Der Atem des Jägers
riet. »Kokain?«
»Ja, das ist Kokain, natürlich ist es Kokain. Kolumbien ist der größte Kokainproduzent der Welt, Conchita.«
»Oh!«
»Willst du?« Er hielt ihr das Päckchen hin.
»Nein, danke.«
|157| Er lachte laut. »Du willst keinen erstklassigen super besonderen kolumbianischen Schnee?«
»Ich nehme keine Drogen«, sagte sie, aber es war ihr ein bißchen peinlich, als würde sie seinen Nationalstolz verletzen.
Plötzlich wurde er ernst. »Ja, Carlos’ Conchita ist clean.«
Sie schrieb die ersten Anzeichen seinem Latinoblut zu, bloß eine weitere Eigenschaft, die erfrischend anders war.
Er rief an und sagte: »Carlos kommt vorbei.«
»Jetzt?«
»Natürlich
jetzt
. Carlos vermißt seine Conchita.«
»Ich vermisse dich auch, aber wir können uns erst um drei treffen.«
»
Drei
Uhr?«
»Ich habe auch noch andere Klienten.«
Er sagte ein Wort auf spanisch, zwei barsche Silben.
»Carlo-o-o-s«, sagte sie und streckte seinen Namen verführerisch.
»Wie viel zahlen sie dir?«
»Dasselbe.«
»Bringen sie dir Blumen?«
»Nein, Carlos …«
»Geben sie dir Extrageld?«
»Nein.«
»Warum also die treffen?«
»Ich muß von etwas leben.«
Er schwieg, bis sie seinen Namen sagte.
»Carlos kommt morgen. Carlos will der erste sein, hast du verstanden? Der erste Liebhaber des Tages.«
»Eines Tages rief er an und sagte, er würde jemand schicken, der mich abholte. Dann kamen zwei Typen, die ich nicht kannte,
in einem großen BMW, einer von denen mit einer Straßenkarte auf einem Fernsehbildschirm vorne, und sie fuhren mich nach Camps
Bay. Wir stiegen aus, aber man konnte das Haus nicht sehen, es lag den Hügel hinauf. Man fuhr mit |158| einem Fahrstuhl. Alles war aus Glas, und die Aussicht war überirdisch, aber es gab keine Möbel. Carlos sagte, er hätte das
Haus gerade erst gekauft, und ich müßte ihm helfen, er könnte nicht gut einrichten und dekorieren.
Vielleicht war es diese Nacht, in der ich es zum ersten Mal begriff. Ich war eine halbe Stunde da, als ich auf meine Uhr schaute,
aber Carlos wurde wütend und sagte: ›Sieh nicht auf deine Uhr.‹
Als ich protestieren wollte, sagte er: ›Carlos kümmert sich um dich,
hokay
?‹
Wir aßen auf dem Balkon, auf einer Decke, und Carlos plauderte mit mir, als wären wir Freund und Freundin. Die anderen beiden,
die mich geholt hatten, waren auch irgendwo, aber er sagte mir, sie seien seine Bodyguards, ich müsse mich nicht vor ihnen
fürchten.
Dann fragte er mich: ›Wieviel verdienst du in einem Monat, Conchita?‹ Ich wollte das nicht sagen. Viele fragen mich das, aber
ich sage es nie – es geht sie nichts an. Also sagte ich: ›Das ist meine Sache.‹
Und dann machte er seinen Vorschlag. ›Carlos will nicht, daß seine Freundin andere Männer trifft. Aber er sieht ein, daß du
von etwas leben mußt. Also zahlt er dir, was du verdienst. Mehr. Das Doppelte.‹
Und ich sagte: ›Nein, Carlos, das geht nicht‹, und das machte ihn wütend, zum ersten Mal. Er fegte das ganze Essen von der
Decke und brüllte mich auf spanisch an, und ich dachte, er würde mich schlagen. Also nahm ich meine Handtasche und sagte,
ich sollte wohl besser gehen. Ich hatte Angst, er war ein anderer Mensch, sein Gesicht … Die Bodyguards kamen heraus und redeten
mit ihm, und plötzlich beruhigte er sich und sagte bloß: ›Tut mir leid, Conchita, es tut Carlos so leid.‹ Aber ich bat ihn,
bitte, könnten sie mich einfach heimfahren, und er sagte, er würde das selber machen, und den ganzen Weg über tat es ihm leid,
und er machte Witze, und als ich ausstieg, gab er mir zweitausend. Ich nahm sie, denn ich dachte, wenn ich versuche, sie ihm
zurückzugeben, wird er nur wieder wütend.
|159| Am nächsten Morgen rief ich Vanessa an und fragte sie, was ich tun sollte, dieser Kerl glaubt, ich wäre seine Freundin, und
er will mich dafür bezahlen, daß ich mit ihm zusammen bin. Sie sagte, das sei ganz schlecht, ich müsse ihn unbedingt loswerden,
so etwas könnte mein ganzes Geschäft ruinieren. Ich bedankte mich und legte auf, denn ich wollte ihr nicht sagen, daß der
Kerl mit Drogen handelte und jähzornig war und ich keine Ahnung hatte, wie ich ihn loswerden sollte.
Also rief ich Carlos an, und er sagte, es tue ihm schrecklich leid, sein Job habe ihn so werden lassen, und er schickte mir
Blumen, und ich glaubte, es würde alles wieder in Ordnung kommen. Aber dann griffen sie sich einen meiner Klienten, direkt
vor der
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