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Der Auftrag

Der Auftrag

Titel: Der Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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schlief er überraschend gut und die Waldluft am Morgen machte ihn sofort wach. Wie ein Sonnenpriester sah er nicht mehr aus. Sein heiliger Zopf hatte sich vollends aufgelöst, und um das offene Haar hatte er ein Räubertuch gewunden. Ein außergewöhnlich schöner Mann war er immer noch. Die Männer im Lager, die hatten zurückbleiben müssen, sahen ihn scheu oder offen lüstern an. Wer unter ihnen sich mit Männern vergnügte, wusste Jaryn nicht, aber es hätte ohnehin niemand gewagt, ihn oder Caelian anzurühren. Man begegnete ihnen nicht freundlich, aber mit Respekt.
    Jaryn hatte überlegt, ob es sich lohnte zu fliehen, aber vor dem Weg durch die schreckliche Schlucht war er zurückgeschreckt. Caelian gefiel es ohnehin im Räuberlager, jedenfalls, solange sein Vater nicht hier war. Er war froh, den Pflichten des Mondtempels für eine Weile entronnen zu sein. Oft unternahm Jaryn gemeinsam mit ihm Streifzüge in die nähere Umgebung, und jeden Morgen nahmen sie im nahen Flüsschen ein Bad.
    Als Jaryn sich Caelians Zelt näherte, stand dieser bereits davor und winkte. Schon hatten sie den Wiesenpfad hinunter zum Bach eingeschlagen, als sie plötzlich ungewohnte Geräusche vernahmen wie ferne Stimmen, die nicht zu diesem Ort gehörten. Sie sahen sich um, aber wegen des dichten Waldbewuchses konnten sie niemanden sehen.
    »Hörst du das?«, fragte Jaryn.
    Caelian blieb stehen und lauschte. »Ja, hört sich an wie viele Menschen. Vielleicht sind die Männer zurück.«
    Sie zögerten. »Erst gehen wir schwimmen«, entschied Jaryn. »Das überhebliche Gesicht von Rastafan werde ich mir noch früh genug antun müssen.«
    »Du hast recht, ich bin auch nicht auf die grämliche Miene meines Vaters neugierig.«
    Die letzten Schritte zum kiesigen Ufer bewältigten sie mit übermütigen Sprüngen und kamen rutschend und stolpernd vor einem großen Stein zum Stehen, denn auf ihm saß mit verschränkten Armen Rastafan. »Was für eine stürmische Begrüßung«, lachte er und breitete die Arme aus.
    Jaryn traf der überraschende Anblick bis ins Mark. Jeden Tag hatte er Rastafan mehr gehasst, jeden Morgen hatte er sich vorgenommen, ihn noch stärker zu hassen, und nun saß er da, und er wünschte sich nur noch, ihm in diese ausgebreiteten Arme zu sinken. Aber nach außen war er kalt wie Marmor. »Komm«, forderte er Caelian auf, ohne Rastafan zu beachten, »wir wollen schwimmen gehen.«
    »Eine ausgezeichnete Idee«, grinste Rastafan und erhob sich. »Da bin ich dabei. Auf drei sind alle nackig.«
    »Jaryn und ich ziehen uns niemals beim Baden aus«, sagte Caelian und streifte graziös den Saum seines Kittels bis zu den Knien hoch. »Mehr bekommst du nicht zu sehen, du lüsternes Mannsbild.« Er watete ein Stück ins Wasser.
    Jaryn wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Natürlich badeten sie beide nackt, seit dem ersten Tag schon. Wer hätte auch Caelians unbekümmerter Schamlosigkeit widerstehen können? Aber vor Rastafan? Niemals! Er hätte bemerken können, was er nicht bemerken sollte.
    »Warst du erfolgreich?«, wandte er sich verächtlich an ihn und zeigte keinerlei Absicht, sich mit dem Baden zu befassen.
    Rastafan nickte und musterte Jaryn von oben bis unten. »Das war ich. Und du siehst inzwischen aus wie einer von uns, das gefällt mir.«
    Caelian stolzierte wieder aus dem Wasser heraus. »So, ich habe meine Füße benetzt, das genügt. Weiter sollte es ein keuscher Priester nicht treiben.« Er warf den beiden einen schalkhaften Blick zu. »Der Anstand gebietet es mir, mich jetzt zurückzuziehen. Euer intimes Geplauder ist nichts für fremde Ohren.«
    »Nein Caelian, warte!«, rief Jaryn, aber Rastafan packte ihn am Arm. »Tu nicht so, als würde ich dich fressen, Achayane!«
    »Lass mich los, du Ungeheuer!«
    »Ach, jetzt bin ich schon ein Ungeheuer?« Rastafan ließ ihn los und setzte sich wieder auf den Stein. »Komm! Erzähle mir, wie es dir ergangen ist.«
    Caelian winkte und entfernte sich. »Schuft«, murmelte Jaryn, aber er blieb. Mit finsterer Miene blieb er vor Rastafan stehen. »Wir haben überlebt, aber nun hoffe ich, dass du uns so schnell wie möglich nach Margan zurückkehren lässt.«
    »Es zieht dich nach Margan? So arg kann es hier doch nicht gewesen sein mit dem hübschen Mondpriester an deiner Seite. Ihr habt niemals die Nächte in einem gemeinsamen Zelt verbracht, nicht wahr? Genauso wie ihr niemals nackt gebadet habt?«
    »Du musst nicht von dir auf andere schließen, Rastafan.«
    »Tue ich

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