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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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rauszuwerfen reichte ihr nicht – Anna mußte ihn auch beruflich demütigen.
    »Großer Gott«, sagte er voll Zorn.
    »Großer Gott was, Benny?«
    »Ach, Scheiße, Matt, wozu darüber reden? Was soll das helfen? Ich bin am Arsch. Du weißt es und Anna weiß es und ich weiß
     es. Was ist da noch zu sagen? ›Es tut mir leid, daß ich am Leben bin?‹« Er wartete auf eine Reaktion, doch es kam keine. Die
     Stille hing im Raum, bis er wissen mußte, ob es überhaupt noch Mitleid für ihn gab. Er schaute vorsichtig auf, aber das Gesicht
     seines Vorgesetzten war ausdruckslos. Langsam verengten sich Jouberts Augen und ein roter Schimmer breitete sich auf seinem
     Gesicht aus. Griessel wußte, daß sein Boß sich richtig aufregte, und er wappnete sich. Joubert packte ihn ohne ein Wort, riß
     ihn hoch von seinem Stuhl und stieß ihn in Richtung der Tür.
    »Matt«, sagte er, »großer Gott, was ist denn jetzt?« Er spürte die Kraft des anderen Mannes.
    »Schnauze, Benny«, zischte Joubert und führte ihn die Treppe herunter, die Schritte laut auf dem nackten Stein. Vorbei an
     Mavis durch das Foyer, Jouberts Hand kraftvoll zwischen seinen Schultern. Dann standen sie draußen im hellen Sonnenlicht.
     Joubert war noch nie so mit ihm umgegangen. Ihre Schuhe knirschten über den Kies des Parkplatzes auf dem Weg zum Wagen des
     Senior Superintendent. Er sagte noch einmal »Matt«, weil er den Druck im Magen spürte. Diese Laune hatte er noch nie abbekommen.
     Joubert antwortete nicht. Er |43| riß die Wagentür auf, seine große Pranke drückte hinten auf Griessels Hals, er stieß ihn hinein und schlug die Tür zu.
    Joubert selbst nahm auf der Fahrerseite Platz und drehte den Zündschlüssel. Sie schossen mit quietschenden Reifen los, und
     dieses Geräusch schien die ganze Wut in Joubert freizusetzen. »Ein Märtyrer«, fluchte er voller Verachtung. »Ich erwische
     dich mit einer gottverfluchten Flasche in der Hand, und mehr bringst du nicht zustande? Du spielst dich auf als Märtyrer?
     Du trinkst und schlägst Frauen und bist bloß voller Selbstmitleid. Benny, um Gottes willen, das ist nicht gut genug. In vierzehn
     Jahren, in den vierzehn gottverfluchten Jahren, die ich mit dir zusammenarbeite, habe ich noch nie gesehen, daß jemand sein
     Leben ohne jede Hilfe von außen so absolut in die Scheiße reitet. Du hättest ein verdammter Abteilungsleiter sein können,
     mindestens, aber wo stehst du jetzt, Benny? Du bist dreiundvierzig und bloß Inspector, dein Durst ist so groß wie die Sahara,
     und du schlägst deine Frau und zuckst mit den Achseln und sagst: ›Ich kann nicht anders, Matt.‹ Du schlägst deine Frau? Was
     soll das denn jetzt? Seit wann?« Joubert gestikulierte wild, während der Motor laut jaulte. »Und: ›Es tut dir leid, daß du
     am Leben bist?‹«
    Sie fuhren Richtung Voortrekker Road. Griessel starrte geradeaus. Er meinte wieder den Jack in seinen Händen zu spüren, das
     Verlangen in seinem Inneren.
    Als es still wurde, sagte er: »Es war das erste Mal, letzte Nacht.«
    »Das erste Mal? Was ist das denn für eine beschissene Entschuldigung? Ist es deswegen in Ordnung? Du bist Polizist, Benny.
     Du weißt, mit so einem Spruch kann man sich noch nicht mal den Arsch abwischen. Und außerdem ist es gelogen. Sie sagt, daß
     du ihr schon seit Monaten drohst. Vor drei Wochen hast du sie herumgeschubst, aber du warst zu betrunken, um es zu Ende zu
     bringen. Und die Kinder, Benny? Was tust du ihnen an? Deine beiden Kinder müssen zusehen, wie ihr Säufervater nach Hause kommt
     und sich an ihrer Mutter vergeht? Ich sollte dich einsperren mit dem ganzen anderen |44| Gesocks, sie sollte Anklage gegen dich erheben, aber das würde nur noch mehr Schaden bei deinen Kindern anrichten. Und was
     tust du? Sie wirft dich raus, und du willst sofort weitersaufen. Bloß Alkohol, Benny, nur noch daran denkst du. Und an dich.
     Was, um Himmels willen, ist los in deinem Kopf? Was ist mit deinem Hirn passiert?«
    Einen Augenblick lang wollte er antworten, wollte schreien: »Ich weiß es nicht, ich will nicht so sein, ich weiß nicht, wie
     das passiert ist, laß mich in Ruhe!« Denn er kannte diese Fragen, und er kannte die Antworten – es war alles sinnlos, machte
     keinen Unterschied. Er sagte nichts.
    Auf der Voortrekker Road war viel Verkehr. Die Ampeln waren rot. Joubert schlug wütend auf das Steuerrad. Griessel fragte
     sich, wohin sie unterwegs waren. Ins Sanatorium? Es wäre nicht das erste Mal, daß

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