Der Barbar aus den Highlands
Tages – am Sankt Nimmerleinstag vielleicht? Ich weiß, wovon ich rede, mein Lieber. Jetzt hör endlich auf, dich aufzuregen, und lass mich ausreden. Wenn du meine Nichte heiratest, bist du der zukünftige Laird von Glascreag. Ich würde dich zu meinem Erben machen, und keiner meiner Männer würde etwas dagegen haben. Und besser noch – auf Malcolm würde keiner hören, wenn der sich beschweren würde. Cecily ist meine engste Blutsverwandte, und du stehst mir im Verwandtschaftsgrad beinahe so nah wie Malcolm. Kurzum – wenn du das Mädchen heiratest, gehört Glascreag eines Tages dir.«
Artan trat ins Zimmer und schloss langsam die Tür hinter sich. Angus bot ihm etwas an, was er sich nie hätte träumen lassen – die Chance, Laird zu sein und eigenes Land zu besitzen. Als Zweitgeborener hatte seine Zukunft immer hinter der von Lucas rangiert, in Donncoill würde er nur Laird werden können, wenn Lucas etwas zustieße, und darüber wollte er lieber erst gar nicht nachdenken. Bislang hatte es immer nur eine einzige Möglichkeit gegeben, diese Zukunft zu verändern – eine Frau zu heiraten, die Land als Mitgift in die Ehe brachte.
Und genau das bot ihm Angus jetzt an. Artan spürte, wie die Versuchung an ihm nagte. Wenn er Cecily heiratete, würde er Glascreag erben, einen Ort, der ihm zur zweiten Heimat geworden war. Jeder, der nicht vollkommen schwachsinnig war, würde diese Gelegenheit sofort beim Schopf packen. Doch trotz der starken Versuchung zögerte er. Warum tat er das?
Weil er eine Ehe schließen wollte, wie sie seine Eltern führten und auch seine Großeltern und ein Großteil seines Clans, ging ihm auf. Er wollte eine Ehe, bei der er seine Frau selbst ausgesucht hatte, eine leidenschaftliche Ehe, eine Verbindung, die ein Leben lang hielt. Wenn Ländereien, Geld oder Bündnisse ein Paar aneinanderbanden, waren die Chancen auf eine glückliche Ehe deutlich verringert. Zu dieser Schlussfolgerung war er gelangt, nachdem ihm bereits viel zu viele unglückliche Gemahlinnen ihre Gunst angeboten hatten. Hätte die Vorstellung eines Ehebruchs ihn nicht so sehr gestört, wäre er mittlerweile ein äußerst erfahrener Liebhaber, dachte er und wehrte sich nach Kräften gegen das leichte Bedauern, das sich bei diesem Gedanken in ihm regte. Seiner Gemahlin wollte er es ersparen, zu einer solchen Frau zu werden, und er selbst wollte nicht zu einem Mann werden, dem die Bindung zu seiner Gemahlin so wenig bedeutete, dass er sein Ehegelübde immer wieder brach. Oder schlimmer noch, der in einer Ehe ohne Liebe und Leidenschaft feststeckte und bei keiner anderen Frau suchen konnte, was ihm fehlte, weil ihm durch seine Überzeugung die Hände gebunden waren.
Er sah Angus an, der mit kaum verhohlener Ungeduld auf seine Antwort wartete. Er konnte nicht einwilligen, eine Frau zu heiraten, die er nicht kannte, egal wie verlockend ihre Mitgift war; doch er konnte Angus wenigstens versprechen, darüber nachzudenken. Er konnte die Frau aufsuchen und die Entscheidung, sie zu heiraten, fällen, wenn er sie gesehen hatte. Auf dem gemeinsamen Rückweg nach Glascreag würde er genügend Zeit haben, sie kennenzulernen und herauszufinden, ob sie die Frau war, mit der er den Rest seines Lebens verbringen wollte.
Doch dann fiel ihm wieder ein, wo sie lebte und wie lange sie dort schon gelebt hatte.
»Sie kommt aus den Lowlands.«
»Sie ist eine MacReith«, fauchte Angus.
Der Alte wirkte wieder ziemlich selbstgefällig, und das nicht ohne Grund; denn wahrscheinlich bekam er seinen Willen, dachte Artan. In vielerlei Hinsicht wollte er es ja selbst. Alles hing davon ab, wie diese Frau war.
»Cecily«, murmelte er. »Klingt wie ein englischer Name.« Er musste lächeln, als Angus ihn grimmig anstarrte und seine blassen Wangen sich zornesrot färbten.
»Es ist kein englischer Name! Es ist der Name einer Märtyrerin, du elender Heide, und das weißt auch du ganz genau. Meine Schwester war sehr fromm. Ich habe das Mädchen immer Sile genannt – so heißt die Heilige auf Gälisch.«
»Weil du findest, dass Cecily zu englisch klingt.« Artan überhörte den zögernden Widerspruch. »Wann hast du das Mädchen zum letzten Mal gesehen?«
»Vor langer Zeit war ihr Vater mit ihr und ihrem kleinen Bruder hier, bevor er und der Junge gestorben sind.«
»Wie sind sie denn gestorben?«
»Sie wurden auf der Rückreise überfallen und ermordet. Es waren wohl Räuber. Das arme kleine Mädchen hat alles gesehen. Die alte Meg, ihre Kinderfrau,
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