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Der azurne Planet

Der azurne Planet

Titel: Der azurne Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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hatte, bereitete man sich darauf vor, die übliche Tirade über sich ergehen zu lassen. Er bestieg die Rednertribüne und fing an. Seine Stimme bebte und war laut und durchdringend. Die Sätze, die er von sich gab, waren lang, seine Ansichten niemandem unbekannt, seine Erläuterungen nichtssagend.
    »Wieder haben wir uns getroffen. Es freut mich, auch in diesem Jahr all die Gesichter wiederzusehen, die mir von der zurückliegenden Versammlung in Erinnerung sind und die ich liebgewonnen habe. Ich sehe aber auch die Gesichter derjenigen vor mir, die nicht mehr unter uns sein können, weil sie inzwischen den Weg alles Vergänglichen gegangen sind – und jene, die aufgrund ihrer Handlungsweise den Zorn König Krakons auf uns herabgerufen haben, vor dem wir alle in Ehrfurcht zittern. Unter unglaublichen Umständen ist der Herr der elementaren Wirklichkeit provoziert worden; dies ist ein Vorgang, der niemals hätte stattfinden dürfen – und er hätte auch nicht stattgefunden, wäre jenen, die ihn hervorriefen, bewußt gewesen, auf welche alten Regeln wir vertrauen. Warum mußten wir uns gegen die Weisheit unserer Vorfahren empören? Sie waren edle und heroische Menschen, die es wagten, sich gegen die Tyrannei der geistlosen Heloten zu erheben, indem sie das Weltraumschiff, das sie einer schrecklichen Bestimmung zuführen sollte, an sich rissen und diesen gesegneten Hafen hier ansteuerten! Unsere Vorfahren kannten die Nutzen von Recht und Ordnung; deshalb schufen sie die Zünfte und wiesen jedem die Arbeit zu, zu der er auf seiner Heimatwelt ausgebildet worden war. Deshalb füllen die Hochstapler ihre Boote in großen Mengen mit Fisch, und deshalb wurden aus den Tipgebern jene, die anderen Menschen mit Blinklichtern Zeichen geben! Aus dem gleichen Grunde flechten die Fassadenkletterer Taue und sind die ehemaligen Makler dafür verantwortlich, die Fürbitter zu stellen, die uns der Gnade und selbstlosen Beschützerfunktion König Krakons versichern.
    Gleiches gehört zu gleichem; was man einmal gelernt hat, verlernt man nie. Weswegen also lassen wir es zu, daß die Zünfte sich vermischen, manche sich sogar auflösen und alles in einem wirren Durcheinander versandet? Ich appelliere an die Jugend von heute: Lest die Aufzeichnungen; studiert die Artefakte im Museum; erneuert euren Glauben in das, was eure Vorfahren schufen. Es gibt kein Erbe, das wichtiger ist als das der eigenen Zunftzugehörigkeit!«
    Der alte Feuerwerker sprach in dieser Art noch einige Minuten weiter. Dann übernahm ein anderer das Rednerpult, ein ehemaliger Signalgeber von gutem Ruf, der so lange gearbeitet hatte, bis seine Augen schlecht geworden waren und er die einzelnen Symbole nicht mehr voneinander zu unterscheiden vermochte. Wie der alte Feuerwerker, beschwor auch er die alten Werte der Vergangenheit. »Man kann die Aktivitäten der heutigen Jugend nur mit Abscheu betrachten!« rief er aus. »Wir sind ein Volk von Säufern geworden! Es ist nur noch mit Verwunderung hinzunehmen, daß König Krakon sich überhaupt noch bereit erklärt, uns vor den kleineren Krakon zu beschützen. Was würde geschehen, wenn die Tyrannen aus dem Weltraum eines Tages unser Paradies entdeckten und erneut versuchten, uns zu versklaven? Womit würden wir uns verteidigen? Indem wir Fischköpfe schwenken? Indem wir uns ins Wasser stürzen, tauchen und hoffen, daß unsere Verfolger bei dem Versuch, uns einzufangen, ertrinken? Ich schlage vor, daß jede einzelne Plattform sofort eine Miliz aufstellt, sie mit Waffen ausrüstet!«
    Dem alten Signalgeber folgte der Fürbitter der Sumber-Plattform, der die Argumente seines Vorredners damit aus der Welt zu schaffen versuchte, daß König Krakon – sollten die Tyrannen aus dem Weltraum einst die Dreistigkeit besitzen und ihre Nase in die Angelegenheiten des Treibenden Volkes stecken – ihnen die härtesten Strafen auferlegen würde und sie daraufhin sicher an nichts anderes mehr dächten, als dorthin zurückzukehren, woher sie gekommen seien. »König Krakon ist mächtig! König Krakon ist weise und gütig, es sei denn, man fordert ihn heraus, wie es auf Tranque geschehen ist, wo das verwerfliche Handeln eines Freidenkers vielen den Tod gebracht hat!« Der Fürbitter beugte den Kopf. »Es obliegt weder meinen Privilegien, noch ist dies der Ort, an dem ein Mann wie ich näher auf das eingehen möchte, was jener getan hat, von dem ich hier spreche. Aber eines sei gesagt: Es gibt Vertreter unseres Volkes, die sich selbst erhöhen

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