Der Antares-Krieg
solange noch Zeit ist.«
»Jeder in diesem Raum ist mit den jüngsten Ereignissen vertraut, Captain Drake. Worauf wollen Sie hinaus?«
»Ich erinnere nur daran, Koordinator, dass nach dem Stand der Dinge kein Weg geeignet erscheint, den Würgegriff der Ryall aufzubrechen und das Aezer-System zu befreien. Ich schlage vor, dass wir diese unerfreuliche Tatsache akzeptieren und die Lösung unseres Dilemmas anderswo suchen. Wenn ein Problem zu lösen ist, empfiehlt es sich immer, ein paar Schritte zurückzutreten, um das Gesamtbild ins Blickfeld zu bekommen.
Vor mehreren Wochen saß ich im Hauptquartier der Großen Flotte und hörte einen Vortrag, der die offensichtliche Tatsache, dass die Menschheit während des vergangenen Jahrhunderts Boden an die Ryall verloren hat, verklärte. Ich hörte, dass die Ryall mehr Schiffe und eine größere Versorgungsbasis hätten als wir. Die erbeuteten Daten zeigen jedoch, dass dies nicht zutrifft. Die Ryall-Flotte ist nicht größer als unsere, ihre Schiffe sind nicht besser ausgerüstet, und die Ryall-Hegemonie ist insgesamt kleiner als unsere. Schließlich sind die Ryallkrieger weder klüger noch zäher oder tapferer als unsere.« Drake machte eine Pause und blickte in die Runde seiner Zuhörer. »Warum also verlieren wir trotzdem diesen Krieg?«
»Sie haben Spica«, sagte Koordinator Blenham.
»Richtig! Der Fehler, könnte man sagen, liegt nicht in uns, sondern in unserem Unstern. Die Ryall sind Nutznießer eines einfachen Zufalls der Natur. Sie bewohnen den Spica-Faltraumhaufen.«
Drake wandte sich um und schaltete die Projektion ein. In ihrer Tiefe war ein Diagramm sehr ähnlich dem, das Drake an jenem ersten Abend abgerufen hatte, als er das Geheimnis der Ryall aufgedeckt hatte. In der Schwärze des Raums lagen alle Sterne der Ryall-Hegemonie und des menschlichen Herrschaftsbereichs. Jeder Stern war farbcodiert und durch winzige dünne Linien mit seinem Nachbarn verbunden.
»Hier sehen wir das Problem in einer Form dargestellt, die relativ leicht zu verstehen ist. Während wir entlang dem Spiralarm ausgebreitet sind, in einer Ansammlung von Sternen, die nur lose miteinander in Verbindung stehen, bewohnen die Ryall einen kompakten Bereich, dessen Sterne durch Faltpunktverbindungen eng mit Spica zusammengeschlossen sind. Wie Admiral Belton in unserem letzten Gespräch feststellte, sind die Vorteile dieser Anordnung wesentlich kürzere Reisezeiten zwischen den Systemen, bessere Kommunikationsmöglichkeiten, eine effizientere Nutzung natürlicher Bodenschätze und ein Maß an industrieller Integration, von dem unsere Welt nur träumen könne. Zwar ist keiner dieser Faktoren für sich genommen entscheidend, aber gemeinsam verschaffen sie den Ryall einen Vorteil, den zu überwinden wir nahezu unmöglich finden.«
Drake zeigte mit dem Finger auf den Stern, der Mittelpunkt der roten Verbindungslinien der Ryall-Hegemonie war.
»Wenn wir diesen Krieg jemals gewinnen wollen, werden wir die Vorteile ausgleichen müssen, die den Ryall aus ihrem Faltraumhaufen erwachsen.«
»Und wie wollen Sie das bewerkstelligen, Captain?«, fragte Blenham.
Drake lächelte. »Ganz einfach, Koordinator. Wir brauchen nichts weiter zu tun, als Spica zu erobern und zu halten!«
Keiner sagte etwas. Sogar Bethany war sprachlos. Endlich wurde Großadmiral Belton lebendig. Er blickte von der Projektion zu Drake und wieder zurück.
»Captain, ich hoffe, Sie werden meine nächste Bemerkung nicht als kränkend empfinden, aber ob Sie es tun oder nicht, ich muss Sie fragen: Sind Sie betrunken oder haben Sie den Verstand verloren?«
»Nichts von beidem, Admiral. Es ist zu machen. Ich weiß es, weil ich die letzten zwei Tage alle Aspekte untersucht habe und beweisen kann, dass es zu machen ist.«
»Wenn Sie die Ryall nicht aus dem Aezer-System vertreiben können, wie wollen Sie dann das Zentralgestirn ihrer ganzen Hegemonie erobern? Und wie wollen Sie Spica überhaupt erreichen?«
»Durch die Hintertür, Admiral. Genauer gesagt, die Übergangssequenz wird Antares, Eulysta, Carratyl, Spica sein.«
»Die Ryall werden Sie abschlachten, bevor Sie die Hälfte des Weges hinter sich gebracht haben.«
»Keineswegs, Sir. Vergessen Sie nicht, dass die gesamte Ryall-Flotte in den Systemen Aezer, Constantine und Klamath konzentriert ist. Eulysta als einer ihrer inneren Sterne ist praktisch unbewohnt. Selbst wenn sie den Corlis-Komplex wiederaufbauen, werden nicht mehr als ein halbes Dutzend Frachtschiffe in dem System
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