Der Auftrag des Aeltesten
verlegenen Pause überreichte Eragon Oromis die Tafel.
Die Miene des Elfen wurde streng, als er das Wunschbild betrachtete, dann sah er Eragon an, der unter dem Gewicht des Blickes erbebte. Wortlos reichte Oromis die Tafel an Arya weiter.
Ihr Haar verbarg ihr Gesicht, als sie sich über die Tafel beugte, aber Eragon sah, wie die Muskeln und Adern an ihren Händen hervortraten, während sie das Wunschbild hielt. Es zitterte in ihrem Griff.
»Und? Was ist es?«, erkundigte Orik sich neugierig.
Arya hob die Tafel über den Kopf und schmetterte sie mit voller Wucht zu Boden, wo das Wunschbild in tausend Stücke zerbarst. Dann richtete sie sich auf, schritt würdevoll an Eragon vorbei über die Lichtung und verschwand zwischen den Bäumen.
Orik hob eine Scherbe auf. Sie war leer. Das Bild hatte sich aufgelöst, als die Tafel zerbrochen war. Der Zwerg zupfte sich am Bart. »In all den Jahrzehnten, die ich sie jetzt schon kenne, hat Arya niemals die Beherrschung verloren. Was hast du getan, Eragon?«
»Ich habe ein Porträt von ihr erschaffen«, sagte Eragon benommen.
Orik runzelte verwirrt die Stirn. »Ein Porträt? Warum sollte das -«
»Ich glaube, es wäre besser, wenn du jetzt gehst«, unterbrach ihn Oromis. »Die Lektion ist ohnehin zu Ende. Komme morgen oder übermorgen wieder, wenn du einen umfassenderen Eindruck von Eragons Fortschritten gewinnen möchtest.«
Der Zwerg musterte Eragon skeptisch, nickte und klopfte sich den Staub von den Händen. »Ja, das mache ich wohl. Danke, dass Ihr mir Eure Zeit gewährt habt, Oromis-Elda. Ich weiß es zu schätzen.« Er stiefelte in Richtung Ellesméra davon. »Ich bin in der Tialdarí-Halle«, rief er Eragon im Gehen zu. »Falls du reden willst.«
Nachdem Orik verschwunden war, raffte Oromis den Saum seines Gewands, kniete sich hin und sammelte die Scherben auf. Eragon schaute nur benommen zu, unfähig, sich zu rühren.
»Warum hat sie so reagiert?«, fragte er in der alten Sprache.
»Vielleicht hast du ihr Angst gemacht«, antwortete Oromis.
»Angst? Arya hat nie Angst!« Noch während Eragon sprach, wurde ihm klar, dass es nicht stimmte. Sie konnte ihre Furcht nur besser verbergen als die meisten anderen. Er kniete sich hin, hob ein Stück von dem Fairith auf und drückte es Oromis in die Hand. »Warum sollte ich ihr Angst machen?«, fragte er. »Bitte, sagt es mir!«
Oromis erhob sich und ging zum Bach, wo er die Schieferstücke am Ufer verstreute. »Wunschbilder zeigen nur das, was du wirklich denkst. Es ist zwar möglich, in ihnen zu lügen und falsche Bildnisse zu erschaffen, doch das erfordert weit mehr Geschick, als du derzeit besitzt. Das weiß Arya. Und deshalb weiß sie auch, dass dein Fairith ein exaktes Abbild deiner Gefühle für sie war.«
»Aber warum sollte ihr das Angst machen?«
Oromis lächelte traurig. »Weil es verriet, wie verliebt du in sie bist.« Er legte die Fingerspitzen aneinander. »Analysieren wir die Situation, Eragon. Du bist zwar alt genug, um in deinem Volk als Mann zu gelten, aber für uns bist du noch ein Kind.« Eragon runzelte die Stirn. Er meinte, ein Echo von Saphiras Worten zu hören. »Normalerweise würde ich das Alter eines Menschen nicht mit dem eines Elfen vergleichen, aber da du unsere Langlebigkeit teilst, muss man dich auch nach unseren Maßstäben beurteilen.
Zudem bist du ein Drachenreiter. Wir benötigen deine Hilfe, um Galbatorix zu besiegen. Es könnte in Alagaësia zu einer Katastrophe kommen, wenn du deine Studien vernachlässigen würdest.
Außerdem«, fragte Oromis, »wie hätte Arya denn auf dein Wunschbild reagieren sollen? Es war nicht zu übersehen, dass du sie in einem romantischen Licht siehst, und obwohl ich durchaus glaube, dass Arya dich mag, steht eine Vereinigung von euch beiden außer Frage - aufgrund eures Altersunterschieds, eurer Kultur, eurer Herkunft und eurer Pflichten. Dein Interesse an ihr hat Arya in eine sehr unangenehme Lage gebracht. Sie wagt es nicht, dich zur Rede zu stellen, weil sie davor zurückschreckt, deine Ausbildung zu stören. Aber als Tochter der Königin darf sie dich auch nicht ignorieren und das Risiko eingehen, einen Drachenreiter zu beleidigen. Erst recht keinen, von dem so vieles abhängt. Selbst wenn du eine passende Partie für sie wärst, dürfte Arya dich nicht ermutigen, damit du deine ganze Kraft auf deine Aufgabe verwendest. Sie würde ihr persönliches Glück stets für das größere Ziel opfern.« Oromis’ Stimme wurde rau. »Du musst begreifen,
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