Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)
. Juni« im Jahr 1977 4 , 5 Millionen Mark in verschiedenen Währungen erbeutet. Die Reste dieser »Kriegskasse« hatte die »Bewegung 2 . Juni« in die RAF eingebracht.
Die Aussteiger wurden zunächst in einem »konspirativen Objekt« der Stasi in der Nähe von Frankfurt an der Oder untergebracht. Sie mußten sich neue Lebensläufe ausdenken, die mit gefälschten Dokumenten untermauert wurden.
Aus Susanne Albrecht wurde jetzt Ingrid Jäger, und sie begann ein Fernstudium an der Leipziger Karl-Marx-Universität. Sie, die wenige Jahre zuvor einen Freund ihrer Familie, den Bankier Jürgen Ponto, seinen Mördern ausgeliefert hatte, wollte jetzt Englischlehrerin werden.
Silke Maier-Witt hieß nun Angelika Gerlach und schrieb sich in Erfurt für eine Ausbildung zum »Facharbeiter Krankenpflege« ein.
Werner Lotze und Christine Dümlein waren jetzt Manfred und Katharina Janssen. Sie wurde Sekretärin in der Betriebsberufsschule des VEB Synthesewerk Schwarzheide, wo er es sogar bis zum Schichtleiter brachte.
Die Stasi gab den RAF -Aussteigern nicht nur einen sicheren Zufluchtsort. Sie hielt auch Kontakt zu den im Westen nach wie vor aktiven RAF -Kadern und bot ihnen ein Refugium zur Erholung vom Untergrundkampf. Es kam sogar vor, daß Stasi-Offiziere wochenlang mit Christian Klar und weiteren sechs RAF -Mitgliedern auf Truppenübungsplätzen Schießübungen veranstalteten, sie in Sprengstofftechnik und in der Handhabung der Panzerfaust RPG - 7 , einem sowjetischen Modell, unterrichteten.
Mit einer solchen Panzerfaust beschoß am 15 . September 1981 Christian Klar gemeinsam mit drei weiteren RAF -Kadern die Mercedes-Limousine des US -Generals Frederick J. Kroesen in Heidelberg.
Nach der Wende, als die in der DDR untergetauchten RAF -Leute festgenommen und entsprechende Stasi-Unterlagen ausgewertet wurden, klagte die Bundesanwaltschaft einige der MfS-Offiziere an. Es konnte aber nicht nachgewiesen werden, daß die Schießübungen mit der Panzerfaust
vor
dem Anschlag auf Kroesen stattgefunden hatten und nicht hinterher, wie die Beschuldigten behaupteten. Die Übung, so erklärten sie, sei auf Verlangen der Abteilung Personenschutz des MfS durchgeführt worden. Man habe den Ablauf des Anschlags nur rekonstruieren wollen.
Ein Schäferhund war bei dem Probeschießen als Double für den US -General auf die Rückbank gesetzt worden. Nach dem Schuß mit der Panzerfaust war der Hund verletzt und wurde mit einer Pistolenkugel von seinen Leiden erlöst. Die Stasi-Offiziere wurden von der Anklage wegen Beihilfe zum versuchten Mord freigesprochen.
Während sich die Aussteiger im real existierenden Sozialismus einlebten, veröffentlichte die RAF im Mai 1982 zum ersten Mal seit dem von Ulrike Meinhof 1972 verfaßten »Konzept Stadtguerilla« ein Strategiepapier. Es trug den Titel »Guerilla, Widerstand und antiimperialistische Front«. Darin hieß es: »Wir haben 1977 Fehler gemacht, und die Offensive wurde unsere härteste Niederlage.«
Die Entführung des Lufthansa-Flugzeugs »Landshut« durch verbündete Palästinenser wurde kritisiert, aber die RAF sei »stärker als vorher« aus dem Herbst 1977 hervorgegangen. Es gehe nun darum, »einen neuen Abschnitt in der revolutionären Strategie im imperialistischen Zentrum zu entfalten«.
Was damit gemeint war, wurde schnell klar – blanker Mord.
Februar 1985 : Sprengstoffanschlag auf den MTU -Chef Ernst Zimmermann; Zimmermann erlitt tödliche Verletzungen.
August 1985 : Ermordung des US -Soldaten Edward Pimental, um an seinen Zugangsausweis zur US -Basis Frankfurt zu kommen; zwei Tote bei dem folgenden Sprengstoffanschlag.
Juli 1986 : Sprengstoffanschlag auf den Siemens-Manager Kurt Beckurts; Beckurts und sein Fahrer Eckhard Groppler kamen dabei ums Leben.
Oktober 1986 : Ermordung des Ministerialdirektors im Auswärtigen Amt Gerold von Braunmühl.
November 1989 : Tödlicher Sprengstoffanschlag auf den Chef der Deutschen Bank Alfred Herrhausen. Sein Fahrer wurde verletzt.
April 1991 : Ermordung des Treuhand-Chefs Detlev Karsten Rohwedder. Seine Ehefrau wurde verletzt. Aller Wahrscheinlichkeit nach war auch dies eine Aktion der RAF , obwohl es dafür bis heute keine eindeutigen Beweise gibt.
Im Juni 1993 schließlich gelang es dem Verfassungsschutz, einen Spitzel an die neue Führung der RAF heranzuführen. Die Doppelspitze bestand zu diesem Zeitpunkt aus Birgit Hogefeld und Wolfgang Grams. In Bad Kleinen sollten die beiden von einer
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