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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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schönste
Conchita
der Welt. ›Du bist Carlos’ blondes Wunder.‹ So sprach er über sich. Er sagte niemals ›Ich‹. ›Carlos will dich klonen und nach
     Kolumbien exportieren. Carlos findet dich sehr schön.‹
    Er hatte hübsche Hände, daran kann ich mich erinnern. Schlank wie Frauenhände. Er machte viel Lärm, wenn wir miteinander schliefen,
     stieß Geräusche aus und spanische Worte. Er rief so laut, daß einmal jemand an die Tür klopfte und fragte, ob alles in Ordnung
     sei.
    Beim ersten Mal gab er mir Extrageld, zweihundert Rand, ›denn du bist die Beste‹. Ein paar Tage später rief er wieder an.
     ›Erinnerst du dich an Carlos? Tja, der kann jetzt nicht mehr ohne dich leben.‹
    Zuerst brachte er mich zum Lachen. Wenn er in meine Wohnung im Gardens Centre kam. Bevor ich anfing, zu ihm zu kommen, bevor
     ich wußte, womit er sein Geld verdiente. Bevor er eifersüchtig wurde.«
     
    Vor Carlos schrieb sie den Brief.
    Du warst eine gute Mutter. Pa war derjenige, der alles kaputtgemacht hat. Und ich. Deswegen lasse ich Sonia bei dir.
Sie wollte noch etwas hinzufügen, wollte sagen, daß ihre Mutter |155| eine zweite Chance mit einer Tochter verdient hätte, aber jedes Mal strich sie die Worte aus, zerknüllte das Papier und fing
     von vorne an.
    Spätnachts saß sie auf dem Badewannenrand und strich sich mit dem Messer über die Handgelenke. Zwischen eins und drei, allein;
     Sonia schlief in ihrem fröhlichen Kinderzimmer mit den Möwen an der Decke und Mickey Mouse an den Wänden. Sie wußte, sie durfte
     das Messer nicht benutzen, sie konnte ihr Kind nicht so im Stich lassen. Sie mußte einen anderen Plan schmieden, bei dem der
     Schaden nicht so groß war.
    Sie fragte sich, wieviel Blut in die Wanne paßte.
    Wie erleichtert wäre sie, wenn all das Schlimme aus ihr herausgeflossen war?
     
    Carlos Sangrenegra, mit seinem spanischen Akzent und seinem eigenartigen Englisch, den engen Jeans und dem Schnauzbart, den
     er so liebevoll pflegte. Das kleine goldene Kreuz an der dünnen Kette um seinen Hals war das einzige, was er im Bett anbehielt,
     obwohl sie gar nicht so viel im Bett waren. »Doggie, Conchita, Carlos mag’s als Doggie.« Er stand mit weit gespreizten Beinen
     da, sie beugte sich vor ihm über das Bett. Vom ersten Moment an war er anders. Er war wie ein Kind. Alles erregte ihn. Ihre
     Brüste, ihre Haarfarbe, ihre Augen, ihr Körper, ihre rasierte Scham.
    Er kam zur Tür herein und zog sich aus. Er war sofort einsatzbereit, wollte nicht erst reden. Er fühlte sich nie unwohl.
    »Willst du nicht erst ein wenig reden?«
    »Carlos zahlt keine fünfhundert Rand fürs Reden. Reden kann er überall umsonst.«
    Sie mochte ihn, die ersten paar Male, vielleicht, weil er so große Freude an ihr hatte und es so deutlich sagte. Außerdem
     brachte er ihr Blumen mit, manchmal ein kleines Geschenk, und ließ ein bißchen Extrageld da, wenn er ging. Sie vermutete,
     das wäre die südamerikanische Art, diese Großzügigkeit, denn sie hatte noch nie zuvor einen lateinamerikanischen Kunden gehabt.
     Deutsche und Engländer, Iren (normalerweise |156| betrunken), Amerikaner, Holländer (die immer irgend etwas fanden, worüber sie sich beschweren konnten) und Skandinavier (wahrscheinlich
     die besten aller Liebhaber). Aber Carlos war ein erstes Mal für sie. Ein Kolumbianer.
    Seine Herkunft sagte ihr nichts. Sie erinnerte sich bloß unscharf an ein orangefarbenes Fleckchen im Schulatlas.
    »Was machst du?« Nach seinem theatralischen Orgasmus ruhte sein Kopf zwischen ihren Brüsten.
    »Was Carlos macht? Du weißt es nicht?«
    »Nein.«
    »Jeder weiß, was Carlos macht.«
    »Oh.«
    »Carlos ist ein professioneller Liebhaber. Schwergewichtsweltmeister im Lieben. Jeder Fick ein Volltreffer. Das solltest du
     doch wissen, Conchita.«
    Sie mußte lachen.
    Er duschte, zog sich an, nahm ein paar Extrascheine aus seiner Geldbörse und legte sie auf ihren Nachttisch und sagte: »Carlos
     gibt dir ein bißchen Extra.« Sein Tonfall wurde höher, als wäre es eine Frage, aber daran war sie gewöhnt. Dann steckte er
     seine Hand zurück in seine Jeanstasche und fragte: »Du weißt nicht, was Carlos tut?«
    »Nein.«
    »Du weißt nicht, was die Kolumbianer vor allem exportieren?«
    »Nein.«
    »Ah, Conchita, du bist so unschuldig«, sagte er und zog ein kleines durchsichtiges Plastiktütchen heraus, voll mit feinem
     weißem Pulver. »Weißt du, was das ist?«
    Sie vollführte eine Geste, um zu zeigen, daß sie bloß

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