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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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schweißgebadet auf, mit Bildern im Kopf, die ich nicht einmal meinen schlimmsten Feinden wünsche. Vor Tagen ist meine Frau erschlagen worden. Und meiner Tochter kann ich nur ein Soldatenleben in einer grimmen Festung bieten.« Ich holte tief Luft. »Ich will das nicht mehr. Besonders gestern, an Pilets Grab, da ist es mir so richtig klargeworden. Einmal muss Schluss sein!«
    Bertran hatte sich mit verschränkten Armen vor mir aufgestellt und sah mich nachdenklich an. »Ich verstehe«, brummte er. »Du bist ausgelaugt. Kampfesmüde. Geht wohl den Besten so, hab ich mir sagen lassen.«
    »Ja. Vielleicht bin ich das. Aber wie dem auch sei. Meint Ihr nicht, ich hätte genug für die Grafen von Tolosa getan? Meint Ihr, nach vierzehn Jahren hätte ich nicht das Recht erworben, meine Ländereien wiederzusehen und mich um meine Familie zu kümmern?«
    Ich biss mir betreten auf die Lippen. War ich zu weit gegangen? Bertran hatte seine Wanderung wieder aufgenommen.
    »Was willst du?«, fragte er über die Schulter. »Vielleicht mehr Land? Willst du mein Heermeister werden? Was kann ich dir bieten?«
    »Ich will nichts. Nur heimkehren«, sagte ich leise und fügte dann mit Bestimmtheit hinzu: »Für mich ist dieser Krieg zu Ende, Herr.«
    Bertran starrte mich schweigend, aber äußerst gereizt an.
    »Ihr wisst es nicht, aber ich habe einen halbwüchsigen Sohn in der Corbieras«, fügte ich noch hinzu. »Ich habe mich entschlossen, ihn nicht länger zu vernachlässigen. Es tut mir leid,
Coms,
ich hatte gehofft, Ihr versteht.«
    In diesem Augenblick nahm das Gespräch eine völlig andere Wendung. Bertran sah mich noch eine Weile prüfend an, dann ließ er sich auf seinen Stuhl fallen und seufzte entmutigt, als müsse er sich in das Unvermeidliche schicken.
    »Ein Sohn, sagst du? Das wusste ich nicht.«
    Er schaute zum Fenster hinaus und sprach dann tonlos: »Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man dem eigenen Vater gleichgültig ist. Wenn man sich danach sehnt, überhaupt einmal beachtet zu werden. Ja, das weiß ich nur zu gut.«
    Er läutete eine Handglocke nach seinem Diener und bestellte Erfrischungen für uns. Das hieß Wein für ihn. Ich verlangte nur Wasser. »Du trinkst nicht?«
    »Ich habe genug getrunken, ebenso wie ich genug gemordet habe.« Ich war immer noch erregt von meinem Ausbruch.
    »Mein Gott, das sind ja ganz neue Töne.«
    »Ich habe gelobt, mein Trinken zu mäßigen. Schon meiner Tochter wegen.«
    »Ein Gelübde auch noch, herrje. Als Nächstes wirst du mir eröffnen, dass du ins Kloster gehst, was?«
    Ich war erleichtert, dass ihn sein Sinn für Humor nicht verlassen hatte. Er nahm sich einen vollen Kelch, leerte ihn in einem Zug und knallte ihn dann hart auf den Tisch, dass man um das kostbare Stück fürchten musste.
    »Also schön. Ich kann dich nicht zurückhalten«, sagte er. »Im Gegenteil. Nun hat deine Familie Vorrang. Ich verstehe. Es passt mir nicht, aber ich verstehe es.«
    Nach einem zweiten Kelch fragte er, wer meiner Meinung nach meine Pflichten übernehmen sollte. Ich konnte es immer noch nicht fassen, wie sich das Gespräch so plötzlich zum Guten gewandelt hatte.
    »Arnaud natürlich. Da muss ich nicht nachdenken.«
    »Dieser ungeschlachte Bär von einem Wikinger?«
    Ich nickte.
    »Kannst du dich für ihn verbürgen?«
    »Er hat bei den Warägern gedient und ist ein ausgezeichneter Söldnerführer. Außerdem ist seine Frau aus Konstantinopel. Er wird Euch bestimmt nicht für die Normandie verlassen wollen.«
    »Gut, gut. Nach deinen Eröffnungen heute muss man ihm das als doppelten Verdienst anrechnen. Ich werde ihn in den Stand eines Edelmannes erheben. Das stärkt sein Ansehen bei den Männern. Dir ist hoffentlich klar, dass deine Ländereien hier in Tripolis an ihn gehen.«
    Ich hatte nichts anderes erwartet. Mit der Vergabe der neuen Lehen hier in Outremer musste sich Bertran seine Gefolgschaft unter den Adligen sichern. Und diese Gefolgschaft aufzukündigen, war ich ja gerade im Begriff.
    »Dann ist das geregelt.« Bertrans natürliche gute Laune schien zurückzukehren, denn nun lächelte er mich spöttisch an. »Und was wirst du dann auf deinem Gut in der Corbieras den ganzen Tag anfangen? Trüffelschweine züchten? Du hast doch nicht etwa vor, dich aufs Altenteil zurückzuziehen, oder?«
    »Schweine nicht, aber Pferde. Und mich um den Besitz kümmern. Jetzt, da ich mehr von Belagerung und Festungsbau verstehe, will ich ein paar Änderungen an der Burg vornehmen.«
    Ich schwieg,

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