Der aufziehende Sturm
verfluchten Treffen in Tel'aran'rhiod ein Ende. Wieso können so viele von euch überhaupt dort hineinkommen?«
»Wir haben Ter'angreale «, sagte Sheriam zögernd. »Einige in der Form von bernsteingelben Tafeln sowie ein paar Eisenscheiben. Dann eine Handvoll Ringe.«
»Ah, Schlafweber«, sagte die Gestalt. »Ja, die könnten nützlich sein. Wie viele?«
Sheriam zögerte. Ihr Instinkt riet ihr zuerst, zu lügen oder auszuweichen - das erschien als eine Information, die sie der Gestalt vorenthalten konnte. Aber eine der Auserwählten anzulügen? Eine schlechte Entscheidung. »Wir hatten zwanzig«, sagte sie wahrheitsgemäß. »Aber eine hatte Leane bei sich, die Frau, die gefangen genommen wurde. Damit bleiben uns neunzehn.« Gerade genug für Egwenes Zusammenkünfte in der Welt der Träume - eine für jede Sitzende und eine für Sheriam selbst.
»Ja«, zischte die in Dunkelheit gehüllte Gestalt. »In der Tat nützlich. Stehle die Schlafweber, dann gib sie mir. Dieser Abschaum hat nichts dort verloren, wo die Auserwählten wandeln.«
»Ich ...« Sie sollte die Ter'angreale stehlen? Wie sollte sie das denn nur schaffen? »Ich lebe, um zu dienen, Große Herrin.«
»Ja, das tust du. Erledige diese Dinge für mich, und du wirst fürstlich belohnt werden. Versage ...« Die Gestalt dachte kurz nach. »Du hast drei Tage. Jeder Schlafweber, den du in dieser Zeit nicht herbeischaffen kannst, kostet dich einen Finger oder einen Zeh.« Und die Auserwählte öffnete mitten im Zelt ein Wegetor und verschwand. Auf der anderen Seite erhaschte Sheriam einen Blick auf die vertrauten, mit Fliesen ausgelegten Korridore der Weißen Burg.
Die Schlafweber stehlen! Alle neunzehn? In drei Tagen? Bei der großen Dunkelheit, dachte Sheriam. Ich hätte lügen sollen, wie viele wir davon haben! Warum habe ich nicht gelogen?
Sie blieb noch lange dort knien, holte tief Luft und sann über die Klemme nach, in der sie nun steckte. Ihre Zeit des Friedens war anscheinend vorbei.
Sie war kurz gewesen.
»Natürlich wird man sie vor das Burggericht zitieren«, sagte Seaine. Die zurückhaltende Weiße saß auf einem Stuhl, den ihr die beiden Roten geholt hatten, die Egwenes Zelle bewachten.
Die Zellentür stand offen, und Egwene saß auf der Schwelle auf einem Hocker - den die Roten ebenfalls besorgt hatten. Die beiden Wächterinnen, die dicke Cariandre und die strenge Patrinda, beobachteten sie sorgfältig vom Korridor aus. Beide hatten die Quelle umarmt und hielten Egwenes Abschirmung aufrecht. Sie sahen aus, als rechneten sie jeden Moment damit, dass sie gleich losrannte und einen Fluchtversuch unternahm.
Egwene ignorierte sie. Ihre beiden Tage der Gefangenschaft waren nicht angenehm gewesen, aber sie würde sie mit Würde ertragen. Selbst wenn man sie in einen winzigen Raum mit einer Tür gesperrt hatte, die keinen Lichtschimmer durchließ. Selbst wenn man ihr verweigert hatte, das blutige Novizinnenkleid auszuziehen. Selbst wenn man sie jeden Tag für die Weise schlug, in der sie Elaida behandelt hatte. Sie würde sich nicht beugen.
Die Roten gestatteten ihr zögernd Besucher, wie es das Burggesetz vorschrieb. Es überraschte Egwene, dass tatsächlich Besucher kamen, aber Seaine war nicht die Einzige gewesen. Es waren sogar einige Sitzende gekommen. Seltsam. Trotzdem verzehrte sie sich nach Neuigkeiten. Wie reagierte die Burg auf ihre Kerkerhaft? Waren die Abgründe zwischen den Ajahs noch immer tief und breit, oder hatte ihre Arbeit den Anstoß gegeben, dass man anfing, sie zu überbrücken?
»Elaida hat das Burggesetz recht deutlich gebrochen«, fuhr Seaine fort. »Und fünf Sitzende fünf verschiedener Ajahs haben es miterlebt. Natürlich hat sie versucht, ein Verfahren zu verhindern, aber damit ist sie gescheitert. Allerdings haben sich ein paar ihre Argumente angehört.«
»Als da wären?«, fragte Egwene.
»Dass Ihr eine Schattenfreundin seid. Und dass sie Euch deshalb aus der Burg ausgestoßen und erst dann geschlagen hat.«
Egwene verspürte ein Frösteln. Sollte es Elaida gelingen, für diese Argumentation genügend Unterstützung zu finden ...
»Das wird nicht standhalten«, sagte Seaine beruhigend. »Das hier ist nicht irgendein Hinterwäldlerdorf, wo ein auf eine Tür gekritzelter Drachenzahn ausreicht, um einen zu verurteilen.«
Egwene hob eine Braue. Sie war in einem »Hinterwäldlerdorf« aufgewachsen, und sie hatten genug Verstand gehabt, um mehr als Gerüchte zu brauchen, um jemanden zu verurteilen, ganz egal,
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