Der Augenblick des Magiers
desorientierter Oplode der Schlaue aus dem Hut hervor. Während er Markus' zur Hilfe vorgestreckte Hand ausschlug, kletterte der Salamander wieder auf die Beine und wich zurück; er schüttelte den Kopf und versuchte, seine Haltung zurückzugewinnen.
Aus dem Quorum erschollen immer lautere Stimmen, die sich für Markus aussprachen.
Oplode ignorierte sie und starrte seinen Gegner mit zusammengekniffenen Augen an. »Ich weiß zwar nicht, wie du das gemacht hast, aber eines weiß ich genau: Saubere Hexerei war das nicht.«
»Oh, die war schon sauber«, erwiderte Markus selbstzufrieden. »Nur eben eine Spur anders als das, was du so gewöhnt bist, das ist alles. Hast du Angst vor anderen, fremden Dingen?« Er wandte sich dem Quorum zu. »Habt ihr etwa alle Angst vor dem Andersartigen, selbst wenn es besser ist als das, was ihr gewöhnt seid?«
»Nein«, erwiderte Trendavi schnell, »wir fürchten uns nicht vor dem Andersartigen oder dem Neuen. Wir Einwohner von Quasequa sind stolz darauf, daß wir Neues akzeptieren, daß wir Innovationsförderung betreiben.« Er warf Oplode einen traurigen Blick zu. »Ich schlage vor und beantrage hiermit, daß das Quorum Markus den Unvermeidlichen zum geheimwissenschaftlichen und magischen Hauptberater ernennt, und beantrage ferner, daß Oplode der Schlaue, der uns all diese vielen Jahre solch hervorragende Dienste erwiesen hat, mit unserem Dank seines Amtes enthoben wird und das Quorum ihm eine offizielle Anerkennung ausspricht, über deren Wortlaut noch abzustimmen wäre.«
»Wir unterstützen diesen Antrag!« sagte ein Stimmenpaar wie aus einem Mund.
Und das war es auch schon. Es war erledigt, beendet, und Markus stand lächelnd mit verschränkten Armen da, als sich seine Anhänger um ihn scharten, um ihm zu seinem Sieg zu gratulieren, während jene, die gegen seine Wahl gewesen waren, nun herbeikamen, um ihn zähneknirschend ihrer Unterstützung zu versichern. Einige von ihnen hätten dem geschlagenen Oplode gerne ihr Mitgefühl ausgesprochen, doch der Salamander blieb nicht mehr lange. Statt dessen zog er sich eilig, wenn auch würdevoll zurück, immer noch ein wenig erschüttert von der Art, in der Markus ihm zugesetzt hatte, doch in keiner Weise eingeschüchtert oder am Boden zerstört.
Im Arbeitszimmer des Hexers war es dunkel. Doch Oplode bevorzugte schließlich auch mattes Licht und Feuchtigkeit. Seine Gemächer befanden sich am Rande des Quorumsgebäudes, unterhalb der Wassermarke. Uralte Steine hielten das warme Wasser des Sees der Tränenreichen Perlen ab, während sie eine angenehme Feuchtigkeit hindurchließen. Dichtes rotes und grünes Moos wucherte auf dem Gestein und der Decke. Das Mobiliar bestand zum einen Teil aus Stein und zum anderen aus fäulnisbeständiger Boramwurzel.
Leuchtkugeln baumelten in der Höhe. Ihr magisches Licht war matter als gewöhnlich, eine Widerspiegelung des unguten Gemütszustands des Hexers. Oplode starrte reglos eine der flackernden Kugeln an, während er in seinem Denktank lag. Das Steinbassin war mit frischem Seewasser gefüllt, das reich an Flechten, Moosen, hellblauen warmen Seerosenblättern und winzigen Wasserinsekten war. Alles in allem boten die Räumlichkeiten eine wohltuende und durch und durch salamandrische Umwelt.
Doch wie Oplode so mit vor der Brust verschränkten Armen auf dem Rücken lag und mit seinem Schwanz das Wasser leise in Wallung brachte, war deutlich zu erkennen, daß er innerlich aufgewühlt war. Ganz in der Nähe war ein viel kleinerer und jüngerer Salamander damit beschäftigt, das Feuer zu schüren. Er war sich der Unruhe bewußt. Flute trug den Mantel des Lehrlings. Er war gedrungener als Oplode, mit schwarzen Flecken markiert anstelle von roten, und sein Gesichtsausdruck war von Sorge geprägt. Seine fedrigen rosa Kiemen lagen flach am Hals an, während er geduldig darauf wartete, daß Oplode sich erhob. Ein trauriger Tag. Er wußte, was hoch oben im Quorumssaal geschehen war. Das würde sich bis heute abend in der ganzen Stadt herumgesprochen haben.
Endlich erhob sich Oplode aus dem Bassin, bewegte sich leise zur Seite, um Luft anstatt Wasser zu inhalieren, und erklärte gewichtig: »Das darf nicht zugelassen werden!«
»Verzeihung, Meister«, sagte Flute leise. »Was darf nicht zugelassen werden?«
»Ich habe verloren. Daran läßt sich nichts ändern. Ich leugne auch nicht die magische Macht dieses Neuankömmlings. Er ist ein echter Hexer oder Magier, wie immer er sich auch nennen mag. Ein
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