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Der aufziehende Sturm

Der aufziehende Sturm

Titel: Der aufziehende Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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gesagt, dass es das würde«, sagte Tesan stirnrunzelnd.
    »Ach ja?«, erwiderte Egwene. »Würden dann die Schwestern nicht mehr durch die Gänge eilen, weil sie Angst haben, allein zu sein? Würden sich Gruppen von Frauen verschiedener Ajahs keine feindselige Blicke mehr zuwerfen, wenn sie einander in den Korridoren begegnen? Bei allem nötigen Respekt, würden wir nicht länger das Bedürfnis verspüren, ständig unsere Stolen zu tragen, um zu zeigen, wer wir sind und wo unsere Loyalität liegt?«
    Ferane schaute kurz nach unten auf ihre weißbefranste Stola.
    Egwene beugte sich vor und fuhr fort. »Von allen Frauen in der Weißen Burg wisst Ihr doch sicherlich am besten, wie wichtig es ist, dass die Ajahs zusammenarbeiten. Wir können nicht darauf verzichten, dass sich Frauen mit verschiedenen Fähigkeiten und Interessen in Ajahs organisieren. Aber ergibt es irgendeinen Sinn, wenn wir darauf verzichten, miteinander zusammenzuarbeiten?«
    »Diese ... bedauerlichen Spannungen haben nicht die Weißen zu verantworten«, sagte Miyasi mit leisem Schnauben. »Das waren jene, die ihren außer Kontrolle geratenen Gefühlen folgten.«
    »Dafür ist die derzeitige Führung verantwortlich«, sagte Egwene. »Eine Führung, die uns lehrt, dass es völlig in Ordnung ist, Schwestern unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu dämpfen und Behüter hinzurichten, bevor ihre Aes Sedai überhaupt vor Gericht gestellt wurden. Dass nichts daran falsch ist, einer Schwester die Stola abzunehmen und sie zu einer Aufgenommenen zu degradieren, dass nichts daran falsch ist, eine ganze Ajah aufzulösen. Und was ist damit, ohne den Rat des Saals ein so gefährliches Unternehmen wie die Entführung und Gefangennahme des Wiedergeborenen Drachen zu befehlen? Kommt es so unerwartet, dass Schwestern so verängstigt und besorgt sind? Ist nicht alles, was mit uns passiert ist, völlig logisch? «
    Die drei Weißen schwiegen.
    »Ich werde mich nicht unterwerfen«, sagte Egwene. »Nicht, solange das an der Spaltung nichts ändert. Ich werde auch weiterhin behaupten, dass Elaida nicht die Amyrlin ist. Ihre Handlungen haben es bewiesen. Ihr wollt beim Kampf gegen den Dunklen König helfen? Nun, Euer erster Schritt liegt darin, sich nicht um den Wiedergeborenen Drachen zu kümmern. Euer erster Schritt sollte sein, den Schwestern der anderen Ajahs die Hand zu reichen.«
    »Warum wir?«, wollte Tesan wissen. »Wir sind nicht für die Taten der anderen verantwortlich.«
    »Und Euch kann man keinen Vorwurf machen?«, fragte Egwene und ließ etwas von ihrer Wut durchschimmern. Wollte denn keine ihrer Schwestern wenigstens ein Mindestmaß an Verantwortung akzeptieren? »Die Weißen hätten sehen müssen, wo dieser Weg hinführt. Ja, Siuan und die Blauen waren nicht fehlerlos - aber Ihr hättet erkennen müssen, welchen Fehler man mit ihrem Sturz begeht, um dann Elaida zu erlauben, die Blauen aufzulösen. Außerdem glaube ich, dass mehrere Mitglieder Eurer Ajah einen wesentlichen Anteil daran hatten, Elaida zur Amyrlin zu machen.«
    Miyasi zuckte leicht zusammen. Die Weißen wurden nicht gern an Alviarin und ihr Scheitern als Elaidas Behüterin der Chronik erinnert. Anstatt sich gegen Elaida zu wenden, weil sie eine Weiße verstoßen hatte, hatten sie sich scheinbar wegen der von ihr verursachten Schande gegen die eigene Schwester gewandt.
    »Ich finde noch immer, dass das eine Aufgabe für die Grauen ist«, meinte Tesan, aber sie hörte sich deutlich weniger überzeugend an als noch Augenblicke zuvor. »Ihr solltet mit ihnen sprechen.«
    »Das habe ich«, erwiderte Egwene. Langsam verlor sie die Geduld. »Manche sprechen nicht mit mir und schicken mich zur Buße. Andere sagen, dass diese Zerwürfnisse nicht ihre Schuld sind, aber nach einiger Überredung haben sie sich bereiterklärt, zu tun, was sie können. Die Gelben sind sehr verständnisvoll gewesen, und ich glaube, sie fangen an, die Probleme der Burg als Wunde zu betrachten, die geheilt werden muss. Ich arbeite noch immer an einigen Braunen Schwestern - sie scheinen von den Problemen eher fasziniert als beunruhigt zu sein. Ich habe mehreren von ihnen befohlen, in den historischen Aufzeichnungen nach Beispielen von Zerwürfnissen zu suchen, in der Hoffnung, dass sie auf die Geschichte von Renala Merlon stoßen. Der Zusammenhang sollte offensichtlich sein, und vielleicht sehen sie dann ja ein, dass unsere Probleme gelöst werden können.
    Ironischerweise haben sich die Grünen als die stursten erwiesen. In

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