Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Titel: Der Atem der Apokalypse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
Vom Netzwerk:
hinterhergeschickt. Sie kamen nie wieder. Da habe ich begriffen, dass ich gar keine Wahl hatte.« Er machte eine Pause. »Mittlerweile bin ich schlauer geworden, wenn ich ihnen nachspioniere. Ich habe gelernt, subtil vorzugehen.«
    »Wie hast du denn rausgefunden, wer Solomon war?«
    »Komischer Typ, dieser Solomon.« Freeman lehnte sich im Sofa zurück, mit dem Brandy in der Hand. »Ich hatte ihn damals eigentlich ganz gern. Er hatte fast etwas Spirituelles. Vielleicht lag es aber auch nur an seinem Aussehen, dass man ihn direkt sympathisch finden musste. Er sah verdammt gut aus – und du weißt, dass ich keine Schwuchtel bin –, aber so war es eben. Die Leute standen auf ihn, als wäre er ein Filmstar.«
    Cass dachte an die vielen toten Frauen, die Mr Solomon über ganz London verteilt hatte. Sie hätten Brian Freeman aus ganzem Herzen zugestimmt. Er erinnerte sich an die Geschichte, wie Solomon die Kätzchen in einem Tierheim getötet hatte – Grausamkeit und Güte in einem.
    »Manchmal war er aber auch ganz schön melancholisch. Ich hätte mir denken können, dass er sich irgendwie verrennen würde, aber ich habe es nicht gemerkt. Ich war zu sehr damit beschäftigt, mich an mein neues Leben zu gewöhnen.«
    »Aber woher weißt du denn nun so viel über ihn?« Die Mischung aus Schnaps, Schmerzmitteln und Nikotin hielt Cass in einem stetigen Rausch, obwohl ihm alles wehtat.
    »Nachdem ich hier runtergezogen war, hat er mich ein paarmal besucht. Er ist stundenlang geblieben, nur zum Reden. Hin und wieder ging es auch um dich – du hast mir wehgetan, Charlie, da gibt’s kein Vertun – und manchmal ging es um das Leben an sich und wie es sich immer wieder Wendungen nimmt, mit denen man überhaupt nicht rechnet. Es war
schön
, mit ihm zu reden. Er hat keine Scheiße gesülzt. Früher dachte ich, Mr Bright hätte ihn geschickt, aber jetzt frage ich mich, ob Mr Bright eigentlich davon weiß. Wahrscheinlich hat er nur Informationen gesammelt. Er hat damals schon in die Zukunft gedacht, würde ich von heute aus sagen.«
    »Was meinst du damit?« Cass beugte sich vor.
Ein Rad im anderen
. Das war Mr Solomons Lieblingssatz und seine tiefe Wahrheit war seitdem immer wieder durch seine Gedanken gekreist. Mit wie vielen Leben hatte das Netzwerk gespielt – und warum? Was sollte das Ganze?
    »Im Laufe dieser Unterhaltungen habe ich ihm von meiner Familie erzählt. Im Nachhinein verstehe ich nicht mehr, warum, aber wie gesagt, er hatte so etwas an sich. Als würde er einen
verstehen
. Insgesamt denke ich, dass ich ihm erzählt habe, was er noch nicht aus den Akten erfahren hatte, die Bright über mich führte.«
    »Ich verstehe immer noch nicht, worauf du hinaus willst.
Inwiefern
plante er damals schon voraus?«
    »Du hättest mir längst eine bestimmte Frage stellen sollen, Cass. Ich muss mich wundern. Eigentlich warst du doch immer ziemlich schlau.«
    »Ich hatte einen langen Tag.«
    »Du hättest mich fragen sollen,
warum jetzt
? Was will ich von dir zehn Jahre, nachdem du mich verarscht hast?«
    »Na ja, bis vor ein paar Minuten dachte ich noch, Mr Bright hätte dich dafür bezahlt, mich zu finden.« Cass drückte die Zigarette aus. »Ein anderer Grund fällt mir nicht ein, warum du mich aufgreifen und am Leben lassen solltest. Normalerweise würde ich doch schon mit Betonstiefeln in der Themse treiben.«
    »Ach nee, wie der arme Kerl, den die Polizei als Charlie Sutton verkauft hat? Das wäre doch echt ironisch.«
    Cass verstand die Spitze. Das war noch ein Schandfleck auf seiner Seele, der arme Unbekannte, der an seiner Stelle begraben worden war, um der ganzen schiefgelaufenen Undercover-Nummer ein Ende zu bereiten. Sah irgendwo vielleicht immer noch eine Frau mit müden, traurigen Augen nachts aus dem Fenster und wünschte, dass ihr Junge nach Hause kam oder ihr wenigstens jemand sagte, was passiert war? Er wusste, dass es diese Ungewissheit war, die einen umbrachte, selbst wenn man keine Hoffnung mehr hatte.
    »Richtig, genau so.« Er zeigte seine Schuldgefühle nicht. Darin war er nach all den Jahren perfekt, außerdem kam es nicht infrage, dass Brian Freeman sich hier als Moralapostel aufspielte. Schließlich hatte Brian ihm befohlen, den Jungen zu erschießen. Brian Freemans Seele war auch nicht fleckenlos.
    »Du bist auf dem Holzweg, das kann ich dir sagen. Ganz im Gegenteil. Die Dinge haben sich geändert. Kann sein, dass Mr Bright mich vergessen hat, aber ich bin hinter ihm her. Alles ist wieder

Weitere Kostenlose Bücher