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Der Apotheker: Roman (German Edition)

Der Apotheker: Roman (German Edition)

Titel: Der Apotheker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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Unterröcke vom Leib riss, tat mir die Tante leid. Sie hatte nie einen Ehemann gehabt, nach dem sie sich so hemmungslos verzehrte, dass es schier wehtat. Sie kannte nicht dieses Gefühl, einen Ehemann in die Arme zu schließen und sich im vollkommenen Glück des Sinnestaumels zu verlieren.
    Meine Erinnerungen an diesen Nachmittag sind bruchstückhaft, hell, aber trügerisch, und scharfkantig wie die Scherben eines zerbrochenen Spiegels. Ich weiß noch, dass es dunkel wurde, worauf er ein Binsenlicht entzündete und auf den Boden stellte, das seltsame Schatten auf die schweren Bettvorhänge warf. Ich erinnere mich an den salzigen Geruch der Flamme, an den Gestank des verbrennenden Fetts und das süß duftende Betttuch, das ich eigenhändig gewaschen, gestärkt und mit getrocknetem Lavendel in die Kiefernholztruhe gelegt hatte. Am deutlichsten jedoch erinnere ich mich, wie es mir in die Magengrube fuhr, als ich ihn zum ersten Mal nackt sah. Als kleine Mädchen hatten wir uns an Sommerabenden gern am Fluss versteckt, um heimlich den Bauernjungen zuzusehen, wenn sie sich auszogen, um schwimmen zu gehen. Ihre Körper waren kräftig und drahtig, die runden Muskeln bewegten sich wie unreife Früchte unter der sonnengegerbten Haut ihrer Arme. Das aprikosenfarbene Sonnenlicht glitzerte auf ihren braunen Schultern und verfing sich in den dunklen Dreiecken zwischen ihren Beinen.
    Im Unterschied dazu war er bleich wie Milch, sein Fleisch weich und geschmeidig wie das eines Kindes. Aus dem blonden, spärlichen Haar zwischen seinen Lenden ragte seine Rute dick und rosafarben wie ein Rhabarberstängel hervor. Ich schloss schnell die Augen, zog ihn unter die Decke und dürstete nach dem ungeheuren Ansturm der Wollust, in die ich meinen Glauben setzte. Das Fleisch seiner Hinterbacken war nachgiebig und klebte ein wenig wie Brotteig. Ich liebkoste ihn zaghaft. Nie zuvor hatte ich seine Haut berührt. Er berührte mich jetzt kaum mehr. Er war gierig und grob, und alles war schnell vorüber. Wenig später machte er sich auf den Weg nach Hause, wo Geschäftsfreunde seines Vaters zum Abendessen erwartet wurden.
    Wir waren verheiratet.

14 . März 1718
     
     
    Der Nachtwächter ruft die elfte Stunde, ich sollte zu Bett gehen. Meine Hand schmerzt & auch mein Magen (das Kalomel hat keine Erleichterung bewirkt, & mein Stuhl war hart wie Kiesel), aber nicht mein Herz, nicht heute Nacht, trotz der späten Stunde. Meine Abhandlung liegt so gut wie vollständig vor mir, das Titelblatt schimmert cremefarben im Kerzenschein, dass man meinen könnte, das Licht ströme aus den Blättern selbst hervor.
    ÜBER DIE EINBILDUNGSKRAFT VON MÜTTERN . EIN TRAKTAT VON GRAYSON BLACK .
    Was für ein Schauder mich bei der Vorstellung ergreift, meine Schrift in den Händen der gelehrten Kollegen zu sehen, wie sie meine penibel gesetzten Worte erwägen, prüfen & – so Gott will – loben werden. In aller Bescheidenheit muss ich gestehen, dass mir die Analyse der physiologischen Folgen der Einbildungskraft meisterlich gelungen zu sein scheint. Natürlich muss die erhöhte Bluttemperatur einer Frau in heftiger Wallung die flüssigen Teile des Körpers erhitzen. & natürlich müssen sich die Salze innerhalb dieser Flüssigkeiten, wenn jene Wallungen sich abschwächen, innerhalb des Körpers ablagern, genauso wie sich Salz an der Wand eines sich abkühlenden Kochtopfs niederschlägt. Wo sonst könnten sie sich sammeln als im unvergossenen Blut der Menstruation? Es ist daher unvermeidlich, dass diese Salze in die noch ungehärteten Muskeln und Knochen des Fötus eindringen, wenn er das Menstruationsblut als Nahrung aufnimmt. Und so trägt das Kind das Zeichen der mütterlichen Leidenschaft wie das Siegelwachs die Prägung des Stempels.
    In der Einfachheit dieses Vorgangs liegt eine Schönheit, die mich selbst jetzt noch anrührt, da ich dies schreibe. Besitzt diese These nicht die Merkmale aller großen wissenschaftlichen Entdeckungen: so klar, so schlicht, dass es, ist sie einmal ausgesprochen, geradezu unmöglich scheint, dass sie nicht schon immer bekannt war?
    Freilich kann ich nicht leugnen, dass manche Ungereimtheiten fortbestehen, wenngleich nicht durch meine Schuld. Meine Feldforschung in der Gemeinde hat mir wenig mehr als Enttäuschung eingebracht. Die Schwierigkeiten liegen bei den Frauen selbst, die trotz meiner wiederholten Verwünschungen unfähig scheinen, sich länger als bis zur nächsten Sekunde an Einzelheiten ihres Tuns zu erinnern, & mit

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