Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt
an ihm vorbei zum Eingang blickte.
Mit raschen Schritten kam das Mädchen herein, das Bündel in der gerafften Schürze im Arm und Bruder Cadfael an der Seite.
»Verzeiht, daß ich so lange ausgeblieben bin«, bat Emma, »aber es gab einen Grund. Etwas Widriges ist geschehen - o nein, es ist nicht so ernst, kein großer Schaden, aber Bruder Cadfael sagt, wir müßten es Euch melden.«
Cadfael enthielt sich der Einmischung, blieb schweigend hinter ihr stehen und ließ sie den Vorfall in ihrer eigenen Art und Weise schildern. Und es war ein sehr nüchterner Bericht, als hätte sie kein großes Interesse daran, ihren Verlust anzuzeigen. Bei alledem beschrieb sie die gestohlenen Stücke in aller Ausführlichkeit bis hin zum Stil der Verzierungen. »Ich wünschte Euch nicht mit solchen unbedeutenden Diebereien zu behelligen. Wie kann ich um einen verschwundenen Gürtel und Handschuhe trauern, wenn ich so viel mehr verloren habe? Aber Bruder Cadfael bestand darauf, also habe ich es Euch gesagt.«
»Bruder Cadfael hatte recht«, erwiderte Hugh Beringar. »Würde es Euch überraschen, junges Fräulein, daß wir diesen ganzen Tag nicht eine Beschwerde über Diebstahl oder Raub hatten? Doch wo es um die Geschäfte Eures Onkels geht, folgt ein Unglück auf das andere.
Kann das wirklich Zufall sein? Gibt es hier jemanden, der nicht an allgemeinen Diebereien interessiert ist, sondern nur an Dingen aus dem Besitz Eures Onkels?«
Sie seufzte hilflos. »Ich wußte, daß Ihr so denken würdet. Aber es war rein zufällig, daß unsere Barke diesen Nachmittag unbewacht blieb, weil Roger Dod nämlich mit uns anderen in der Burg sein mußte. Ich glaube nicht, daß es dort ein anderes unbewachtes Boot gab. Und gerade gewöhnliche Diebe haben einen scharfen Blick für solche Kleinigkeiten. Sie nehmen, was sie bekommen können.«
Das war ein kluger Einwand, und offensichtlich würde sie kein Argument, das ihr dienlich sein konnte, aus den Augen verlieren.
Cadfael schwieg. Er würde eine Gelegenheit finden, die Sache mit Hugh Beringar zu besprechen, aber nicht jetzt. Die Fragen, die der Antwort bedurften, würden nicht Emma gestellt werden. Wo wäre der Nutzen? Sie war von Haus aus ein kluges Kind, und durch den Zwang der Umstände lernte sie mit jedem Augenblick dazu. Aber warum war sie so sehr bestrebt, diese Durchsuchung ihrer Habseligkeiten als belanglos hinzustellen, ohne einen Zusammenhang mit Meister Thomas' Ermordung? Und warum hatte sie, noch im ersten Schock der Entdeckung und ohne die Zeit, sich in allen Punkten zu vergewissern, kühn erklärt, nichts wäre genommen worden? Als ob sie - Diebstahl hin oder her - genau gewußt hätte, daß er wirkungslos gewesen war?
Und doch, dachte er bei der Betrachtung des runden, entschlossenen Gesichts und der klaren Augen, mit denen sie Hughs forschendem Blick begegnete, würde ich schwören, daß dies ein gutes, ehrliches Mädchen ist, unfähig zu lügen oder zu betrügen.
»Du wirst mich jetzt nicht brauchen«, sagte er zu Beringar. »Emma kann dir alles sagen. Es ist beinahe Zeit für die Vesper, und ich muß noch gehen und mit dem Abt sprechen. Wir können später reden, Hugh, nach dem Abendessen.«
Abt Radulfus war ein guter Zuhörer. Nicht ein einziges Mal unterbrach er Cadfael mit Bemerkungen oder Fragen, als dieser ihm alles vortrug, was während der Anhörung durch den ersten Grafschaftsbeamten geschehen war und wie er anschließend mit Emma die unerwartete Entdeckung an Bord der Barke gemacht hatte.
Am Ende des Berichts saß der Abt eine Weile schweigend da und bedachte, was er gehört hatte.
»Also haben wir nun einen Gesetzesverstoß, dessen der Beklagte nicht schuldig sein kann, was immer die Wahrheit im Hinblick auf die andere Tat sein mag. Was meinst du, Bruder, ist dies geeignet, den Verdacht gegen ihn zu schwächen, selbst im Falle der Mordanklage?«
»Es schwächt den Verdacht«, antwortete Cadfael, »aber es kann ihn nicht davon befreien. Es mag durchaus zutreffen, wie Fräulein Vernold glaubt, die zwei Fälle wären in keiner Weise miteinander verknüpft und ein Gelegenheitsdieb hätte die unbewachte Barke durchsucht. In meinen Augen aber nehmen sich zwei derartige Angriffe auf Leben und Güter desselben Mannes zielbewußt und methodisch aus und nicht wie bloßer Zufall.«
»Und seine Nichte ist gegenwärtig ein Gast innerhalb unserer Mauern«, sagte Radulfus. »Deshalb tragen wir die Verantwortung für ihre Sicherheit. Zwei Angriffe auf Leben und Güter
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