Der Auftrag des Aeltesten
Eragon, dass kein einzelner Mensch und kein einzelnes Schicksal wichtiger ist als der Tod von Galbatorix. Nichts anderes zählt.« Er hielt inne und sein Blick wurde sanfter. »Ist es unter den gegebenen Umständen so erstaunlich, dass Arya fürchtet, deine Gefühle für sie könnten alles gefährden, wofür wir arbeiten?«
Eragon schüttelte den Kopf. Er schämte sich, Arya mit seinem Verhalten Kummer bereitet zu haben, und war entsetzt darüber, wie leichtsinnig und unreif er sich aufgeführt hatte.
Ich hätte dieses ganze Drama vermeiden können, wenn ich mich beherrscht hätte.
Oromis legte ihm die Hand auf die Schulter und führte ihn in die Hütte zurück. »Glaube nicht, dass ich nicht mit dir fühle, Eragon. Jeden packt irgendwann im Leben eine solche Leidenschaft wie dich jetzt. Das gehört zum Erwachsenwerden. Ich weiß auch, wie schwer es dir fällt, dir die gewohnten Annehmlichkeiten des Lebens zu versagen, aber es ist nötig, wenn wir siegen wollen.«
»Ja, Meister.«
Sie setzten sich an den Küchentisch und Oromis holte Schreibmaterial heraus, damit Eragon die
Liduen Kvaedhí
üben konnte. »Es wäre unvernünftig, von dir zu verlangen, deine Faszination für Arya zu vergessen. Aber ich erwarte, dass das alles in Zukunft nicht mehr unseren Unterricht stört. Kannst du mir das versprechen?«
»Ja, Meister, ich verspreche es.«
»Und Arya? Wie können wir sie so ehrenhaft wie möglich aus ihrer Verlegenheit befreien?«
Eragon zögerte. »Ich möchte nicht ihre Freundschaft verlieren.«
»Ich weiß.«
»Also... ich werde zu ihr gehen, mich entschuldigen und ihr versichern, sie nie wieder in Verlegenheit zu bringen.« Es fiel ihm schwer, dies zu sagen, aber nachdem die Worte heraus waren, fühlte er sich erleichtert, als hätte es ihn befreit, seinen Fehler zuzugeben.
Oromis schien erfreut. »Schon dadurch zeigst du, dass du gereift bist.«
Der Papierbogen fühlte sich glatt unter seinen Händen an, als Eragon ihn auf der Tischplatte ausbreitete. Er starrte einen Moment lang auf die leere weiße Fläche, dann tauchte er den Federkiel in die Tinte und begann, eine Reihe von Glyphen abzuschreiben. Jedes der verschlungenen Schriftzeichen sah aus wie ein Stück aufgemalte Nacht, wie ein Abgrund, in den man sich stürzen und alles vergessen konnte.
MARTYRIUM
A m nächsten Morgen begab sich Eragon auf die Suche nach Arya, um sich bei ihr zu entschuldigen. Über eine Stunde forschte er vergeblich nach ihr. Es schien, als wäre sie in einer der vielen verborgenen Ecken von Ellesméra verschwunden. Vor der Tialdarí-Halle erhaschte er einen flüchtigen Blick auf sie. Er blieb stehen und rief zu ihr hinüber, doch sie entwischte ihm, bevor er sie erreichte.
Sie weicht mir aus
, wurde ihm bewusst.
In den folgenden Tagen legte Eragon im Unterricht einen solchen Eifer an den Tag, dass Oromis ihn mehrfach lobte. Er tauchte vollkommen in seine Studien ein, um sich von Arya abzulenken.
Eragon büffelte Tag und Nacht, um den ganzen Unterrichtsstoff zu verarbeiten. Er lernte die Worte des Erzeugens, Bindens und Heraufbeschwörens und die wahren Namen der Pflanzen und Tiere, studierte die Gefahren der Verwandlung und wie man Wind und Wellen in Wallung brachte und paukte sich dazu Myriaden anderer Fähigkeiten ein, die man beherrschen musste, um die Kräfte der Welt zu begreifen. Bei Zaubern, die mit großen Energien - zum Beispiel Licht, Wärme und Magnetismus - verknüpft waren, glänzte er. Er besaß das Talent, genau abschätzen zu können, wie viel Kraft eine Aufgabe erforderte und wie sehr sie ihn schwächen würde.
Ab und zu kam Orik vorbei und schaute ihnen zu. Er blieb wortlos am Rande der Lichtung stehen, während Oromis Eragon unterrichtete, oder er beobachtete aus der Ferne, wie Eragon sich allein mit einem besonders schwierigen Zauber abmühte.
Oromis hielt manche Herausforderung für Eragon bereit. Er ließ ihn Mahlzeiten zaubern, um ihn die feinere Kontrolle der
Gramarye
zu lehren; Eragons erstes »Gericht« war eine ungenießbare schwarze Pampe. Der Elf zeigte ihm, wie man Vergiftungen aller Art aufspürte und neutralisierte, und von da an musste Eragon seine Speisen auf die verschiedenen Gifte prüfen, die Oromis hineinschmuggelte. Mehr als einmal musste Eragon hungern, weil er das Gift nicht fand oder kein Gegenmittel wirken konnte, und zweimal bekam er so heftige Bauchschmerzen, dass Oromis ihn heilen musste. Dann befahl er Eragon, mehrere Zauber gleichzeitig zu wirken,
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