Der Auftrag des Aeltesten
Schutzwälle... Zehren sie nur dann an der Lebenskraft, wenn sie aktiviert sind?«
»Ja.«
»Wenn man genug Zeit hätte, könnte man dann mehrere Schutzwälle aufeinander schichten? Könnte man sich...« Er rang mit der alten Sprache, während er sich richtig auszudrücken versuchte. »Könnte man sich unantastbar machen? Unüberwindbar? Ich meine, unüberwindbar für jeden Angriff, sei er nun magisch oder körperlich?«
»Die Macht der Schutzwälle hängt von der Kraft deines Körpers ab. Ist diese Kraft erschöpft, stirbst du. Egal wie viele Schutzwälle du errichtest, du kannst die Angriffe nur so lange abblocken, wie dein Körper genügend Energie spendet.«
»Galbatorix’ Kraft ist mit jedem Jahr gewachsen... Wie ist das möglich?«
Es war eine rhetorische Frage, doch als Oromis schwieg und mit seinen mandelförmigen Augen zu drei Schwalben aufschaute, die über ihnen Pirouetten drehten, begriff Eragon, dass der Elf ernsthaft überlegte, wie er ihm antworten sollte. Die Vögel jagten einander einige Minuten lang hinterher. Als sie schließlich davonflatterten, sagte Oromis: »Dieses Thema ist im Augenblick nicht von Bedeutung.«
»Dann wisst Ihr es also?«, rief Eragon erstaunt.
»Ja. Aber diese Information kann ich dir erst zu einem späteren Zeitpunkt deiner Ausbildung geben. Noch bist du nicht bereit dafür.« Oromis sah Eragon an, als erwartete er dessen Widerrede.
Eragon verbeugte sich. »Wie Ihr wünscht, Meister.« Er würde Oromis diese Information niemals entlocken können, solange der Elf nicht gewillt war, sie preiszugeben. Warum es also versuchen? Trotzdem fragte er sich, was daran so gefährlich sein mochte, dass Oromis es ihm nicht zu sagen wagte, und warum die Elfen dieses Wissen vor den Varden geheim hielten. Dann kam ihm ein anderer Gedanke. »Wenn Schlachten mit Zauberkundigen so durchgeführt werden, wie Ihr gesagt habt, warum hat mich Ajihad dann in Farthen Dûr ohne Schutzwall kämpfen lassen? Und warum hat Arya die Urgals nicht getötet? Es waren keine feindlichen Magier da außer Durza, und der hätte die Urgals nicht schützen können, solange er sich unter der Erde aufhielt.«
»Ajihad hat Arya und die Du Vrangr Gata nicht aufgefordert, einen Schutzwall um dich zu legen?«, wollte Oromis wissen.
»Nein, Meister.«
»Und du hast trotzdem gekämpft?«
»Ja, Meister.«
Oromis’ Blick wurde leer, als er sich in sein Inneres versenkte und regungslos auf der Wiese stand. Unvermittelt sagte er: »Ich habe mit Arya gesprochen. Sie meinte, den Zwillingen sei befohlen worden, deine Fähigkeiten zu testen. Sie haben Ajihad gesagt, du würdest die Magie zur Genüge beherrschen, einschließlich der Errichtung von Schutzwällen. Weder Ajihad noch Arya haben diese Einschätzung angezweifelt.«
»Diese verlogenen, hinterhältigen Mistkerle!«, fluchte Eragon. »Sie haben mich ins offene Messer rennen lassen!« Er bediente sich seiner eigenen Sprache und legte noch einige derbe Schimpfworte nach.
»Verpeste die Luft nicht«, rief Oromis ihn sanft zur Ordnung. »Das bekommt dir nicht... Außerdem vermute ich, dass die Zwillinge dich nicht ungeschützt in den Kampf ziehen ließen, damit du
stirbst
, sondern weil Durza dich gefangen nehmen sollte.«
»Was?«
»Deinen eigenen Aussagen zufolge hat Ajihad vermutet, dass jemand die Varden verraten habe, weil Galbatorix plötzlich anfing, ganz zielgerichtet ihre Verbündeten im Imperium dingfest zu machen. Die Zwillinge haben gewusst, wer diese Verbündeten waren. Außerdem haben sie dich ins Herz von Tronjheim hineingelotst und dich dadurch von Saphira getrennt und in Durzas Reichweite gelockt. Es ist nur logisch, dass sie die Verräter waren.«
»Falls das wirklich stimmt«, sagte Eragon, »spielt es keine Rolle mehr. Denn sie sind tot.«
Oromis legte den Kopf schräg. »Trotzdem, Arya sagte, die Urgals hätten in Farthen Dûr Magier dabeigehabt und sie selbst habe gegen viele gekämpft. Und dich hat keiner von ihnen angegriffen?«
»Nein, Meister.«
»Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass Durza dich und Saphira fangen und zu Galbatorix bringen sollte. Der Hinterhalt war sehr gut geplant.«
Im Laufe der nächsten Stunde lehrte Oromis Eragon zwölf verschiedene Arten zu töten, von der keine mehr Kraft kostete, als einen in Tinte getauchten Federkiel zu heben. Nachdem Eragon sich den letzten Zauberspruch eingeprägt hatte, kam ihm ein Gedanke, bei dem er grinsen musste. »Die Ra’zac haben keine Chance, wenn sie mir das nächste Mal
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