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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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freudiger Erwartung einer ruhigeren Zukunft entgegen. Ja, ich war zufrieden, Schild und Schwert an die Wand zu hängen, und schwor mir, nie wieder in den Krieg zu ziehen.
    Das Feuer war inzwischen heruntergebrannt, und ich bat Aimar, noch ein paar Scheite nachzulegen. »Am Ende hätten sie uns beinahe doch noch erwischt«, sagte ich und goss mir von dem Kräuterwein nach.
    »Wer?«, fragte Aimar. »Die Normannen?«
    »Schwachkopf!«, schalt ich ihn. »Die Seeräuber natürlich.«
    Zunächst war die Weiterfahrt nach Sardinien ohne Zwischenfälle verlaufen. Bei ruhiger See hatte ein steter Wind die Segel gefüllt. Alle an Bord waren guter Laune gewesen.
    »Um die Mittagszeit steuerten wir auf die Meerenge zwischen Sardinien und Korsika zu. Es war heiß geworden, der Wind hatte stark abgeflaut. Wir glitten langsam durch türkisfarbenes Wasser, das so durchsichtig war, dass man die Fische über dem Grund erkennen konnte. Da tauchte plötzlich hinter einem felsigen Kap eine schnelle Kriegsgaleere auf, die sofort auf uns zuhielt. Maurische Seeräuber. Ich sage dir, ein Fuchs im Hühnerstall hätte nicht für mehr Aufruhr sorgen können.«
    Fieberhaft wurden die Ruder ausgerannt, und die Seeleute legten sich verzweifelt in die Riemen, um aufs offene Meer nach Westen zu entkommen. Aber unseres war ein Segelschiff und keine Galeere. Trotz aller Mühen, Hamid und ich inbegriffen, brachten wir es nicht auf die nötige Geschwindigkeit, zumal der Wind nun ganz eingeschlafen war.
    »Die dumpfen Trommelschläge des Rudertaktes klangen wie die Herzschläge eines Rieseninsekts, das über die glatte See immer näher auf uns zukroch. Die Seeräuber johlten und schwenkten ihre Waffen.«
    Maistre
Bonifacio deutete aufgeregt auf eine dunkle Linie im Meer und schrie, es komme neuer Wind. Aber es war zu spät, denn vom Bug der Galeere flogen schon die Enterhaken und verkrallten sich in unserer Bordwand.
    Doch dann füllte ein Windstoß die müden Segel, und plötzlich flatterten und zerrten sie wie wild. Die Männer ließen die Riemen fahren, um zu den Leinen zu springen. Unser kleines Schiff warf sich gegen Leinen und Enterhaken, während wir wie besessen mit den Schwertern auf sie einhackten. Plötzlich war das Schiff frei und nahm so gewaltig Fahrt auf, dass wir gegenüber der Galeere schnell mehr als zwanzig Schritte gewonnen hatten. Dennoch, so hoch am Wind, wie wir segelten, konnten wir nicht die beste Fahrt machen, und die Galeere nahm erneut die Verfolgung auf und begann, sich wieder zu nähern und uns den Weg auf das offene Meer abzuschneiden.
    »Aber wie seid Ihr dann entkommen,
Senher?
« Aimar saß erregt vorgebeugt und folgte mit hochroten Wangen meiner Erzählung.
    »
Ben, mon gartz,
dieser verrückte Genuese warf sich mit einem Mal gegen das Ruder, und das Schiff drehte sofort nach Backbord, genau in die Fahrtrichtung der Galeere. Wir glaubten, unser letztes Stündlein habe geschlagen und der Rammsporn des Kriegsschiffs würde uns auf den Grund des Meeres schicken. Doch er steuerte noch schärfer nach Backbord, und mit Donnergetöse schlugen Baum und Segel über das Deck auf die andere Seite, wobei unser Boot fast zu kentern schien und die Reling für einen Augenblick unter der Gischt der Bugwelle verschwand. Ich weiß nicht, wie, aber wir vermieden den Sporn und im letzten Augenblick auch die fliegenden Ruderblätter und schossen nun in entgegengesetzter Richtung an der Seite des Kriegsschiffes entlang. Noch einmal donnerten unsere Segel auf die andere Bordseite hinüber, und dann schnitten wir unter dem Heck der Galeere hindurch in Richtung Meer und Freiheit. Der Wind hatte inzwischen aufgefrischt, und unser Boot machte jetzt gute Fahrt. Obwohl die Galeere anfänglich noch mithalten konnte, begannen ihre Ruderer zu ermüden, bis sie am Ende aufgaben.«
    »Gelobt sei der Herr, der Euch aus dieser Not errettet hat«, bemerkte Aimar noch ganz unter dem Eindruck meiner Erzählung.
    »Da hast du recht, mein Sohn. Es hätte nicht viel gefehlt, und wir wären auf dem Sklavenmarkt gelandet, wenn Gott uns nicht diesen Wind geschickt hätte«, lachte ich und trank einen Schluck Wein, um meine Kehle anzufeuchten. »Oder wenn Bonifacio nicht sein Nahen bemerkt hätte. Also merke dir, Aufmerksamkeit in kleinen Dingen kann oft den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen.«
    Eines Morgens, Tage später, stieg eine blasse Bergspitze über den Horizont. Dies waren jene hohen Berge, die wir
los Pireneus
nennen, was in der Sprache der

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