Der Bastard von Tolosa / Roman
Quartiere der Bediensteten durchsucht, die Küchen und alle Vorratslager.«
»Wer ist noch da drin?«, fragte Hamid und deutete mit dem Kopf auf Barbaras Badehaus.
»Pilet, Guilhem und ein paar andere.«
Sein Mund verzog sich verächtlich. »Die alten Zechbrüder, was?« Er befahl Severin barsch, Guilhem rauszuholen, gleichwohl in welchem Zustand. Was war mit Hamid los? Doch im Augenblick zählte nur Adela.
»Da ist die Stute, die sie abgöttisch liebt. Vielleicht wollte sie nach ihr sehen und ist nachher eingeschlafen.«
Es durfte nicht wahr sein, dachte ich. Nicht auch noch Adela! Die verdammte Hexe im Bekaatal. Konnte ich diesen Fluch nicht abschütteln?
»Die Stute ist nicht im Stall«, sagte Arnaud und warf einen hilfesuchenden Blick in Hamids Richtung. Der aber schwieg grimmig. Sie verheimlichten mir etwas,
putan!
»Sie wäre doch nicht ungesehen an den Wachen vorbeigekommen. Nicht zu Pferd. Was wollt ihr mir sagen, verflucht!«
Arnaud ließ den Kopf hängen. »Es tut mir leid, Jaufré, aber sie hat die Festung verlassen, und zwar allein. Und die Dummköpfe am Tor haben sie weder aufgehalten noch Alarm geschlagen.«
Einige wild pochende Herzschläge lang war ich wie vor den Kopf gestoßen und brachte keinen Ton hervor. Das ergab alles keinen Sinn. War ich wirklich wach, oder befand ich mich in einem Alptraum?
»Allein?«, stammelte ich. »Das würde sie doch nie tun! Wo sollte sie denn hin wollen? Es ist zu gefährlich da draußen.«
Der Gedanke, Adela hätte nachts allein die Burg verlassen, kam mir so aberwitzig vor, dass ich immer noch nach anderen Möglichkeiten suchte.
Und dann überstürzte sich alles in meinem Hirn, und die wildesten Vorstellungen wirbelten mir im Kopf herum. Adela da draußen, wo Seldschuken,
Haschischin
oder Lösegeldjäger ihr Unwesen trieben. Oder irgendein Muslim, der uns Latiner hasste. Mir wurde ganz übel, denn es war kein Geheimnis, dass man hohe Preise für junge, hübsche Mädchen zahlte, die dann im
haeraem
eines fetten Emirs für immer verschwanden. Und natürlich gab es miese Kerle, die ihren Spaß mit Kindern trieben. All das schoss mir in Windeseile durch den Kopf. Herrgott im Himmel! Mir wurde schwindelig.
Wir mussten sie suchen, überall nach ihr fragen. Hamid hatte recht. Wer weiß, wen man da antreffen mochte, es war besser, gewappnet zu sein. Ich beeilte mich mit den Schnüren des dicken Lederwamses und trieb Alexis an, mir den Kettenpanzer überzustreifen. Wie konnte das Kind nur so leichtsinnig sein?
»Vielleicht wollte sie den Sonnenaufgang sehen«, murmelte ich, »am Meer oder in den Hügeln. Oder sie ist im Palast des Grafen. Er hat eine Tochter in ihrem Alter.« Mir war
Domna
Elenas Einladung in den Sinn gekommen, Adela bei sich aufzunehmen. »Dort muss sie sein. Die Gräfin hat vielleicht eine Nachricht gesandt und Adela eingeladen.«
»Mitten in der Nacht, Jaufré?« Hamids kurze Entgegnung zeigte mir, wie abwegig der Gedanken war.
»Was weiß ich, was Kindern so in den Kopf kommt«, erwiderte ich lahm.
Die Tür zu Barbaras Haus wurde aufgestoßen, und Guilhem stolperte halb angekleidet und grässlich fluchend ins Freie, gefolgt von Severin, der ihn vor sich herschob und weitere Kleidungsstücke sowie Guilhems Schwert dabeihatte. Die Hunde begrüßten Guilhem freudig und rochen an seinen nackten Beinen. Der zog sich die Stiefel an und wollte wissen, was, zum Teufel, los sei. Dann stellte er sich an die Hauswand und pisste ausgiebig, während Arnaud ihm alles erklärte.
Ich stülpte mir den schweren Normannenhelm mit dem langen Nasenschutz über den Kopf und zog die gepanzerten Handschuhe über. In der Gasse hatten sich Fensterläden geöffnet, aus denen neugierige Gesichter gafften. Guilhem schrie nach seiner Ausrüstung, die Alexis auf dem zusätzlichen Gaul hatte, aber Hamid befahl ihm ungeduldig, endlich aufzusitzen. Wappnen könne er sich später. Ghalib riss unruhig den Kopf hoch. Alexis musste ihn aus der Schenke geholt haben. Ich packte den Zügel und hievte mich in den Sattel.
»Kommt. Zum Palast des Grafen.«
Sie folgten mir den kurzen Weg, und wir befragten sowohl die Wachen am Stadttor als auch die am Palast. Ich beschrieb Adela, so gut es ging. Arnaud konnte sich an ihre Kleider erinnern, die sie am Tag zuvor getragen hatte. Es beschämte mich, dass Arnaud dies besser wusste als ich, ihr leiblicher Vater. Doch niemand schien sie gesehen zu haben.
Guilhem hatte sich indessen in volle Rüstung geworfen.
»Wir verlieren nur
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