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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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dir diesmal eine Heidenhure zugelegt?«, giftete er mich an.
    Mir schoss das Blut ins Gesicht, und ich sprang auf. Nun war es genug. Ich schritt eilig zur schweren Tür des Empfangssaals und riss sie auf.
    »Komm zurück, verdammter Narr!«, schrie Odo hinter mir her.
    Draußen lag das prachtvoll ausgestattete Vorzimmer. Dort warteten Hamid und Adela auf einer Bank. Alexis und Cortesa hatten wir in der Herberge zurückgelassen, um unsere Habe zu bewachen. Ich gab Hamid ein Zeichen, sich zu gedulden, winkte Adela zu mir und führte sie, nachdem ich die Tür hinter uns wieder geschlossen hatte, vor diesen zänkischen, alten Mann. Ich stellte mich hinter sie mit den Händen auf ihren schmalen Schultern.
    »Dies«, sagte ich in scharfem Ton, »ist meine Tochter.«
    Odo schien nicht sonderlich überrascht, aber kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Trotz Seereise war es Cortesa gelungen, unsere Kleider einigermaßen sauber zu halten. Adela hatte sich für die Gelegenheit herausgeputzt. Sie trug eine lange naturfarbene Leinentunika mit einem weinroten, seidenen
sobrecot
darüber, von einem buntbestickten Gürtel gehalten, dazu die dunklen Haare zu Zöpfen geflochten und um den Kopf gesteckt. Außerdem war sie von der Seereise braun gebrannt und in blendender Gesundheit. Neugierig beugte sich der Alte vor und musterte sie aufmerksam.
    »Spricht sie unsere Sprache?«, wollte er wissen.
    »Certas!«,
erwiderte Adela fröhlich und unbefangen, bevor ich selbst etwas sagen konnte. »Warum, um Himmels willen, nicht?« Sie blickte Odo neugierig an.
    Der konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen und vermerkte dann in meine Richtung: »Schüchtern scheint sie nicht zu sein, dein Töchterlein.« Er winkte sie näher heran und fasste sie bei der Hand.
    »Wie heißt du, mein Kind?«
    »Adela, Herr.«
    »Man sagt
Mossenher l’Avesque
zu einem Bischof.«
    Sie machte artig einen Knicks. »Ich will es mir merken,
Mossenher.
«
    »Aber du darfst mich Onkel nennen. Das ist mir lieber.«
    Er begutachtete sie eingängig. Dann strich er ihr mit einer zittrigen Hand sanft über die Wange und lächelte. »Du bist unverkennbar die Tochter deines Vaters. Obwohl wesentlich hübscher, das muss ich schon sagen.«
    Adela errötete über das Lob. Plötzlich beugte sie sich vor und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Odo fuhr in gespieltem Schreck zurück und fasste sich an die geküsste Stelle.
    »Oje!«, rief er. Dann beugte er sich vor und flüsterte ihr zu: »Es ist so lange her, dass mich eine schöne Frau geküsst hat.«
    Nun wollten sich beide biegen vor Lachen, und Adela umarmte ihn in ihrer überschwenglichen Art. Ich war überrascht, wie schnell sich die Stimmung gewandelt hatte. Er hat es noch nicht verlernt, dachte ich. Er konnte immer noch Menschen verführen, wenn ihm der Sinn danach stand. Doch dann machte er den Fehler, sich nach ihrer Mutter zu erkundigen. Adelas Augen füllten sich sofort mit Tränen, und Odo fuhr erschrocken zu mir herum. Mit einem ernsten Nicken bestätigte ich seine stumme Frage.
    »Sie starb zwei Wochen vor dem Osterfest.«
    Die näheren Umstände von Nouras Tod wollte ich nicht erklären, nicht vor Adela. Ich erzählte ihm jedoch, dass Noura, aus einer armenischen Christenfamilie stammend, viele Jahre lang meine treue Frau gewesen war, wenn auch nicht von der Kirche gesegnet. Dennoch die einzige Frau, die ich als solche anerkennen könne. Dabei schwang Trotz in meiner Stimme mit.
    Wir schwiegen lange, während Odo mit geschlossenen Augen diese Kunde verdaute. Fast schien er zu schlafen. Was für seltsame Angewohnheiten alte Leute haben, dachte ich. Adela starrte auf den schönen, gewachsten Holzboden des Audienzsaals und begann, sich unruhig zu bewegen. Dann nickte Odo, öffnete wieder die Augen und fragte leise: »Ist diese Frau der Grund, warum du so lange fort warst.«
    »Ja.«
    »Über den Tod eines Menschen kann man nicht froh sein«, sagte er langsam. »Aber dass du mir heute diesen kleinen Engel gebracht hast, darüber muss man sehr glücklich sein.« Dabei strich er Adela über die Wange. Sie hob ihre noch feuchten Augen und lächelte zaghaft. »Sei willkommen in der Heimat deines Vaters, mein Kind.«
    »Vater hat versprochen, eine Kapelle zu bauen und der Heiligen Jungfrau zu weihen«, platzte sie plötzlich heraus.
    »Hat er das? Warum wohl, frage ich mich?«, erwiderte er und warf mir einen listigen Blick zu, während er ihre Hand tätschelte. »Hat er etwas getan, das Sühne

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