Der aufziehende Sturm
verschiedener Ajahs nicht einmal gemeinsam durch einen Korridor gehen sehen, geschweige denn Konferenzen abhalten. Nicht eine einzige von ihnen gehörte zu den Roten, und jede war eine Sitzende.
Seaine war eine stattliche Frau in einem weißen, mit Silber abgesetzten Kleid. Die Sitzende der Weißen Ajah hatte dichtes schwarzes Haar und wässrig blickende blaue Augen, die Egwene ruhig musterten. Doesine war eine Sitzende der Gelben Ajah. Für eine Cairhienerin war sie schlank und hochgewachsen, ihr teures rosafarbenes Kleid war mit goldenen Stickereien verziert. Ihr Haar war mit Saphiren geschmückt, die zu dem Stein auf ihrer Stirn passten.
Yukiri war die Graue Schwester, die neben Doesine saß. Yukiri war eine der kleinsten Frauen, die Egwene je kennengelernt hatte, aber sie hatte eine Art, andere anzusehen, die sie immer dominant erscheinen ließ, selbst wenn sie in Begleitung einer viel größeren Aes Sedai war. Die letzte Frau war Saerin, eine Sitzende der Braunen aus Altara. Wie viele Braune trug sie schmucklose Kleider, dieses hier in einem unauffälligen Braun. Ihre olivfarbene Haut wurde von einer Narbe auf der linken Wange verunstaltet. Egwene wusste nur wenig über sie. Von allen Schwestern im Raum schien sie am wenigsten überrascht, Egwene zu sehen.
»Was habt Ihr getan?«, sagte Seaine fassungslos zu Meidani.
»Adsalan, bring sie rein«, befahl Doesine, stand auf und gestikulierte hektisch. »Falls jemand vorbeikommt und die kleine al'Vere hier sieht ...«
Die strengen Worte ließen Meidani zusammenzucken - ja, sie würde hart an sich arbeiten müssen, bevor sie wieder die Haltung einer Aes Sedai haben würde. Egwene trat ein, bevor der bullige Behüter sie hereinziehen konnte. Meidani folgte ihr, und Adsalan schloss energisch die Tür. Der Raum wurde von zwei Lampen erhellt, die nicht genug Licht verbreiteten, als wollten sie die verschwörerische Natur der Frauenkonferenz noch unterstreichen.
So wie die vier Sitzenden die Kisten in Beschlag nahmen, hätten es genauso gut Thronsessel sein können, also setzte sich Egwene ebenfalls. »Man hat Euch nicht erlaubt, sich zu setzen, Mädchen«, sagte Saerin kalt. »Meidani, was hat das zu bedeuten? Euer Eid sollte solche Fehler verhindern!«
»Eid?«, fragte Egwene. »Was für ein Eid sollte das wohl sein?«
»Seid still, Mädchen«, fauchte Yukiri und schlug Egwene mit einem Strang Luft quer über den Rücken. Es war ein so sanfter Hieb, dass Egwene beinahe gelacht hatte.
»Ich habe meinen Eid nicht gebrochen!«, sagte Meidani schnell und trat an Egwenes Seite. »Ihr habt mir befohlen, niemandem von diesen Treffen zu erzählen. Nun, ich habe gehorcht - ich habe es ihr nicht gesagt. Ich habe es ihr gezeigt.« Da war ja doch noch ein Funken Widerstand in der Frau. Das war gut.
Egwene war sich nicht sicher, was in diesem Raum vor sich ging, aber vier Sitzende, die hier zusammensaßen, boten ihr eine beispiellose Gelegenheit. Sie hätte nie geglaubt, die Chance zu bekommen, mit so vielen von ihnen gleichzeitig zu sprechen, und wenn die Frauen hier bereit waren, sich zu treffen, dann waren sie vielleicht unberührt von den Rissen, die den Rest der Burg unterminierten.
Oder deutete dieses Treffen etwas Finsteres an? Eide, die Egwene unbekannt waren, Treffen weitab der oberen Korridore, ein Behüter, der eine Tür bewachte ... kamen diese Frauen von vier Ajahs oder nur von einer? War sie unabsichtlich mitten in ein Nest von Schwarzen hineingetappt?
Mit pochendem Herzen zwang sich Egwene, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Falls sie Schwarze waren, dann saß sie in der Falle. Falls nicht, wartete Arbeit auf sie.
»Das kommt ausgesprochen unerwartet«, sagte die beherrschte Seaine zu Meidani. »In Zukunft werden wir Eide bedeutend sorgfältiger formulieren.«
Yukiri nickte. »Ich hätte nicht geglaubt, dass Ihr so kindisch wärt, uns aus reinem Trotz auffliegen zu lassen. Wir hätten sehen müssen, dass Ihr wie wir alle genug Erfahrung darin habt, Eide zu beugen, um sie Euren Bedürfnissen anzupassen.«
Moment mal, dachte Egwene. Das klingt wie ...
»Ich glaube, für diesen Verstoß ist eine Buße angebracht«, fuhr Yukiri fort. »Aber was sollen wir mit diesem Mädchen machen, das sie angeschleppt hat? Sie hat nicht auf den Eidstab geschworen, also würde es ...«
»Ihr habt ihr einen vierten Eid abverlangt, nicht wahr?«, unterbrach Egwene sie. »Was beim Licht habt Ihr Euch nur dabei gedacht?«
Yukiri starrte sie an, und Egwene spürte den
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