Der Antares-Krieg
dass die Zeit endlich gekommen ist«, erwiderte er. »Wir haben den Einsatz schon zu lange hinausgeschoben. Wir hätten vor sechs Monaten starten sollen. Es tut mir nur Leid, dass ich zur Geburt unseres Sohnes nicht hier sein werde.«
»Dieses eine Mal vergebe ich es dir«, sagte sie mit gezwungenem Lachen. »Was du tust, ist schließlich wichtiger als das, was ich tun werde.«
Er schüttelte den Kopf. »Niemals wichtiger, mein Liebes, bloß dringender. Jedenfalls werde ich vor seinem ersten Geburtstag zurück sein.«
»Versprichst du es mir?«
»Ich verspreche es.«
Es gab eine längere Pause, in der Drake Tränen in Bethanys Augen erscheinen sah. Auch in seinen Augen glänzte verräterische Nässe. Schließlich flüsterte sie mit halb erstickter Stimme: »Ich liebe dich, Richard.«
Drake streckte die Hand aus und berührte das Gesicht im Bildschirm, wie um ihre Wange zu streicheln. »Ich liebe dich auch, mein Schatz. Es tut mir Leid, aber ich muss gehen. Ich habe eine Stabsbesprechung, die vorbereitet werden muss. Morgen um diese Zeit werde ich dich wieder anrufen, und danach jeden Tag, bis wir den Übergang nach Napier machen.«
»Ich werde warten«, sagte sie.
Er warf ihre eine Kusshand zu, dann unterbrach er die Verbindung. Nach einer Minute rief er eine Außenansicht ab und beobachtete die Reihe der Schiffe, die hinter Conqueror II in Kiellinie lagen. Zuerst kam die Discovery, jetzt unter Rorqual Marchants Kommando. Hinter dem Schlachtkreuzer lagen ihre Schwesterschiffe Dagger und Dreadnought, und hinter diesen folgten die neueren Schiffe in einer langen Reihe, die sich bis außer Sichtweite erstreckte. Die zwei Jahre seit der Rückkehr der Helldiver-Expedition von der Erde waren für Altas Schiffswerften die arbeitsreichsten seit ihrem Bestehen gewesen.
Als er seine Armada überblickte, wurde er auf einen besonders hellen Lichtfunken im oberen Bereich seines Bildschirms aufmerksam. Er brauchte nicht in seinem astronomischen Almanach nachzuschlagen, um zu wissen, welcher Stern es war. Obwohl die Antares-Supernova zunehmend schwächer geworden war, als das expandierende Licht weiter hinaus in den Raum ging, war die Nova am Himmel Altas noch immer der hellste Stern, während sie an Ort und Stelle längst zum Neutronenstern erloschen war. Bald würden zwei mächtige Flotten jenseits dieses fernen Leuchtfeuers um die Herrschaft über diesen Teil der Galaxis ringen. Ein erbitterter Kampf auf Leben und Tod stand bevor, und sein Ausgang war keineswegs sicher.
Niemand kannte besser als Drake die Risiken, die der Vorstoß auf Spica für die Zukunft der Menschheit darstellte. Es war ein Würfelspiel, das nur einen Wurf kannte, und wie die Würfel fielen, bestimmte Überleben und Untergang von zwei intelligenten Arten.
Trotz der ungeheuren Tragweite der Entscheidung gab es für die Menschheit jedoch keine vernünftige Alternative. Seit rund einem Jahrhundert hatten die Ryall ihren Zermürbungskrieg gegen die Welten der Menschheit vorgetragen und mehr und mehr die Oberhand gewonnen. Wenn die Geographie des Faltraumes nicht in naher Zukunft verändert werden konnte, musste der Krieg früher oder später mit der Niederlage der Menschheit und der Vernichtung der Erde enden.
Der Angriff auf Spica würde der Menschheit eine Gelegenheit geben, den Schaden wieder gutzumachen, der durch den Novaausbruch entstanden war – eine Gelegenheit freilich, die errungen werden musste. Das war seit Urzeiten alles, was Menschen je verlangt hatten, alles, was sie je gebraucht hatten.
BUCH 3
ANTARES: SIEG
55
Arthur Richard Drake – aufgrund seiner Verdienste zum Admiral befördert – lag angeschnallt in seinem zurückgeklappten Sitz an Bord des Raumtransporters und blickte auf die leuchtende Erscheinung, die den ebenholzschwarzen Himmel voraus zur Hälfte ausfüllte. Hier im System Napier erschien der Antaresnebel hundertmal größer als am heimatlichen Nachthimmel.
Der Nebel war ein schimmernder, durchscheinender Ball aus erhitztem Gas und Staub – und ebenso schön wie tödlich. Sein fein strukturiertes, wirbelartiges Geflecht glich einem hauchdünnen Spinnennetz, das in der Schale eines schimmernden kosmischen Eis schwebte. Mit Ausnahme seines scheinbar festen Kerns waren die feinen Fasern des Geflechts annähernd transparent, bis sie sich der äußeren Schale näherten, wo sie wieder die Tönung einer fluoreszierenden Leuchtstoffröhre annahmen. Die Erscheinung verkörperte die Erinnerung an den gewaltigen grausamen
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