Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt
Männer, um in den Stunden der Dunkelheit Patrouillen auszusenden. Ich werde mit meinem Wachtmeister noch einen Rundgang bis zum Pferdemarkt machen, und dann gehe ich zu Bett. Letzte Nacht habe ich wenig genug davon zu sehen bekommen!«
Die Nacht des 1. August, nach der Eröffnung des St. Peters-Jahrmarkts, war warm, sternenklar und ruhig. Die Händler hielten ihre Marktstände bis in den späten Abend offen, denn das Wetter war so einladend, daß noch viele Kunden umherschlenderten, um zu plaudern, Waren zu vergleichen und zu feilschen. Die Wächter des Grafschaftsbeamten zogen sich in die Stadt zurück, und selbst die Diener der Abtei, noch länger auf den Beinen, um notfalls für Ruhe und Frieden zu sorgen, hatten wenig zu tun. Mitternacht war vorüber, als die letzten Öllampen und Fackeln erloschen und nächtliche Stille auf den Jahrmarktsplatz herabsank.
Meister Thomas' Barke bewegte sich leise in der Strömung des Flusses. Er selbst lag in einer Seitenkapelle der Abteikirche, eingehüllt in ein Leichentuch, und der Tischlermeister Martin Bellecote arbeitete noch spät in seiner Werkstatt an dem feinen, bleibeschlagenen Sarg, den Emma bei ihm bestellt hatte. Und in einem engen und staubigen Burgverlies wälzte sich Philip Corviser unruhig auf seinem Lager aus dünn aufgeschüttetem Stroh umher und konnte nicht schlafen, weil ihn die Erinnerung an Emmas zweifelndes, mitleidiges Gesicht plagte.
Der zweite Tag des Jahrmarkts
1. Kapitel
Der zweite Tag des Jahrmarkts brach leuchtend an. Eine goldene Sonne stieg am strahlenden Himmel empor, zarter Dunst hing wie ein schwebender Schleier über dem Fluß. Roger Dod stand auf, als es hell wurde, schüttelte Gregory wach, rollte seine schafwollene Decke zusammen, wusch sich im Fluß und nahm eine rasche Mahlzeit aus Brot und Dünnbier zu sich, bevor er zum Marktstand seines Meisters ging. Entlang der Landstraße sah man allenthalben Händler, die sich aus ihren Decken und Umhängen schälten, gähnten und sich streckten und ihre Waren für das Tagesgeschäft auslegten. Roger Dod begrüßte einige im Vorbeigehen. Wo so viele Menschen eng zusammengedrängt waren, konnte selbst ein wortkarger und eigenbrötlerischer Mann nicht umhin, ein paar Bekanntschaften zu machen.
Schon der erste Blick auf Meister Thomas' Marktstand, still inmitten der allgemeinen Geschäftigkeit, umwölkte Rogers Miene und veranlaßte ihn zu einer gemurmelten Verwünschung, denn die hölzernen Wände waren noch fest geschlossen und verrammelt. Und die Sonne stand bereits am Himmel! Offenbar schlief Warin noch.
Roger hämmerte gegen die Bretterverkleidung der Vorderseite, die zu dieser Zeit bereits herabgelassen und auf ihren Schrägen ruhen sollte, um als Warenauslage zu dienen. Drinnen rührte sich nichts.
»Warin!« brüllte er. »Daß dich der Teufel zerreiße! Steh auf und laß mich ein!«
Er bekam keine Antwort. Doch inzwischen waren mehrere Nachbarn aufmerksam geworden und verließen ihre eigenen Geschäfte, um sich diesem unerwarteten Lärm zuzuwenden.
»Warin!« schrie Roger und schlug abermals kräftig gegen die Bretter. »Du faules Schwein, was ist in dich gefahren?«
»Ich habe mich schon gewundert«, sagte der Stoffhändler vom benachbarten Stand, eine Rolle Wollstoff im Arm. »Hat sich die ganze Zeit nicht gerührt. Muß einen gesunden Schlaf haben, dein Nachtwächter!«
»Warte!« Der Waffenschmied von der anderen Seite beugte sich aufgeregt über Rogers Schulter und befingerte den Rand der hölzernen Tür. »Splitter, siehst du?« Neben der Klinke zeigten die Bretter ein paar blasse dünne Splitter, weich und kaum dick genug, um dem Auge aufzufallen. Und als er gegen die Tür drückte, gab sie nach.
»Brauchst nicht zu hämmern, die Tür ist offen. Da hat sich jemand mit einem Messer zu schaffen gemacht!« erklärte der Waffenschmied, und für die Dauer einiger Herzschläge sagte keiner etwas.
»Gebe Gott, daß es nur dafür benutzt wurde!« stieß Roger im Flüsterton hervor und drückte die Tür ganz auf. Inzwischen wartete ein Dutzend Leute hinter ihm. Selbst der Waliser Rhodri ap Huw war durch die Marktgasse herbeigeeilt, um die Ereignisse zu beobachten.
Scharfe schwarze Augen blinzelten aus dem Dickicht seines Haupt-und Barthaares, doch was er von der ganzen Angelegenheit verstand, da er kein Englisch sprach, blieb ungeklärt.
Aus der Dunkelheit des Inneren drang der warme Duft von Holz, Wein und Zuckerwerk, und ein leises, seltsames Geräusch, wie das heisere
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