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Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Titel: Der Atem der Apokalypse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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und furchtsamen Blicken sah, spürte er leisen Ekel. Sie erinnerten ihn an diejenigen unter seinesgleichen, die wegen des Sterbens jammerten, das sie nun befallen hatte, und klagten, wie sehr sie sich fürchteten. Die Angst nützte ihnen nichts: Das Sterben würde sie entweder betreffen oder eben nicht. Er war stolz, dass in dieser Stadt die meisten so waren wie er – sie gingen einkaufen, aßen und tranken und liebten, während sie ihre Befürchtungen für sich behielten. Ab und zu versetzte ihn ihre unwissende Stärke in Staunen. Sie gaben einfach nicht auf. Sie waren wie Ungeziefer auf der Erdoberfläche, doch Ungeziefer überlebte alles. Auch wenn die Zirkel es vermuteten, brach diese Welt keineswegs zusammen. Vielleicht änderte sie sich und erlebte dunkle Zeiten, doch sie würde nicht untergehen.
Sie
ließen es nicht zu.
    Es war so kalt, dass seine Nase schon ganz taub war und die Trockenheit in seiner Lunge ihn zum Husten reizte. Er hatte gehofft, dass die frische Luft seine nagenden Zweifel verjagen würde, doch stattdessen hatte sie sie nur verschärft.
    Eigentlich sollte er sich freuen. Bis jetzt lief alles nach Plan, wie sie es sich vor all diesen Jahren ausgedacht hatten, als der Körper des Ersten plötzlich Verfallserscheinungen gezeigt hatte. Es war frech und gefährlich gewesen, aber sie hatten sich hineingestürzt, genau wie bei ihrem Aufstand damals – mit dem unbedingten Glauben an sich selbst und dem Wissen, dass sie nicht scheitern würden. Und sie hatten wirklich nicht versagt … doch irgendetwas war nicht in Ordnung. Das wusste er einfach.
    Der Erste war so schwach, dass er immer noch im Bett liegen musste, aber er war bei Verstand. Es hatte gut getan, nach so langer Zeit wieder mit seinem Freund reden zu können. Er gestand es sich nur selten ein, doch seit Mr Solomons Tod tat er nur noch seine Pflicht und hatte viel weniger Spaß am Leben. Deshalb war es schön, sich mit dem Ersten zu unterhalten; es war fast wie in alten Zeiten. Er wollte den anderen verkünden, dass er wieder aufsteigen würde, doch der Erste hatte den Kopf geschüttelt:
nein, noch nicht
. Mr Bright war überrascht, denn es passte so gar nicht zu ihrem Anführer, sich zu verstecken. Er war immer so gesellig gewesen und hatte sich gern zur Schau gestellt. Vielleicht wollte er warten, bis er wieder ganz gesund war.
    Mr Bright blieb stehen und kaufte Röstkastanien bei einem Straßenhändler. Er genoss die Wärme des kleinen Päckchens durch seine Handschuhe. Warum war er nur so misstrauisch? Er regelte jetzt schon so lange alles allein, dass er möglicherweise Probleme sah, wo gar keine waren – obwohl er gut daran tat, auf der Hut zu sein, nachdem Mr Solomon sich so sonderbar verhalten und Mr Bellew sich mit den Interventionisten gegen ihn verschworen hatte – ganz zu schweigen von Mr Craven. Doch er war und blieb unruhig.
    Irgendetwas war schiefgelaufen. Der Erste hatte ein wenig zu breit gelächelt, als er Mr Bright die Hand gedrückt hatte, und auf die Nachricht von der Gesandten hatte er unangemessen reagiert. Mr Bright konnte noch nicht den Finger darauf legen, aber er war ein guter Beobachter, während der Erste aus der Übung war, seine Reaktionen zu verbergen. Und warum hatte er wie nebenbei nach Jarrod Pretorius gefragt? Als der Name wie aus dem Nichts gefallen war, war es Mr Bright schwergefallen, sein Pokerface zu wahren. In den letzten Jahrtausenden hatte er manchmal wirklich geglaubt, dass er Pretorius vergessen hatte.
    Als seine Hände wieder warm waren, warf er die Kastanien, die er nicht angerührt hatte, in den Mülleimer. Der Erste hatte nicht nach der Familie Jones gefragt. Möglicherweise hatte sie keine Bedeutung mehr für ihn – was vielleicht auch stimmte. Mr Bright war von seiner eigenen Reaktion auf diese Vorstellung überrascht. Er hatte die Blutlinien über eine so lange Zeit beobachtet, schon lange bevor er Alan und Evelyn zusammengebracht hatte, und war selbst ein wenig stolz gewesen, als sie Kinder bekommen hatten. Er hatte den menschlichen Eigensinn aller Beteiligten sogar genossen. Es hatte Enttäuschungen gegeben – Alan Jones hatte sich als schwach erwiesen –, doch Mr Bright freute sich immer noch über den Handel von damals und darüber, dass nicht Cassius aufgegeben worden war.
    Damals hatte er ungeduldig darauf gewartet, dass die paar zusätzlichen Jahre noch vergingen, und sich über Mr Solomon geärgert, dem Cassius und Christian so ans Herz gewachsen waren, dass es

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