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Der aufziehende Sturm

Der aufziehende Sturm

Titel: Der aufziehende Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Fassungslosigkeit rangen miteinander. Das sollte Gareth Bryne sein?
    »Das sind nicht die Worte eines verschmähten Liebhabers«, sagte Bryne mit steinerner Miene, als hätte er sämtliche Gefühle zur Seite geschoben. Er sprach leise, während sie weitergingen, und das Lagervolk machte einen weiten Bogen um sie. »Ich kann akzeptieren, dass eine Frau die Zuneigung zu einem Mann verliert und sich einem anderen zuwendet. Ja, Morgase der Frau kann ich vergeben. Aber Morgase der Königin? Sie hat dieser Schlange das Königreich gegeben. Sie hat ihre Verbündeten zur Prügelstrafe geschickt und sie dann in den Kerker geworfen. Sie war nicht mehr richtig im Kopf. Manchmal muss man den faulenden Arm eines Soldaten abschneiden, um dem Mann sein Leben zu retten. Ich freue mich über Elaynes Erfolg, und es ist wie eine Wunde, diese Worte zu sprechen. Aber Ihr müsst diesen Hass auf al'Thor begraben. Er war nicht das Problem. Das war Eure Mutter.«
    Gawyn biss die Zähne zusammen. Niemals, dachte er. Ich werde al'Thor niemals vergeben. Das nicht.
    »Ich kann die Absicht hinter diesem Blick erkennen«, sagte Bryne. »Nur noch ein Grund mehr, Euch zurück nach Andor zu schaffen. Ihr werdet sehen. Und wenn Ihr mir nicht glaubt, fragt Eure Schwester. Seht, was sie dazu zu sagen hat.«
    Gawyn nickte knapp. Voraus erkannte er die Stelle wieder, wo er die Frau gesehen hatte. Er suchte nach den Wäscherinnen, dann ging er auf sie zu, schob sich zwischen zwei Kaufleuten mit stinkenden Hühnerkäfigen vorbei, die Eier verkauften. »Hier entlang«, sagte er, vielleicht etwas zu scharf.
    Er vergewisserte sich nicht, ob Bryne ihm folgte. Der General hatte ihn bald eingeholt; er sah nicht erfreut aus, aber er sagte nichts.
    Sie gingen einen gewundenen, bevölkerten Weg, vorbei an Leuten in brauner und dunkelgrauer Kleidung, und bald erreichten sie die Reihe aus Frauen, die vor zwei langen Holztrögen mit langsam fließendem Wasser stand. Männer am anderen Ende gossen Wasser in die Tröge, und die Frauen wuschen Kleidung in dem seifigen Wasser, dann spülten sie sie in dem sauberen aus. Kein Wunder, dass der Boden so nass war. Wenigstens roch es hier nach Seife und Sauberkeit.
    Die Frauen hatten die Ärmel bis zu den Oberarmen aufgerollt, und die meisten von ihnen plauderten bei der Arbeit, die daraus bestand, Kleidung auf den Waschbrettern in den Trögen zu scheuern. Sie trugen alle die gleichen braunen Röcke, die Gawyn bei der Aes Sedai gesehen hatte. Er legte die Hand träge auf den Schwertgriff und musterte die Frauen von hinten.
    »Welche ist es?«, fragte Bryne.
    »Einen Moment«, erwiderte er. Da waren Dutzende von Frauen. Hatte er wirklich gesehen, was er zu sehen geglaubt hatte? Warum sollte sich eine Aes Sedai ausgerechnet an diesem Ort hier aufhalten? Sicherlich würde Elaida keine Aes Sedai als Spionin losschicken; ihre Gesichter waren viel zu auffällig.
    Andererseits, wenn sie so leicht zu erkennen waren, warum konnte er sie dann nicht finden?
    Und dann sah er sie. Sie war die einzige der Frauen, die sich nicht unterhielt. Sie kniete mit gesenktem Kopf da, das Haar unter dem gelben Tuch verborgen, das auch ihr Gesicht in Schatten tauchte. Ein Paar Locken ragten unter dem Stoff hervor. Ihre Haltung war so unterwürfig, dass er sie beinah übersehen hätte, aber die Formen ihres Körpers unterschieden sich von den anderen. Sie war sehr mollig, und das Kopftuch war das einzige gelbe in Sicht.
    Gawyn schritt die Reihe der arbeitenden Frauen entlang, von denen einige aufstanden und mit in die Hüften gestemmten Händen in nicht zu missverstehenden Worten erklärten, das »Soldaten mit ihren großen Füßen und unbeholfenen Ellbogen« bei Frauenarbeit nichts zu suchen hatten. Er ignorierte sie und ging weiter, bis er neben dem gelben Kopftuch stand.
    Das ist doch verrückt, dachte er. In der ganzen Geschichte der Aes Sedai hat es noch nie eine gegeben, die freiwillig diese Haltung eingenommen hätte.
    Bryne trat neben ihn. Er beugte sich vor und versuchte einen besseren Blick auf das Gesicht der Frau zu erhaschen. Sie kauerte sich nur noch mehr zusammen und rubbelte hektisch noch schneller an dem Hemd vor ihr in dem Trog herum.
    »Frau«, sagte Gawyn. »Darf ich Euer Gesicht sehen?«
    Sie reagierte nicht. Gawyn sah Bryne an. Zögernd streckte der General die Hand aus und schob das Kopftuch der dicklichen Frau zurück. Das zum Vorschein tretende Gesicht war deutlich erkennbar das einer Aes Sedai, es hatte diese unverwechselbare

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