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Der aufziehende Sturm

Der aufziehende Sturm

Titel: Der aufziehende Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Wissen, dass es schon einmal funktioniert hatte. Würde sie sich dann auch beugen? Wie lange würde es wohl dauern, bevor sie jegliche Glaubwürdigkeit verspielt hatte und in die Fliesen der Burgkorridore getrampelt worden war?
    Sie konnte sich nicht beugen. Die Prügelstrafen hatten ihr Verhalten nicht beeinflussen können; der Arbeitseinsatz durfte sie ebenfalls nicht verändern.
    Drei Stunden Arbeit in der Küche konnten ihre Stimmung kaum aufhellen. Laras, die derbe Herrin der Küchen, hatte ihr befohlen, einen der kaminähnlichen Öfen zu schrubben. Es war eine schmutzige Arbeit, die Nachdenken nicht förderte. Nicht, dass es viele Auswege aus ihrer Situation gegeben hätte.
    Egwene hockte sich auf die Fersen, hob den Arm und fuhr sich über die Stirn. Nun war auch der Ärmel voller Ruß. Sie seufzte leise; Mund und Nase wurden von einem feuchten Tuch geschützt, um nicht zu viel Asche einzuatmen. Ihr Atem fühlte sich heiß und stickig an, auf ihrer Haut klebte der Schweiß. Die Tropfen, die sich von ihrem Gesicht lösten, waren ebenfalls mit Ruß geschwärzt. Durch das Tuch konnte sie den dumpfen Geruch der Asche riechen, die zahllose Male verbrannt worden war.
    Der Kaminofen war eine rechteckige Konstruktion aus gebrannten roten Ziegeln. An beiden Seiten offen war er groß genug, dass man hineinkriechen konnte - was Egwene auch tun musste. Auf der Innenseite des Abzugs hatten sich dunkle Krusten gebildet, die man abschrubben musste, damit sie den Kamin nicht irgendwann verstopften oder sich lösten und ins Essen fielen. Draußen im Speisesaal konnte sie Katerine und Lirene plaudern und lachen hören. Gelegentlich steckten die Roten den Kopf durch die Tür, um sie zu überprüfen, aber ihre eigentliche Aufpasserin war Laras, die auf der anderen Seite des Raumes Töpfe spülte.
    Für diese Arbeit war Egwene in ein Arbeitskleid geschlüpft. Einst war es weiß gewesen, aber Novizinnen hatten es speziell zum Ofenreinigen benutzt, und der Ruß hatte sich im Stoff festgesetzt. Überall wies er graue Flecken auf, wie Schatten.
    Sie rieb sich das Kreuz, ließ sich wieder auf Hände und Knie nieder und kroch tiefer in den Kamin. Mit einem kleinen Holzkratzer stocherte sie Ascheklumpen aus den Spalten zwischen den Ziegeln, dann sammelte sie sie auf und warf sie in Messingeimer, deren Ränder weiß und grau mit Asche gepudert waren. Ihre erste Aufgabe hatte darin bestanden, sämtlichen losen Ruß herauszugraben und in die Eimer zu füllen. Ihre Hände waren von der Arbeit so schwarz geworden, dass sie Angst hatte, sie selbst durch gründliches Schrubben nicht mehr sauber zu bekommen. Ihre Knie schmerzten, und sie bildeten ein seltsames Gegengewicht zu ihrem Hintern, der noch immer von den Morgenprügeln schmerzte.
    Sie arbeitete weiter, kratzte an den geschwärzten Ziegeln herum. Eine Laterne, die sie an der Ecke des Kamins platziert hatte, sorgte für schwaches Licht. Es hatte sie in den Fingern gejuckt, die Eine Macht zu benutzen, aber die Roten draußen würden mitbekommen, dass sie die Macht lenkte. Außerdem hatte sie entdeckt, dass die Nachmittagsdosis Spaltwurzel uncharakteristisch stark gewesen war, sodass sie kaum mehr als ein Tröpfeln hätte lenken können. Tatsächlich war sie stark genug gewesen, um sie schläfrig zu machen, was die Arbeit noch viel schwerer machte.
    Sollte ihr Leben von jetzt an so aussehen? Gefangen in einem Kamin, um Ziegel abzukratzen, die nie jemand zu Gesicht bekam, abgeschnitten von der Welt? Sie konnte Elaida nicht entgegentreten, wenn sie jeder vergessen hatte. Sie hustete leise, und der Laut hallte durch das Kamininnere.
    Sie brauchte einen Plan. Ihre einzige Möglichkeit schienen die Schwestern zu sein, die versuchten, die Schwarzen Ajah zu entlarven. Aber wie sollte sie sie besuchen? Ohne den Unterricht durch die Schwestern konnte sie ihren Roten Aufpassern nicht entkommen, indem sie die Domänen anderer Ajahs betrat. Konnte sie sich irgendwie während der Arbeit wegschleichen? Sollte man ihre Abwesenheit entdecken, würde sie möglicherweise in einer noch schlimmeren Situation enden.
    Aber sie konnte nicht zulassen, dass ihr Leben von dieser unwürdigen Arbeit bestimmt wurde! Die Letzte Schlacht nahte, der Wiedergeborene Drache streifte frei umher, und die Amyrlin säuberte auf Händen und Knien irgendwelche Kamine! Wütend kratzte sie weiter. Der Ruß war so lange festgebacken, dass er den Stein wie eine funkelnde schwarze Patina bedeckte. Sie würde niemals alles abbekommen.

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