Der Atem der Apokalypse (German Edition)
verpfiffen hatte, aber die Gangster-Kontakte? Die hatten alle Freunde im Knast. Er wusste genau, dass einer von ihnen ihn demnächst angehen würde.
»Besuch vom Anwalt.« Als die Zellentür geöffnet wurde, zuckte Blackmore zusammen, so sehr war er in seine düsteren Gedanken versunken. Eine Woge aus Vorfreude und Grauen schlug über ihm zusammen. Er erwartete keinen Besuch – was hatte sich Neues ergeben? Jeder – alle Angeklagten angefangen mit Bowman – nährten die gleiche Hoffnung. Da Cass Jones in Verruf geraten war, wollte niemand mehr diese Prozesse durchziehen. Immer häufiger wurde vorgeschlagen, sich außergerichtlich zu einigen – vielleicht ging es endlich auch mal um ihn. Blackmore stand auf und folgte dem pfeifenden Gefängniswärter gefügig wie ein Lamm in den Hauptflur des Gefängnisses. Sein Schritt federte nicht mehr, und die Hose schlackerte um seine Hüften, seit er vor Angst abmagert war.
Die Tür wurde hinter ihm geschlossen. Er war überrascht, dass ein fremder Mann im Anzug hinter dem Tisch stand. Er war zwanzig Jahre jünger als Blackmores Anwalt und trug einen jener Anzüge, für die er selbst viel von seinem erschlichenen Geld ausgegeben hatte: maßgeschneidert vom Designer, teuer. Vielleicht wurden Anwälte doch nicht so schlecht bezahlt.
Der elegante Fremde reichte ihm die Hand.
»Es tut mir leid, aber Mr Johnson hat sich heute krankgemeldet. Er wollte Sie besuchen, aber er traut sich nicht weiter als einen Meter von der Toilette weg, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich heiße Anthony Ware.«
Mat schüttelte ihm zaghaft die Hand. Der Mann hatte seinen Namen mit einem weichen »th« ausgesprochen, wie ein Amerikaner oder jemand aus Oxbridge. Vor einem Jahr hätte sich Mat Blackmore davon nicht einschüchtern lassen, doch vor einem Jahr hatte er ein anderes Leben gelebt. Er setzte sich, ohne ein Wort zu sagen.
Ware blieb stehen. »Ich habe hinter den Kulissen an Ihrem Fall gearbeitet und bin mit Ihrer Situation bestens vertraut. Noch zwei Wochen bis zu dem großen Tag, nicht wahr?« Als er grinste, nickte Mat nur stumpf.
»Ich habe gute Neuigkeiten für Sie. Wir haben uns endlich mit dem Gericht darauf geeinigt, dass die Forderung nach der Todesstrafe unter den Tisch fällt. Die Anklage hat sich unserer Einschätzung angeschlossen, dass der Mord an Miss May nicht vorsätzlich war. Sie haben in Panik gehandelt, also war es praktisch ein Verbrechen aus Leidenschaft. Sie wissen selbst, dass es normalerweise immer noch nicht ausreichen würde, aber da Sie so umfassend kooperiert und angeboten haben, als Zeuge der Anklage gegen Gary Bowman auszusagen, haben sie Gnade vor Recht ergehen lassen.«
Nach dem zweiten Satz hatte Blackmore nicht mehr zugehört. Sein Herzschlag rauschte in seinen Ohren; er war so ungeheuerlich erleichtert, dass er das Gefühl beinahe nicht erkannt hätte. Seine Haut kribbelte und er wollte laut lachen. Er würde nicht sterben! Fuck, danke! Danke, Scheiße noch mal! Schluss mit den schrecklichen Träumen, in denen er auf einen Tisch geschnallt wurde und eine Spritze bekam. Schluss mit den fürchterlichen Erinnerungen an den grauenhaften Tag. Claire May und ihr Geist konnten sich verpissen.
Erst als der Anwalt ihm auf den Arm tippte, hob er den Blick und erinnerte sich daran, dass er nicht allein war. Er grinste so breit, dass Ware ihn sicher für einen sabbernden Vollidioten hielt, aber das war ihm so was von egal. Kein Todesurteil. Nur das zählte.
»Herzlichen Glückwunsch, Mat.« Ware holte etwas aus seinem Aktenkoffer. Einen Schokoladenmuffin mit Zuckerguss.
Jetzt musste Mat Blackmore wirklich lachen. Er wurde heute dreißig und hatte in seiner Panik morgens nur kurz gedacht, dass er dreißig wurde, ein Meilenstein in seinem Leben, der gut und gerne sein letzter sein konnte. Aber jetzt nicht mehr. Ihm drohte Lebenslänglich, aber was konnte da nicht alles passieren? Man konnte in Berufung gehen, aus Lebenslänglich konnten möglicherweise zwanzig Jahre werden, oder sogar nur zehn. Für Mord hatten andere in den letzten Jahren schon weniger abgesessen.
Als er sich den Muffin schnappte und hineinbiss, fühlte er sich schon ein bisschen mehr wie der Mat Blackmore von früher, der mit dem stolzen Gang, der mit einem Auge immer beim Spiel und bei den Mädels war. Er kaute, schluckte und lachte mit Ware, bis es keinen Kuchen und keinen schwachen Gefängnistee mehr gab. Auf dem Rückweg in die Untersuchungshaft ging er wieder aufrechter.
Als Mat
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