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Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Titel: Der Atem der Apokalypse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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Kaffee aus und stand auf.
    »Soll ich Ihnen ein Taxi bestellen?«
    »Nein, danke«, sagte Cass. »Ich laufe lieber.« Fragte sich nur wohin. Er musste erst mal ein Quartier finden: ein möbliertes Zimmer oder ein billiges Motel, von wo aus er planen konnte, wie er Luke befreien wollte.
    »Na dann. Auf Wiedersehen und alles Gute, Mr Silver.«
    Cass schüttelte die glatte Hand und kehrte nach Crouch End zurück. Er wollte nach Highgate hochlaufen und dort die U-Bahn nehmen. Mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern machte er sich auf den Weg. So würden die Kameras ein verschwommeneres Bild von ihm aufzeichnen.
    Er war noch keine zehn Schritte gegangen, als die Türen eines geparkten Autos vor ihm aufflogen und vier Männer ausstiegen. Cass registrierte die Pistole, die einer von ihnen auf ihn richtete, doch dann drückte man ihm ein Stück Stoff auf den Mund und der Ekel erregend süßliche Geruch von Chloroform erstickte ihn beinahe. Er sah noch, wie der Kofferraum geöffnet wurde. Als sie den Deckel über ihm zuschlugen, war er bereits ohnmächtig.

10
    Je näher der Prozess rückte, umso nervöser war Mat Blackmore geworden, der auch schon vorher nicht die Ruhe in Person gewesen war. Obwohl inzwischen so viele Monate vergangen waren, konnte er es immer noch nicht fassen, dass sie sich so in die Scheiße geritten hatten. Gary Bowman hatte ihm versichert, alles sei in bester Ordnung, sie würden nie erwischt werden – und dann war alles schief gegangen. Erst wurden die beiden Jungen erschossen, dann der Mord an der Familie von Christian Jones, alles ein einziges Durcheinander, große Scheiße, viel zu viel Blut, und wer war mitten drin? Er.
    Er wippte auf der Kante seines schmalen Zellenbetts und rieb sich das Gesicht. Seine Augen waren vom Schlafmangel verklebt; es war Monate her, seit er das letzte Mal gut geschlafen hatte, von wegen, die Bösen schlafen wie Babys. Doch ihn hielten weniger die Schuldgefühle wach – die sparten sich für seine Träume auf – als die Angst, mit der er bis in die frühen Morgenstunden mit aufgerissenen Augen in die dunklen Ecken seiner Zelle starrte.
    Es gab einiges zu befürchten. Er hatte alle ans Messer geliefert, die er hatte verraten können: Gary Bowman, andere Bullen aus Paddington, MacIntyres Kontakte, jeden, der ihm eingefallen war. Alles, damit möglicherweise einige Anklagepunkte gegen ihn fallen gelassen wurden. Ihm drohte die Todesstrafe, das hatten ihm die Anwälte gleich am Anfang klipp und klar gesagt, und er musste alles tun, damit Lebenslänglich daraus wurde.
    Als die Erinnerung an Claire Mays Gesicht, während sie fiel, auf ihn einstürmte, bekam er Magenschmerzen, als hätten sich seine Organe verknotet. Das passierte täglich tausend Mal. In ihren aufgerissenen Augen sah er, wie Schock und Erkenntnis mit dem Grauen kämpften. Und diese Augen ließen ihn nicht in Ruhe, sie waren überall. In seinen Träumen wurde manchmal die Zeit zurückgespult, dann war sie lebendig und sie lagen nackt zusammen im Bett. In diesen Träumen spürte er, wie warm und feucht sie innen war und wie ihre Haut roch. Einen Augenblick lang war es wunderbar, doch dann wurde sie kalt und steif und wenn er den Blick senkte, merkte er, dass er ihren toten zerschmetterten Körper fickte.
    An den meisten Tagen wollte er einfach nur weinen und dieser Tag machte keine Ausnahme. Wie konnte es passieren, dass ausgerechnet
er
nach allem, was passiert war, als Einziger wegen vorsätzlichen Mordes angeklagt wurde? Wenn ihm nicht so schlecht gewesen wäre, hätte er beinahe gelacht. Bowman lachte ihn mit Sicherheit aus – schließlich hatten seine Anwälte es besonders eilig gehabt zu betonen, dass
ihr
Klient
genau genommen
niemanden umgebracht hatte. Deshalb konnte man ihn nicht für MacIntyres oder Blackmores Vergehen zur Verantwortung ziehen. Bowman musste damit rechnen, den Rest seines Lebens hinter Gittern zu verbringen, doch immerhin drohte ihm keine Hinrichtung.
    Mats Hände waren schweißnass. Die meiste Zeit rasten seine Gedanken dermaßen, dass er das Gefühl hatte, verrückt zu werden. Würde es nicht sogar helfen, wenn er komplett durchdrehte – Wahnsinnige wurden doch nicht hingerichtet, oder? Er hätte beinahe gekichert. Sie mussten alle verrückt geworden sein, um sich so zu verrennen, und jetzt spürte er die Blicke jedes Mal, wenn er nach draußen oder in die Bibliothek durfte. Er war nicht nur ein korrupter Bulle, er hatte gesungen. Es war allen egal, dass er Bowman

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