Der Bastard von Tolosa / Roman
abnahmen und das Lederwams aufschnitten. Aber sie kannten ihr Geschäft, und bald lag er vom Panzer befreit in schweiß- und blutdurchtränktem Hemd auf dem Bett. Mühsam röchelnd ging sein Atem. Man hatte ihm Kissen in den Rücken gestopft, so dass er halb aufrecht lag. Er versuchte zu lächeln.
»He, ihr hässlichen Bastarde! So erwischt es einen.« In seiner Brust hörte man es bei jedem mühsamen Atemzug leise rumpeln und gurgeln.
»Sobald der Pfeil raus ist, wirst du wieder ganz der Alte«, versuchte Guilhem, ihm Mut zu machen.
Doch Pilet schüttelte den Kopf. »Den kriegt keiner mehr raus. Sitzt zu tief in der Lunge«, flüsterte er. »Ich werde am eigenen Blut ersaufen.«
Solche Wunden hatten wir zur Genüge gesehen, um zu wissen, dass er recht hatte. Die Mönche flößten ihm etwas Wein ein, wuschen ihm den Schweiß ab und legten ihm ein feuchtes Tuch auf die fiebernde Stirn. Er hielt die Augen geschlossen, aber sein Atem rasselte und pfiff wie ein alter Blasebalg. Einmal hustete er und spuckte einen Schwall von Blut. Wir fürchteten, ihn ersticken zu sehen, doch er beruhigte sich wieder und lehnte ermattet den Kopf zurück.
»Guilhem!«, flüsterte er heiser. Guilhem nahm Raimons große Pranke in die Hände und beugte sich vor. »Ich bin hier, Raimon.«
»Und Hamid, du ungläubiger Teufel!«, grinste er. »Wisst ihr noch, wie wir den in Tortosa aufgelesen haben?«
»Ohne dich säße ich noch auf der Galeere«, erwiderte Hamid und drückte seine Hand.
Raimons Blick schweifte weiter in der Runde. »Arnaud, du Normannenbastard. Du hast mir dreimal das Leben gerettet.«
»Da siehst du, was geschieht, wenn ich nicht da bin, um dir den Hintern zu putzen«, antwortete Arnaud.
Pilet musste lachen, hustete aber gleich wieder. »Keine Witze bitte«, röchelte er schwach.
Über Guilhems hartes Kriegergesicht rannen Tränen. »Halt den Schnabel, Raimon, und rede nicht so viel.«
Als Pilet mühsam versuchte, sich höher zu setzen, stopfte ich ihm noch ein Kissen in den Rücken.
»Vor Jerusalem haben wir es allen gezeigt, was Jaufré?«
Ich nickte. »Das haben wir, Raimon.«
»Weißt du noch, der verdammte Turm?«
Wie könnte ich es jemals vergessen? Außer verkrüppelten Olivenbäumen hatte es weit und breit kein Holz zu fällen gegeben. Hätten wir nicht zufällig in einer Höhle lange Stämme gefunden, die der Feind vor uns versteckt hatte, so hätte es auch für die zwei armseligen Belagerungstürme nicht gereicht. Godefrois Männer bauten den ihren in der Nähe der Kirche des Heiligen Stefans, wir Provenzalen standen mit unserem an der Südmauer bereit. Die Schwierigkeit war, den Turm nah genug an die Mauer zu rollen. Dazu musste der Festungsgraben mit Steinen gefüllt werden. Immer dem Feindbeschuss ausgesetzt, hatten die Männer drei Tage lang mühselig den Graben zugeschüttet und einen Weg geebnet, auf dem die riesigen Räder des Turms zur Mauer rollen konnten. Es war erschreckend, wie viele dabei unter dem Hagel der Pfeile gefallen waren. Kaum hatten wir das Ungetüm mühsam an die richtige Stelle geschoben, als sie den Turm mit Brandpfeilen belegten. Alles wieder zurück und löschen. Schwere Lederschürzen nagelten wir an die Vorderseite und tränkten sie mit Wasser, bevor wir es erneut versuchten. Die Sturmmannschaften waren schon in den Turm geklettert, als er am unteren Ende wieder zu brennen begann. Ich erinnerte mich an diese grauenvollen Augenblicke. Männer fielen unter den Pfeilen wie die Fliegen. Die Kette der Wasserträger kam nicht schnell genug nach, und uns oben im Turm schien der Flammentod sicher. Bis einer schrie:
Pisst auf das Feuer!
»Alle holten ihre Schwänze raus, aber bei dir kam kein einziger Tropfen«, flüsterte er fast erstickt vor Mühe, nicht zu lachen. »Deiner war so trocken wie die Möse einer toten Äbtissin.«
Tränen liefen ihm die Wangen herunter, und auch ich konnte einen Lachanfall nur mit Mühe unterdrücken. Er hustete wieder Blut, und nachdem der Anfall vorüber war, rasselte es noch lauter in seiner Brust.
Wir wagten nicht mehr zu sprechen. Die Stille wurde nur durch dieses schreckliche Blubbern und Pfeifen seines Atems unterbrochen. Wir starrten auf die bleichen Wangen unseres Freundes. Ein Mönch erschien, um ihm die letzten Sakramente zu geben. Pilet hielt die Augen fest geschlossen und tat, als nehme er den Mönch nicht zur Kenntnis. Nur seine Hand hielt die meine umklammert, und ab und zu drückte er sie.
»Was ist, Raimon?«
Er blinzelte aus
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