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Der Atem der Welt

Der Atem der Welt

Titel: Der Atem der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Birch
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Sterne damals auf See und fragte mich: Ist mir vergeben worden?
     
    Sie sollten einmal meine Nachtigallen hören. Hier in den schäbigen hintersten Winkeln einer Ratcliffe-Highway-Nacht jubilieren sie wie Engel. Es gibt keine Worte für diese perlende Süße. Sie singen mir vor: »Alles wird gut sein und alles wird gut sein und aller Art Dinge wird gut sein.« (Jaffy Brown ist, wie Sie merken, inzwischen ziemlich belesen.) Und dennoch weiß ich, das Maul des Tigers wartet. Was immer geschehen wird, und was man auch sagen mag, das Maul des Tigers wartet. Jede winzige Sekunde ist die letzte Möglichkeit, die verbleibende Zeit zu genießen. Wie ich hier zu diesem Felsen geschwommen bin, werde ich nie wissen. Ein Kanarienvogel landet vor mir auf einem Kirschenzweig, ein Jonquil von reinem, tiefem Gelb.
    Sie trug einen rückengeschuppten Kanarienvogel auf der Schulter, als ich sie das nächste Mal sah. Das weiß ich noch. Komischerweise war das bei Jamrach, denn eigentlich ging sie nie dorthin. Ich wollte mir etwas Flachssamen und Raps besorgen, und da saß sie doch im Büro mit einem Kanarienvogel auf der Schulter und einem Wombat im Schoß. Sie war ziemlich feingemacht, als sei sie auf dem Weg zur Arbeit, und sie sah mich an und lächelte. »Hallo, Jaffy«, sagte sie, und etwas hob sich wie ein Schleier. »Was machst du denn hier?«, fragte ich so munter, wie ich konnte.
    »Ich wollte den Wombat sehen.« Sie blickte zu dem pelzigen braunen Geschöpf auf ihren Knien.
    Mr Jamrach erhob sich von seinem Schreibtisch. »Das arme Kerlchen wird sich nicht halten«, sagte er.
    »Wieso, was hat es denn?«
    »Noch nichts.« Er schmunzelte und stupste das Tier in den Bauch.
    »Ich mag Wombats«, erklärte Ishbel.
    »Hat einfach kein Glück mit seinen Tieren.« Jamrach machte sich an den Fensterläden zu schaffen. »Rossetti, meine ich. Das letzte endete ausgestopft in seinem Hausflur.«
    »Aber dieses hier nicht. Oder was meinst du, Engelchen?« Sie hob das Tier hoch, als wäre es ein Baby, ein liebenswürdiges kleines Bärchen mit einem sehr großen Kopf und schwarzen Knopfaugen. Dann gab sie ihm einen Kuss und setzte es wieder auf ihren Schoß, wo es wie ein Buddha sitzen blieb und in die Welt hinausstarrte.
    »Du hast einen Kanarienvogel auf der Schulter«, sagte ich. Mein Mund war ganz trocken.
    »Ist dort gewachsen.« Sie lächelte und wiegte den Wombat. Ihre Haube war schäbig. »Mr Jamrach«, sagte sie, »könnten Sie wohl bitte dies kleine Vögelchen wegnehmen? Ich möchte nicht, dass es mir auf den Rücken scheißt.«
    Jamrach lehnte sich über den Schreibtisch und ließ den Vogel auf seinen Finger hüpfen. »Nettes kleines Trüppchen, die hier«, meinte er.
    Ich ging nach draußen und füllte meinen Sack. Ich war ziemlich aus der Fassung gebracht und drauf und dran, nicht mehr ins Büro zurückzukehren, sondern einfach nach Hause zu gehen und so zu tun, als wäre nichts geschehen. Aber meine Füße trugen mich wieder nach drinnen, und ich befeuchtete meine Lippen und sagte: »Was machst du so in letzter Zeit, Ishbel?«
    »Wie immer. Bisschen was hier und bisschen was da.«
    »Aha.« Blöde und stumm.
    »Und?« Der Wombat schnüffelte an ihrer Achselhöhle. »Wie geht es dir , Jaffy? Ich hab gehört, du hast dir ein hübsches kleines Vogelparadies geschaffen.«
    »Langsam wird es.«
    »Eine Oase der Stille!«, verkündete Jamrach geschwollen.
    »Darf ich mal gucken kommen?«, fragte sie. »Gehst du jetzt dahin zurück?«
    »Wenn du möchtest«, erwiderte ich. Etwas in mir trommelte leise: Pass auf, pass auf, pass auf!
    »Oh, schön!« Sie lächelte, sprang auf und reichte Mr Jamrach den armen Wombat. Wir überließen ihn seinem Schicksal, und sie begleitete mich zum Laden. »Ist das nicht komisch«, sagte sie. »Du bist größer als ich.«
    »Mindestens einen Kopf.«
    Sie hakte sich bei mir unter, ganz so, wie wir es früher manchmal getan hatten, ganz so, als wären inzwischen nicht vier oder fünf Jahre vergangen. Ganz so, als wäre nichts geschehen. Warum machte sie das? Bedeutete es etwas? Ich ging ziemlich schnell. Hin und wieder musste sie sogar ein paar Meter rennen, um mit mir Schritt zu halten, und der Anblick ihrer alten, abgewetzten Stiefel erfüllte mich mit solcher Zärtlichkeit, dass ich hätte weinen mögen.
    »Ist es noch weit?«, fragte sie. »Ich muss in zwanzig Minuten auf der Arbeit sein.«
    »Nein, gar nicht. Siehst du das gelbe Schild?«
    Jack wollte sofort auf meine Schulter, kaum dass ich die Tür

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