzehrt. Seufzend legte sie den Löffel aus der Hand und griff nach den Haltegurten ihres Stuhls. In diesem Augenblick schob jemand ein zugedecktes Tablett in die Halteklammern des Tisches ihr gegenüber.
»Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich hier für eine Weile Anker werfe, Miss Lindquist?«
Sie blickte auf und sah in Phillip Walkirks lächelndes Gesicht. »Es wäre mir ein Vergnügen, Hoheit.«
Walkirk verzog das Gesicht. »Bitte, ich versuche mich hier als guter Republikaner zu tarnen. An Bord dieses Schiffes bin ich bloß Fähnrich Walkirk oder einfach Phillip, für meine Freunde.«
»In diesem Fall wird es mir eine Ehre sein, wenn Sie sich zu mir setzen ... Phillip.«
Der Kronprinz schnallte sich an und nahm vorsichtig den Deckel von seinem Tablett. Unangenehme Empfindungen im Innenohr verrieten Bethany, dass die Rotationsverlangsamung eingesetzt hatte.
»Sie haben gestern Abend lange gearbeitet?«, fragte Phillip. Bethany nickte und erzählte von ihrem nächtlichen Ringen mit dem Computer. Zwei Wochen waren vergangen, seit die Discovery mit den übrigen Schiffen der Expedition die Region erreicht hatte, wo Dagger eine deutliche Zusammenballung der Isogravitationslinien festgestellt hatte. Während dieser Zeit hatten sie die Region systematisch abgesucht und die Daten gesammelt, um die genaue Position des neuen Faltpunktes zu bestimmen. Die Datenmenge hatte sich für das halbe Dutzend Astronomen an Bord als zu groß erwiesen, und Bethany hatte sich freiwillig gemeldet, um bei der Analyse und Abgleichung der Daten zu helfen.
Sie aßen schweigend, während die Schwerkraft langsam verschwand. Schließlich erkundigte sich Bethany nach seiner Schwester Lara, die ihr auf Sandar Gesellschaft geleistet und Sehenswürdigkeiten gezeigt hatte.
»Ich denke, sie ist sehr beschäftigt«, antwortete Phillip.
»Hochzeitsvorbereitungen, wissen Sie.«
»Welche Hochzeit?«
»Lara wird bei der nächsten Gletscherschmelze verheiratet.«
»Wirklich? Seit wann ist sie denn verlobt?«
»Ach, seit ungefähr fünfzehn Jahren«, erwiderte Phillip.
»Sie scherzen!«
»Keineswegs. Lara wurde mit sechs Jahren versprochen. Hat sie es Ihnen nicht erzählt?«
»Ich glaube, das Thema kam nicht zur Sprache.«
»Das überrascht mich. Das offizielle Heiratsdatum wurde vor fünf Jahren von meinem Vater und den Eltern des Bräutigams im Rahmen einer Ratssitzung festgelegt.«
»Hatte Lara nicht darüber zu befinden?«
»Nein, natürlich nicht. Warum sollte sie?«
»Die zukünftigen Ehepartner sollten in solchen Angelegenheiten doch das letzte Wort haben.«
»Nicht, wenn die Braut eine sandarische Prinzessin ist, Bethany. Solche Eheschließungen sind eine Frage der Staatspolitik.«
»Wer ist der Glückliche?«
»Hauptfreier ist der Graf von Claremore.«
»Hauptfreier?«
Phillip überlegte, wie er die heimischen Heiratsbräuche am besten erklären konnte. Dann sagte er: »Es gibt viele Gründe, königliche Eheschließungen ein Jahrzehnt oder länger im Voraus zu planen. Solch ein Bund ist immer Gegenstand schwieriger politischer
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