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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Elefanten im dichten Busch trompeteten. Hinter George klebten
     die Häuser der Reichen wie fette Zecken auf den Dünen, im schweigenden Wettbewerb um den besten Meerblick. Große Häuser, die
     das ganze Jahr über leerstanden, bis auf vielleicht einen Monat, Dezember. Er dachte an Mrs. Rampheles heruntergekommene |40| Wellblechhütte auf dem sonnenverbrannten Gelände außerhalb Umtatas, fünf Menschen in zwei Zimmern, und war sicher, daß die
     Unterschiede in diesem Land zu groß waren. Aber sie wären niemals groß genug, um den Tod eines Kindes zu rechtfertigen. Er
     fragte sich, ob Khoza oder Ramphele hier entlanggefahren waren, auf dieser Straße.
    Mossel Bay, vorbei an Swellendam und über den Breede River, dann Caledon, und am späten Nachmittag schließlich überquerte
     er den Sir Lowry’s Paß. Das Kap breitete sich vor ihm aus, die Sonne hing tief über dem Tafelberg und schien ihm in die Augen.
     Er verspürte keine Freude darüber, heimzukehren, denn die Erinnerungen, die dieser Ort barg, lasteten schwer auf ihm.
    Er fuhr bis Parow. Er erinnerte sich an ein kleines Hotel in der Voortrekker Road, das
New President
, in dem Menschen abstiegen, die anonym bleiben wollten, egal, welche Hautfarbe sie hatten.
    Dort würde er beginnen.
     
    Griessel stand vor dem Gebäude der Abteilung Gewaltverbrechen in Bishop Lavis und dachte über seine Alternativen nach.
    Er konnte die Koffer aus dem Kofferraum holen und an Mavis vorbei durch den Empfangsbereich schleppen, um die Ecke und den
     Flur entlang, bis in eine der großen Toiletten, die noch verblieben waren, nachdem die alte Polizeischule zur neuen SVC-Zentrale
     geworden war. Dort könnte er duschen und sich die Zähne putzen und sich vor dem verblaßten Spiegel die Stoppeln abkratzen
     und saubere Klamotten anziehen. Aber dann würde in einer halben Stunde jeder gottverfluchte Bulle auf der ganzen Halbinsel
     wissen, daß Benny Griessel von seiner Frau vor die Tür gesetzt worden war. So funktionierte es nun einmal bei der Polizei.
    Oder er konnte in sein Büro spazieren, so wie er war, stinkig und zerknittert, und behaupten, er hätte die Nacht durchgearbeitet,
     auch wenn diese Geschichte die Fassade nur kurz aufrechterhalten würde.
    |41| In seiner Schreibtischschublade stand eine Flasche Jack, daneben lagen drei Päckchen Clorets – zwei Schluck für die Nerven,
     zwei Clorets für den Atem, und er war so gut wie neu. Guter Gott, die warme braune Flüssigkeit durch seinen Hals rinnen zu
     fühlen, den ganzen Weg himmelwärts … Er knallte den Kofferraum zu. Scheiß auf die Dusche; er wußte, was er brauchte.
    Er ging schnell, plötzlich leichten Herzens. Scheiß drauf, Anna! Sie konnte ihm das nicht antun; er würde sich einen verfluchten
     Anwalt suchen, einen wie Kemp, der sich von niemandem etwas bieten ließ. Er verdiente das Geld, ob nun besoffen oder nicht,
     wie konnte sie ihn da rauswerfen – er bezahlte das Haus, mit Tisch und Stühlen! Er grüßte Mavis, bog um die Ecke, ging die
     Treppe hoch, tastete in seiner Tasche nach dem Schlüssel. Seine Hand zitterte. Er öffnete die Tür, schloß sie hinter sich,
     ging um den Schreibtisch herum, öffnete die unterste Schublade, nahm das Handbuch
Vorgehen bei kriminellen Vergehen
heraus und spürte das kalte Glas der Flasche darunter. Er nahm sie heraus und schraubte sie auf. Zeit zum Schmieren, seine
     Öllampe brannte bereits rot. Er grinste über seinen eigenen Witz, als die Tür aufging und Matt Joubert mit mißbilligendem
     Ausdruck dort stand.
    »Benny.«
    Er erstarrte, den Hals der Flasche nur fünfzehn Zentimeter vom Mund entfernt.
    »Scheiß drauf, Matt!«
    Matt schloß die Tür hinter sich. »Stell den Mist weg, Benny!«
    Er rührte sich nicht, konnte sein Pech nicht glauben. Er war so nah dran gewesen.
    »Benny!«
    Die Flasche zitterte wie sein ganzer Körper. »Ich kann nicht anders«, sagte er leise. Er konnte Joubert nicht in die Augen
     sehen. Der Senior Superintendent kam zu ihm herüber und stellte sich neben ihn, nahm ihm die Flasche aus der Hand. Er ließ
     es zögernd geschehen.
    |42| »Gib mir den Deckel!«
    Langsam reichte er ihn hinterher.
    »Setz dich, Benny.«
    Er setzte sich hin, Joubert knallte die Flasche auf den Schreibtisch, lehnte seinen massigen Körper an den Tisch, die Beine
     gerade, die Arme über Kreuz.
    »Was, zum Teufel, ist mit dir los?«
    Warum auch nur antworten?
    »Du schlägst Frauen und säufst zum Frühstück?«
    Sie hatte Joubert angerufen. Ihn

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