Der Auftrag
Rastafan zu weit entfernt von ihm war. Hier auf dem Strohsack lagen zwei vom Liebesspiel erschöpfte Männer, nackt und verschwitzt, die sich so nah gewesen waren, wie man sich nur sein konnte. Aber schon bald würden sie in ihre alten Rollen zurückkehren, die sie in der Welt nun einmal spielten. Sie waren nur Puppen an den Fäden der Götter.
»Wenn das geschehen sollte, dann werden wir uns gegenseitig nichts vorwerfen. Wollen wir es so halten?«, fragte Jaryn.
Rastafan beugte sich über ihn und küsste ihn zart auf den Mund. »Ja, mein Unberührbarer. Doch nun muss ich gehen, sonst werde ich noch einmal unvernünftig.« Er erhob sich und begann, sich anzuziehen. Jaryn sah ihm zu. Stück für Stück verschwand sein starker Leib unter schwarzem Leder. Verlangende Blicke streichelten zum Abschied die vollendete Schönheit seines nackten Körpers. Jaryn lächelte. Er lächelte noch immer, als er Rastafans Schritte draußen auf der Stiege hörte.
So war er, ging, wann es ihm passte. Warum war er nicht noch etwas länger geblieben? Warum nicht die ganze Nacht? Was hatte ihn davon abgehalten? Erloschene Lust ganz bestimmt nicht. Aber Jaryn hatte weder fragen noch betteln wollen. Er hatte jede Sekunde dieser unverhofften Begegnung genossen, doch nun war es vorbei wie der flüchtige Duft einer Blume.
Er konnte nicht wissen, dass weder Rastafan noch Tasman jetzt an Schlaf dachten. In einem Wäldchen in der Nähe von Carneth wartete Lacunar mit einigen seiner Männer. Sie trafen sich von Zeit zu Zeit, um sich wegen des geplanten Überfalls auszutauschen. Lacunars Spione meldeten, in Tumkir würden die ersten Knaben angeworben. Die Sache war angelaufen, das Gold aus Khazrak schon so gut wie in ihren Taschen. Ein paar Wochen Geduld mussten sie schon noch aufbringen, aber davon besaßen Lacunars schwarze Reiter jede Menge.
14
Ohne etwas erreicht zu haben, trat Jaryn den Heimweg an. Aber mehr als der unbekannte Prinz beschäftigte Rastafan seine Gedanken. Er ging ihm nicht aus dem Kopf. So heftig sehnte er sich danach, ihn zu sehen, dass er am liebsten wieder umgekehrt wäre. Er wünschte, er wäre jetzt bei ihm, würde Schritt um Schritt an seiner Seite gehen, ihn mit seinem Lachen und seinen Scherzen unterhalten: ein starker Begleiter, ein glühender Liebhaber, ein guter Freund. Aber Jaryn wusste, dass er einem Traumbild nachhing. Das war der Rastafan, den er sich wünschte, nicht der wahre Rastafan aus dem Dunkel der Wälder, der von Raub und Mord lebte und ging, wann es ihm passte, weil er keine Gefühle kannte, die über die Reibung seines Schwanzes hinaus gingen. Von einem solchen Mann durfte er sich nicht abhängig machen. Er musste ihn vergessen. Das würde nicht leicht werden. Obwohl Tagesreisen sie trennten, trug er ihn doch immer mit sich. Er musste ihn sich aus dem Herzen reißen.
Auf einem Feldstein saß ein Mann. Jaryn grüßte ihn flüchtig, ohne ihn wahrzunehmen. Der Mann erhob sich. »Bist du Jaryn, der Achayane?«
Jaryn stutzte und blieb stehen. Wer erkannte ihn trotz Lederkappe und Bauernkittel? Der Mann, der ihn angesprochen hatte, hatte lange, rotbraune Locken und ein erfrischend offenes Gesicht. Zu seinen schönen, grünen Augen trug er farblich passend ein breites Stirnband. Sein Gewand war geschnitten wie ein Bauernkittel, aber es war aus feiner Wolle und ebenfalls von einem zarten Grün. Er trug sehr enge, dunkelblaue Beinkleider und halbhohe Stiefel aus blau gefärbtem Leder. Ein bunter, lustiger Vogel, wie es schien.
»Wer will das wissen?«
»Caelian, Mondpriester aus Margan.« Der Mann lächelte und griff nach der Tasche, die er neben dem Feldstein abgestellt hatte. »Gut, dass ich dich hier treffe, sonst hätte ich noch weiter marschieren müssen.«
Jaryn sah ihn finster an. Der lustige Vogel verwandelte sich in seinen Augen sofort in eine garstige Krähe. »Du bist ein Mondpriester? Ein Zaradule?«
»Ein Diener des Zarad, wohl wahr, aber nicht sein Sklave, Sonnenpriester! Wir nennen uns Zaradanen.«
»Zaradulen oder Zaradanen! Ihr betet die Finsternis an. Ihr verehrt Käfer und Frösche. Was willst du von mir?«
»Mich dir anschließen, Anbeter des Lichtes. Leider herrscht die Finsternis bei euch im Kopfe. Aber ich will gern helfen, sie zu erhellen.«
Jaryn hatte einen derben Fluch auf den Lippen, aber eine innere Stimme hielt ihn zurück. Dieser Mondpriester war nicht ohne Grund hier aufgetaucht. »Du willst dich mir anschließen? Das schlage dir nur aus dem Kopf, Zaradule. Ich gehe
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