Der Auftrag
dagegen vorbringen konnte. »Achay wählt unter den Menschen diejenigen aus, die ihm dienen sollen. Das tun sie mit Gesängen, Ritualen und Gebeten. Sie haben keine Zeit zum Kochen.«
»Ich glaube, du redest Unsinn, und du weißt es«, gab Caelian gelassen zurück. »Aber wir werden diese Fragen, die die Menschheit schon seit urewigen Zeiten beschäftigen, heute Abend nicht lösen. Vielleicht sollten wir uns lieber den traurigen Tatsachen widmen.«
»Welche meinst du?«, fragte Jaryn, erleichtert, dass Caelian das Thema wechselte.
»Beispielsweise, dass unser guter König Doron seine eigenen Landsleute als Sklaven nach Xaytan verkaufen will.« Er erläuterte Jaryn kurz den Sachverhalt.
Jaryn konnte darin nichts Arges erblicken. »Die Bauern schulden dem König Steuern, sie lassen ihm ein Teil ihrer Ernte und ihres Viehs, weshalb nicht auch ein Teil ihrer Kinder?«
Caelian seufzte tief. Mit einer ähnlichen Antwort hatte er gerechnet. »Du glaubst also wirklich, dass der König dazu berechtigt ist?«
Jaryn zuckte die Achseln. »Ich bin in der Rechtspflege nicht bewandert. Wenn er es anordnet, wird es wohl rechtens sein.«
»Oh du einfältiger Tropf! Du hirnloser Geselle! Du hohler Baum! Du inwendig leerer Gebetsknecht!« Caelians Stimme wurde hoch und drohte überzukippen. Es hielt ihn nicht mehr auf dem Boden. Er sprang auf und lief hin und her, dabei ließ er seine Arme wie Flügel auf und ab schwingen. Jaryn irritierte der jähe Gefühlsausbruch, aber er ahnte, dass er etwas furchtbar Falsches gesagt haben musste – natürlich nur in den Ohren dieses Mondpriesters. Es ist schon richtig , dachte er, wenn ich mich als Sonnenpriester überlegen fühle, denn wie könnte ich jemals so einen albernen Tanz aufführen und dabei quieken wie ein Hund, dem man auf den Schwanz getreten ist?
»Deine Beleidigungen habe ich überhört«, bemerkte er kühl, »und deine Tanzeinlage beeindruckt mich nicht. Sage mir lieber, weshalb du mir überhaupt von den Sklaven erzählt hast. Was habe ich mit denen zu schaffen? Wenn ihr die Sache für falsch haltet, weshalb macht dein Oberster, der edle Suthranna, dann nicht eine Eingabe beim König?«
Caelian rang noch nach Atem, vergaß aber nicht, seine Frisur zu ordnen, bevor er erwiderte: »Weil es nutzlos ist.«
»Dann ist es wohl auch nutzlos, bei mir davon anzufangen.«
»Nein. Die Sache, wie du sagst, ist eben nicht rechtens, und der König weiß es. Deshalb lässt er alles geheim ablaufen. Angeblich sollen die Knaben in Margan eine gute Bildung erhalten, um später ein Amt ausüben zu können, aber es ist alles gelogen. Warum glaubst du, lügt der König?«
Wie eine um den Hals gewundene Lederschlinge zogen sich die Argumente um Jaryn zusammen. Was sollte er dazu sagen? Selbst wenn der König ein Verbrechen plante, was konnte er dagegen tun? Hatte er nicht schon genug am Hals mit dem verschwundenen Prinzen? Nur, dass Caelian auf den überhaupt nicht zu sprechen kam. Er redete von irgendwelchen Bauernlümmeln, von denen die Welt voll war und die niemand vermissen würde, außer vielleicht die Bauern selbst, doch wer fragte nach denen?
»Ich weiß es nicht, Caelian. Sag mir nur, was du von mir willst? Soll ich zum König gehen und ihn bitten, von der Sache Abstand zu nehmen? Das wäre einfach lächerlich.«
Caelian hatte sich wieder beruhigt. Er strich sich mit dem Handrücken über die Stirn und ließ sich mit anmutigen Bewegungen wieder auf der Decke nieder. »Ja, das wäre lächerlich. Du musst – nein – wir beide müssen uns etwas einfallen lassen, wie wir diese Knaben retten können.«
Jaryn brach in spöttisches Gelächter aus. »Wir beide? Wir beide gegen den König? Wie stellst du dir das vor? Und vor allem, weshalb sollte ich das tun? Wer außer dir verlangt das von uns?«
»Ich verlange es nicht, Jaryn«, sagte Caelian ernst, »die Menschlichkeit verlangt es. Du fragst, weshalb gerade wir? Erinnere dich, dass Anamarna dich und keinen anderen geschickt hat, gegen das Böse anzutreten. Dieses Böse sollst du in Gestalt dieses Prinzen finden und unschädlich machen, und ich will dir dabei helfen. Aber was nützt es, diesen Mann zu finden, wenn das Böse mitten in deinem Herzen sitzt? Wenn dein Dünkel kein Mitgefühl zulässt? Wenn du das Böse im Land duldest oder gar rechtfertigst? Glaubst du, dass du diesen Prinzen jemals finden wirst, wenn du das Böse nicht einmal erkennst?«
Jaryns Herz klopfte heftig gegen seine Rippen. Seine Mission schien sich
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