Der Auftrag des Aeltesten
dicken, gewundenen Hörnern und solchen Muskelbergen, dass er vermutlich mit einem einzigen Hieb einen Bären niederstrecken konnte. Seine Kleidung bestand lediglich aus einem Lendenschurz, einigen kruden Panzerplatten, die von rostigen Eisenketten zusammengehalten wurden, und einer runden Metallscheibe, die zwischen den Hörnern saß und seine Schädeldecke schützen sollte. Das lange schwarze Haar war zu einem Zopf zurückgebunden.
Eragon merkte, wie sich sein Gesicht zu einer hasserfüllten Grimasse verzog. Er musste gegen den Drang ankämpfen, mit gezücktem Schwert auf das Ungetüm loszugehen. Und doch kam er nicht umhin, den Mut des Urgal-Riesen zu bewundern, der ganz allein und unbewaffnet einem feindlichen Heer gegenübertrat. Zu seiner Überraschung spürte Eragon, dass ein massiver Schutzwall den Geist des Kull umgab.
Als er vor den hochgeschlagenen Zeltplanen des Pavillons stehen blieb und offenbar nicht weiterzugehen wagte, bedeutete Nasuada ihren Wachen, die aufgebrachte Menge zu beruhigen. Alle starrten auf den Kull und fragten sich, was er als Nächstes tun würde.
Er reckte die muskelbepackten Arme zum Himmel und nahm einen gewaltigen Atemzug, dann öffnete er das Maul und stieß ein ohrenbetäubendes Gebrüll aus. Augenblicklich richtete sich ein Dickicht von Schwertern auf ihn, doch er achtete nicht darauf, sondern brüllte weiter, bis seine Lungen leer waren. Dann sah er Nasuada an und knurrte mit tiefer, kehliger Stimme: »Soll das ein Hinterhalt sein, Nachtjägerin? Mir wurde sicheres Geleit zugesagt. Brechen die Menschen ihr Wort so schnell?«
Einer von Nasuadas Kommandeuren beugte sich zu ihr vor und sagte: »Wir sollten ihn für seine Unverschämtheit bestrafen, Herrin. Nachdem wir ihm den geziemenden Respekt eingebläut haben, könnt Ihr Euch immer noch anhören, was er vorzubringen hat.«
Eragon hätte lieber geschwiegen, doch er war sich seiner Pflichten gegenüber Nasuada und den Varden bewusst, daher flüsterte er Nasuada schnell ins Ohr: »Sei nicht beleidigt! Sie begrüßen ihre Kriegshäuptlinge immer auf diese Weise. Die übliche Antwort darauf wäre, die Köpfe aneinander zu schlagen, aber ich glaube, das lassen wir besser bleiben.«
»Haben dir das die Elfen beigebracht?«, murmelte sie, ohne den Blick von dem Kull abzuwenden.
»Ja.«
»Was haben sie dir sonst noch erzählt?«
»Eine ganze Menge«, bekannte er widerwillig.
Dann sagte Nasuada zu dem Kull, aber auch zu ihren dahinter stehenden Soldaten: »Die Varden sind keine Lügner, so wie Galbatorix und das Imperium. Sag, was du zu sagen hast! Du hast bei dieser Zusammenkunft nichts zu befürchten.«
Der Kull brummte etwas und hob das Kinn, sodass seine Kehle entblößt war. Eragon erkannte dies als eine Unterwerfungsgeste. Den Kopf zu senken, wäre eine Drohung gewesen, denn es bedeutete, dass er vorhatte, jemanden mit seinen Hörnern zu rammen. »Ich bin Nar Garzhvog vom Stamm der Bolvek. Ich spreche im Namen meines Volkes.« Es schien, als würde er jedes einzelne Wort erst zerkauen, bevor er es ausspuckte. »Wir Urgals werden mehr gehasst als jedes andere Volk. Elfen, Zwerge, Menschen, alle jagen uns, verbrennen uns und vertreiben uns aus unseren Hallen.«
»Nicht ohne Grund«, erklärte Nasuada.
Garzhvog nickte. »Nicht ohne Grund. Mein Volk liebt den Krieg. Aber wie oft greift man uns an, nur weil Ihr uns so hässlich findet wie wir Euch? Unsere Zahl ist seit dem Untergang der Drachenreiter stetig gewachsen. Unsere Stämme sind jetzt so groß, dass der karge Boden, auf dem wir leben, uns nicht mehr ernähren kann.«
»Deshalb habt ihr euch mit Galbatorix verbündet.«
»Ja, Nachtjägerin. Er hat uns gutes Land versprochen, wenn wir seine Feinde töten. Aber er hat uns hereingelegt. Sein Schamane mit dem blutroten Haar, Durza, hat den Geist unserer Kriegshäuptlinge verzaubert und unsere Stämme zur Zusammenarbeit gezwungen, was gegen unsere Natur ist. Als wir dies im hohlen Berg der Zwerge erfuhren, hat die Herndall, die große Mutter unserer Stämme, meine Brutpartnerin zu Galbatorix geschickt, um ihn zu fragen, warum er uns ausgenutzt hat.« Garzhvog schüttelte seinen riesigen Kopf. »Sie ist nie mehr zurückgekehrt. Unsere besten Rammböcke sind für Galbatorix gestorben - und er hat uns wie ein zerbrochenes Schwert weggeworfen. Er ist eine
Drajl
und ein doppelzüngiger, hornloser Betrüger! Wir sind jetzt weniger, Nachtjägerin, aber wir werden an Eurer Seite kämpfen, wenn Ihr es zulasst.«
»Zu
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