Der Bastard und die Lady
Mutter.“
„Ist das nicht schön? Denn Zuhören ist das, was ich am besten kann, sagen alle. Fangen wir mit Master Beau an …“
8. KAPITEL
B eau wartete am folgenden Morgen am Fuß der breiten, geschwungenen Treppe, als Chelsea herunterkam. Er hatte dort schon eine gute halbe Stunde zuvor Posten bezogen, nachdem er gesehen hatte, dass Edith das Schlafzimmer betreten hatte, dasselbe rubinrote Reitkleid über dem Arm, das er schon seit zwei Tagen sah, allerdings sauber gebürstet und gebügelt.
Während er in der Eingangshalle wartete, den fragenden Blicken der Diener auswich und eine Lässigkeit vortäuschte, die er nicht verspürte, überlegte er, was im Hinblick auf Chelseas Garderobe zu tun wäre. Oder vielmehr im Hinblick auf die fehlende Garderobe.
Die Tasche, mit der sie am Grosvenor Square angekommen war, war nicht sonderlich groß, deshalb vermutete er mit einiger Sicherheit, dass ihre Zofe nur das Allernotwendigste eingepackt hatte, was wahrscheinlich kein Kleid, keinen Umhang und auch keine Schuhe einschloss, abgesehen von diesen spitzen Stiefeln, die am Vorabend so effektvoll zum Einsatz gekommen waren. Der blaue Fleck an seinem Schienbein war der Beweis dafür.
Also hatte er jetzt nicht nur unverhofft eine Verlobte, sondern obendrein noch eine Verlobte mit einer erbärmlich mageren Ausstattung. Man konnte sogar sagen, dass sie mit nicht mehr als den Kleidern, die sie am Leibe trug, zu ihm gekommen war.
Sidney war früh am Morgen mit drei Koffern eingetroffen, die Beaus eigene teure Garderobe enthielten. Diese Koffer und sein Kammerdiener konnten aufgrund des Tempos, das sie halten mussten, der Nebenstraßen, die sie zu nehmen gezwungen waren, und der minderwertigen Gasthäuser, in denen sie unterwegs pausieren würden, freilich nicht mit ihm nach Schottland reisen.
Während Beau und Chelsea den Weg zu Pferde zurücklegten, würde Sidney mit der Reisekutsche und diesen drei Koffern folgen. Beau wollte verflucht sein, wenn er nach vollbrachter Tat den ganzen Weg zurück nach London auf Komfort verzichten würde.
Drei große Koffer. Eine kleine, überstürzt gepackte Tasche, Gott allein wusste, was sie enthielt. Dieses eine dunkelrote Reitkleid, Tag für Tag.
Nein. Das war nicht möglich. Und nicht fair. Nicht einmal praktisch. Aber was sollte er tun?
„Andererseits, wer schreckt vor einem kleinen Einkaufsbummel zurück, während er, einen wutschnaubenden Bruder auf den Fersen, durchbrennt, um zu heiraten?“, fragte er sich leise.
„Master Beau? Wünschen Sie etwas?“
„Nein, John, danke“, sagte er zu dem Diener. „Ich habe nur nach meinem Gewissen geforscht.“ Er blickte die Treppe hinauf und erkannte, dass Chelsea wissen würde, dass er hier herumlungerte und auf sie wartete. Schon wollte er dem Salon zustreben, als sie plötzlich auf der Galerie auftauchte. „Ah, und da kommt es schon.“
John blickte die Treppe hinauf, zuckte die Schultern und wandte sich wieder seinen Dieneraufgaben zu, worin auch immer die bestehen mochten, wenn man in einem prächtigen Herrenhaus in der Eingangshalle saß und keine Gäste erwartete.
„Guten Morgen, Chelsea“, sagte Beau und streckte ihr die Hand entgegen, als sie sich dem Fuß der Treppe näherte. „Sie sehen so … vertraut aus.“ Doch dann entdeckte er die weiße Blüte an ihrer Jacke, und seine Lust, sie zu ärgern, verflüchtigte sich abrupt. Die Blume passte zu der in seinem Knopfloch.
„Ist seine Lordschaft schon unten?“, fragte sie, ignorierte seine Hand und wandte sich zielstrebig in die Richtung des Frühstückszimmers. Vermutlich hatte Edith sie aufgeklärt, aber trotzdem sah sie aus, als wüsste sie stets und ständig, wohin sie wollte, und sie ging ihrer Wege mit viel Elan. „Ich möchte ihm mein Beileid zu seinem Verlust aussprechen und ihm für seine Gastfreundlichkeit danken.“
Vor die Wahl gestellt, ihr wie ein Hündchen nachzulaufen oder ihr seine Antwort hinterherzurufen, entschied Beau sich, ihr zu folgen, und erwiderte: „Mein Vater ist drüben im Häuschen und wartet auf die Ankunft meiner Mutter. Aber Puck hält sich im Frühstückszimmer auf, dort habe ich ihn zumindest zuletzt gesehen, und verschlingt Eier. Wohin wollen Sie jetzt?“, fragte er, als sie den Weg in die entgegengesetzte Richtung zum Frühstückszimmer einschlug.
Denn er bezweifelte stark, dass sie sich verirrt hatte. Lady Chelsea Mills-Beckman wusste offenbar immer sehr genau, was sie tat, oder glaubte es wenigstens in dem Moment zu
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