Der Atem des Rippers (German Edition)
der Basilika untersucht hatte, nicht wirklich die Leber des Heiligen Antonius gewesen war.
Auch nachdem ich das Zuschlagen der Tür und seine sich entfernenden Schritte vernommen hatte, brabbelte ich noch weiter, rechtfertigte mich und bat ihn darum, bei Gott für mich um Gnade zu bitten.
Erst Stunden später erhob ich mich und sah, dass die Reliquien verschwunden waren.
Zwei Uteri, eine Niere.
Er hatte sie mitgenommen und zweifellos vernichtet.
Alles war umsonst. Nicht zwei, sondern vier Frauen starben umsonst.
Die Zeitungen haben recht. Die ungebildeten Bauern in den Straßen, die nicht einmal ihren Namen buchstabieren können, haben recht. Ich bin kein Metzger. Ich bin ein Mörder.
Wer ist der Schutzheilige der Mörder, und wann ist sein Namenstag?
5. Oktober 1888
Ich habe mit dem Pater gesprochen. Er weigert sich, mir zu sagen, warum er mich nicht der Polizei übergibt. Vielleicht weiß er es selbst nicht.
Ich habe ihm angeboten, mich selbst zu stellen. Ich bin bereit dazu, glaube ich. Ich habe die Scherben der Gläser gesehen, in denen ich die Reliquien aufbewahrte.
Burma oder der Galgen. Zwei Möglichkeiten.
Und ich stehe ohne einen Talisman da.
Sie werden mir nicht erlauben, das Rippenstück des Lazarus mit zu meiner Hinrichtung zu nehmen.
Sie werden es nicht erlauben.
Das einzig Tröstliche wird sein, dass ich die Zeitungen nicht mehr lesen kann, die nach meiner Hinrichtung mehr Wahres über mich berichten werden als ich selbst jemals über mich schreiben könnte. Falls ich einen Grabstein haben werde, wird Jack the Ripper darauf stehen.
Jack the Ripper R.I.P. – Jack the Ripper, Ruhe in Frieden. Doch je nach Lesart wird es klingen wie „Jack the Ripper, Rip!“ – „Reiße, Jack der Reißer!“ Und sie werden es alle mögen. Es wird ihrer aller Geschmack treffen, den der Reporter und den der Masse.
Reiß noch mal für uns, Jack.
Hier war ein Zeitungsartikel eingeheftet. Die Wochenzeitung berichtete erst jetzt über den Doppelmord, der bereits eine Woche zurücklag. Sickert nahm sich vor, das Zeitdokument lediglich zu überfliegen, nahm es sich dann jedoch wieder Wort für Wort vor – er konnte nicht anders.
East London Observer
Samstag, 6. Oktober 1888
DIE SCHRECKEN VON WHITECHAPEL.
Beschreibung der Opfer.
Der Londoner Osten in Panik.
Außerordentliche Enthüllungen bei den Gerichtsuntersuchungen.
Ein neues Verbrechen in Berner Street.
Während die Namen von Martha Tabram, die in George Yard durch 39 Messerstiche getötet wurde: von Mary Ann Nicholls, die in Buck’s Row grausam dahingemetzelt wurde: und von Annie Chapman, die in der Hanbury Street furchtbar zugerichtet wurde, noch in allen Haushalten der Hauptstadt als die Opfer eines geheimnisvollen Mörders bekannt sind, der seit Anfang August Whitechapel heimzusuchen scheint, fanden am letzten Sonntag in der Frühe zwei weitere unglückliche Frauen den Tod durch dieselbe Hand und in nahezu derselben Weise. Das erste Opfer, das als Elizabeth Watts oder „Lange Liz“ identifiziert wurde, eine Schwedin, die in einer einfachen Pension in der Flower and Dean Street 32 wohnte, fand man hinter einem Torbogen in der Berner Street, eine Abzweigung von der Commercial Road, die hauptsächlich von polnischen Juden und Arbeitern aus den niederen Klassen bewohnt wird, und unweit der Batty Street, wo Israel Lipski letztes Jahr seine Opfer fand. Die Tore liegen auf der rechten Seite, nach der Hälfte des Weges. Es sind einfache Holztore, auf denen die weiße Aufschrift „W. Hindley, Sackmanufakteur, und A. Dutfiled, Wagen- und Karrenbauer“ zu lesen ist (Mr. A. Dutfield allerdings hat verlauten lassen, dass er sein Geschäft verlegen ließ). Unmittelbar rechts davon findet sich der Internationale Club für Arbeiterbildung – ein gewöhnliches Haus, das in einen Club umgewandelt und mit Anschlägen in Englisch und Hebräisch beklebt ist. Ein Eingang zum Club liegt zur Straße hin, es führt jedoch auch ein Nebeneingang von dem erwähnten Hof aus hinein. Passiert man das Tor, verläuft zur Rechten eine Ziegelwand, und auf diesem Fußweg, an dieser Ziegelwand, wurde das erste Opfer gefunden. Lewis Diemschutz, der Leiter des Clubs, entdeckte die Leiche, und hier ist seine Version des Fundes: „Am Samstag“, sagte er, „ging ich vormittags um halb zwölf aus dem Haus und kehrte genau um ein Uhr nachts zurück. Ich sah die Uhrzeit in einem Tabakladen in der Commercial Road. Ich führte ein Pony mit einem Verkaufskarren. Das Pony halte
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