Der Bastard und die Lady
„Noch eine Nacht, Chelsea, dann bekommst du auf dem Rückweg nach Blackthorn die Kutsche und die besten Gasthäuser. Ich verspreche es dir. Dein Bruder ist zu nahe.“
„Er roch nach Pfefferminz“, sagte Chelsea leise und durchlebte diese schrecklichen Augenblicke im Foyer des White Swan noch einmal. „Früher hat er immer nach Pfefferminz gerochen, dann aber lange nicht mehr. Ich hatte es fast vergessen. Er glaubte, es würde den Alkoholgeruch überdecken. Glaubst du, ich habe ihn in die Trunksucht getrieben? Wie auch immer, ich dachte, ich müsste mich auf seine Schuhe übergeben. Madelyn war auch da, weißt du? Sie hat gelacht, als Thomas sich umdrehte und wie von Höllenhunden gehetzt aus dem Foyer rannte.“
„Das hätte ich gern gesehen“, sagte Puck. „Meinst du, das bedeutet, dass sie nicht, wie es Sitte ist, die Nacht vor der letzten Etappe in Gateshead verbringen?“
„Davon müssen wir wohl ausgehen, und das verdanken wir dem Gerede von Pest und Mumps in der Umgebung.“
„Oh. Das hatten wir nicht bedacht, nicht wahr, Chelsea? Tut mir leid.“
„Schon gut. Solange wir einen großen Vorsprung vor ihnen haben. Trotzdem gibt es noch einen anderen Grund dafür, dass Chelsea und ich weiterreiten müssen. Breans Kutsche hält sich höchstwahrscheinlich an die Hauptstraßen, und diese Straßen werden, je näher wir der Grenze kommen, von Kutschen verstopft sein. Aber immerhin reisen sie nicht mit frischen Pferden. Schon vergessen?“
Chelsea lächelte. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass du sämtliche Kutschpferde in der Stadt gemietet hast.“
„Eine großartige Geste, Beau, auf die ich aber für den Rest des Wegs verzichten werde, nachdem ich bereits gehört habe, wie ein wütender Gentleman den doppelten Mietpreis für ein frisches Gespann bot, um seine Mutter – ausgerechnet! – einholen zu können. Offenbar sind die Frau und der Butler zusammen durchgebrannt. Brean wird es vermutlich genauso machen. Das einzige, was du mit dem Fehleinsatz deines Geldbeutels ausgerichtet hast, ist, die Stallbesitzer in Gateshead sehr glücklich zu machen.“
„Oliver! Hast du das denn nicht bedacht?“
„Ehrlich gesagt, nein. Seinerzeit erschien die Idee mir genial.“
„Seinerzeit“, sagte Puck und schauderte leicht unter irgendeiner Erinnerung, „dachte ich, eine lavendelfarbene Weste stünde mir gut. Wir machen wohl alle Fehler.“
Chelsea nickte. „Ich habe nicht an Luftlöcher gedacht, als wir Beau in den Sarg gelegt haben. Lavendelfarben, Puck? Tatsächlich? Hat Oliver dir je von seiner Weste vor ein paar Jahren erzählt? Sie war gestreift und schien tatsächlich zu leuchten . Und seine Jacke war so eng, sein Kragen so hoch, dass er auch den mit Luftlöchern hätte versehen sollen.“
„Wir alle haben Brummell für seinen gemäßigteren Modegeschmack zu danken“, sagte Puck. „Weißt du, Beau, ich habe ihn in Calais gesehen. Er entwickelt sich rasant zu einer Sehenswürdigkeit. Traurig, traurig. Wir machen Besuch, wir legen diskret einen Geldbeutel irgendwo ab, wo er ihn findet, und dann gehen wir wieder. Seitdem gehe ich vorsichtiger mit meiner Unterstützung um. Schulden sind eine schreckliche Sache.“
„Und doch bist du es zufrieden, deinen Lebensunterhalt mit dem Geld zu bestreiten, das dein Vater dir gibt?“, fragte Chelsea ohne zu überlegen. „Oh, entschuldige. Das geht mich nichts an, nicht wahr?“
„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Chelsea“, sagte Puck, ohne zu zögern. „Ich weiß, dass Beau sämtliche Besitztümer unseres Vaters verwaltet und damit sein Einkommen verdient und dass Jack sich weigert, auch nur einen Penny von ihm anzunehmen. Ich schätze, es ist höchste Zeit für mich, ihrem Beispiel zu folgen. In der Tat habe ich meine Unterstützung gegen einen von Papas kleineren Besitzen eingetauscht, den er mir, wie er sagte, sowieso hatte geben wollen. Als Buße für meine Sünden bin ich jetzt ein Landbesitzer, der nicht die geringste Ahnung von seiner Arbeit hat.“
„Es klappt mit deinem Einsatz oder ohne ihn, wie ich festgestellt habe, solange du gute Verwalter hast. Und dafür habe ich in den vergangenen Jahren gesorgt“, erklärte Beau. „Geh zurück nach Paris, Puck, bringe zu Ende, was immer du dort zu tun zu haben glaubst, und komme wie versprochen im Frühling zurück. Während deiner Abwesenheit kümmere ich mich um deinen Besitz. Das ist das Mindeste, was ich zum Dank für dich tun kann.“
„Aber zuerst musst du an unserer
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