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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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ersten Abhörphase 1975 hatten die Lauscher im siebten Stock neben den Besucherzellen gesessen und dort ihre Tonbandgeräte laufen lassen. Danach siedelte man offenbar in das Prozeßgebäude um. Dort gab es einen Technikraum mit Monitoren und Tonbandgeräten. Hier hatten mehrere Dienststellen ihren Arbeitsplatz, wie aus einem Erweiterungsantrag von 1975 hervorgeht: Landeskriminalamt, Verfassungsschutz und BKA .
    Nach Ende des Stammheimer Prozesses im April 1977 dürfte diese Zentrale zur akustischen Überwachung der Zellen genutzt worden sein. Es gibt konkrete Hinweise von Beteiligten, die ungenannt bleiben wollen, daß während der Schleyer-Entführung von hier aus die Zellen im siebten Stock abgehört wurden. Anfragen bei Behörden und Ministerien wurden bisher immer ausweichend beantwortet: Man könne dazu keine Akten mehr finden.
    Der ehemalige Anstaltsleiter Hans Nusser wollte vor der Kamera in einem Interview für die Fernsehdokumentation »Der Herbst des Terrors« nicht mehr weiterreden, als er gefragt wurde, wann und wo und vor allem wie Wanzen in Stammheim ein- und wieder abgebaut worden waren. »Eine technische Einrichtung irgendwo anzubringen, das ist auch im Rahmen einer Anstalt möglich«, sagte er. »Aber es ist nicht unsere Aktion gewesen. Da werde ich Ihnen jetzt nichts weiter dazu sagen. Ich unterliege immer noch der dienstlichen Schweigepflicht. Ich habe zwar generell die Erlaubnis, über all diese Vorkommnisse zu reden, aber das ist, wie gesagt, eine Aktion, wo mir die Einzelheiten nicht in dem Maße bekannt sind, daß ich beurteilen könnte, inwieweit ich befugt bin, dazu Näheres zu sagen. Also, dazu möchte ich jetzt nichts weiter sagen.«
    Bei der Frage, ob die Gefangenen in Stammheim im Herbst 1977 abgehört wurden, hüllen sich auch hochrangige Beamte aus dem Sicherheitsapparat in Schweigen. So sagte ein kurz zuvor pensionierter Beamter aus dem Terrorismusbereich des Bundeskriminalamts ( TE ) 2007 : »Bei TE war es nicht bekannt, weder vorher noch hinterher, noch irgendwo angedacht.« Und dann ergänzte der Vertraute des damaligen TE -Chefs Gerhard Boeden: »Die Einschätzung, wer es durchgeführt haben kann, liegt auf der Linie, wie wir es kurz überlegt hatten. Es kann nur der BND gewesen sein, weil wir aus heutiger Bewertung und damaliger Sicht gesagt haben: Das BfV wäre dazu nicht in der Lage gewesen. Unsere Einschätzung ist, daß das damals in Kenntnis oder auf Veranlassung des Generalbundesanwalts, Rebmann, durchgeführt worden ist und daß Aktivitäten, soweit dort irgendwelche Handlangerfunktionen oder polizeiliche Aktivitäten notwendig waren, direkt vom Landeskriminalamt durchgeführt worden sind.«
    Das Ganze sei dann wohl unter dem Dach der Anstaltssicherung gelaufen, in der Verantwortung der Justiz des Landes Baden-Württemberg. Der Beamte: »Ich schätze, daß da irgendein Bundesanwalt dann beteiligt war, der hätte dem das gesagt, und dann wäre das gelaufen. Mehr nicht. Da wäre kein Vorgesetzter von dem Betreffenden beim BND beteiligt gewesen, da wäre keine Akte, es sei denn eine persönliche, keine Akte angelegt worden, und dann hätte man das durchgeführt nach dem Motto: Und wenn wir weg sind, ist es so, als wenn es nie gewesen wäre.« Er ergänzte: »Die Zeit war damals eine andere, da hat man im Grunde alles durchführen können.«
    Der damalige Leiter der Abteilung  8 , Staatsschutz, beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg, Hans Kollischon, sagte 2007 : »Ziel der Abhörmaßnahmen war die Verhinderung von Freipressungsaktionen. Durch den Tod der Stammheimer Häftlinge hatte sich die Zielrichtung erledigt. Deshalb wurden alle Unterlagen vernichtet.«
    Kollischon weiter: »Der Vorgang unterliegt heute noch der Geheimhaltung.« Auf die Frage, ob während der Schleyer-Entführung abgehört wurde, sagte er: »Es wäre doch idiotisch, wenn man solche Einrichtungen nicht nutzen würde, um das Leben Schleyers zu retten. Alles, was machbar war, wurde gemacht.«
    Tatsächlich gab es unter dem Dach des Landeskriminalamts in der Stuttgarter Johannisstraße eine Abteilung für Telefonüberwachungen. Dort wurden die vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs angeordneten Maßnahmen ausgeführt. Hausintern hieß die Abteilung beim LKA »Sondermaßnahme«. Und tatsächlich findet sich dieser Begriff in einem Einsatzkalender für den Tag der Selbstmorde in Stammheim. Für die Uhrzeit 10 . 21 notierte der LKA -Beamte Dieter Löw: »Die Beamten der Sondermaßnahme wurden von dem

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