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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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verlangt?«
    Adela wurde verlegen. Sie wollte ungern von ihrer Flucht aus der Burg erzählen.
    »Es gibt viel zu berichten. Es muss nicht alles auf einmal sein.«
    Sie warf mir einen dankbaren Blick zu, und Odo ließ es dabei bewenden. Er fragte sie, ob sie Hunger habe, und bat sie, an der Klingel neben seinem Stuhl zu ziehen. Dem Diener, der herbeieilte, trug er auf, Kuchen und warme Milch mit Honig zu bringen. Bald langten beide zu, und Odo stellte Fragen über Tripolis, die Adela gern beantwortete. Sie schnatterte fröhlich über die große Stadt, die verhasste, hässliche Festung und unser schönes Landgut, wo sie oft über die Felder geritten war. Dann kamen ausführliche Berichte über ihre geliebte Stute. Odo stellte einfühlsame Fragen und war ein guter Zuhörer. Ich war erstaunt, wie vertraut sie miteinander umgingen.
    Schließlich stellte ich die Frage, die schon lange an mir nagte. »Wie stehen die Dinge auf Rocafort?«
    Odo schien einen Augenblick lang verunsichert zu sein. Er deutete mit dem Kopf in Adelas Richtung. »Weiß sie von …?«
    Ich nickte. »Wir haben über alles gesprochen.«
    »Gut«, sagte Odo. »Das ist gut.«
    »Wie geht es Berta?« Endlich war die Frage raus.
    Er schniefte durch die Nase und lächelte dünn.
    »Berta redet nicht mit mir.« Er seufzte. »Sie hat genau so einen Dickschädel wie du. Es scheint, ich habe alles falsch gemacht mit euch beiden.«
    Nun tätschelte er abermals Adelas Wange. »Sie sind so hart und unnachgiebig, diese jungen Leute. Und sie wissen alles besser. Ich hoffe, du hast mehr Verständnis für einen alten Mann,
mon petit anjol.
«
    Dieses Gefasel ärgerte mich, aber ich wollte es nicht zeigen.
    »Ist sie gesund?«, fragte ich.
    »Soviel ich weiß.«
    Warum, zum Teufel, redete er nicht?
    »Und Rocafort? Ist dort alles zum Besten?«
    »Nach allem, was ich höre, steht die Burg noch, und das Landvolk ernährt sich redlich«, war die wortkarge Antwort.
    »Mehr hast du mir nicht zu erzählen?«
    Er hob die wässrigen Augen zu mir. Alt und klapprig mochte er sein, aber sein Blick unter den struppigen, weißen Brauen zeugte nicht von Schwäche. »Seit der alten Geschichte mische ich mich nicht mehr ein.« Seine Stimme war hart. »Deshalb habe ich auch nicht früher geschrieben. Du wirst alles selber herausfinden müssen.«
    Was sollte ich herausfinden? »Falls du auf deinen Brief anspielst, was sollten die dunklen Andeutungen? Dass meine Familie mich brauche und das Gerede von meinem Schicksal.«
    »Hat dir das Sorgen gemacht?« Seine Augen blitzten schelmisch. »Dann hat es seine Absicht erfüllt.« Als ich ärgerlich meine Stirn runzelte, fügte er hastig hinzu: »Nur ein Scherz, Jaufré, nur ein Scherz.«
    »Also?«
    »Es gibt in der Tat ernste Gründe, warum ich um deine Rückkehr gebeten habe. Aber das hat Zeit. Nicht heute.«
    Er fragte, wie lange wir in der Stadt blieben. Ich schluckte meinen Ärger hinunter und entgegnete, ich hätte einiges zu besorgen und bräuchte ein paar Tage. Danach würden wir uns auf den Weg nach Rocafort machen.
    »Komm morgen, denn jetzt bin ich müde. Dann reden wir weiter. Und bring Adela mit.« Er ließ sich von ihr küssen und winkte ihr lächelnd hinterher, als wir gingen. Es schien ihm Spaß zu machen, mich auf die Folter zu spannen.
    ***
    Am Vortag, nachdem wir auf Bonifacios Segler angekommen waren, hatten wir neben der Kathedrale eine Herberge gefunden, mit einem Stall für die Reittiere und sicherem Platz für unsere Habschaften. Früh am Morgen schon hatten Hamid, Adela und ich die beste Badestube in der Stadt aufgesucht, um den Schmutz der langen Reise abzuwaschen.
    Jetzt, nach der Audienz im Palast des Erzbischofs, schlenderten wir etwas ziellos in der Stadt umher. Ich war noch aufgewühlt. Zum einen erschütterte mich die unerwartete Nachricht vom Tod meiner Mutter. Und zum anderen ärgerte mich, dass Odo immer noch derselbe herrische Sturkopf war und seine Macht über mich ausübte. Morgen würde er mir hoffentlich mehr über seine geheimnisvollen Andeutungen und Absichten verraten.
    »Hast du sein Gewand gesehen?« Auch auf Adela hatte der Besuch im Palast seine Wirkung nicht verfehlt. »Ganz mit Goldfäden durchwirkt. Und so viele Bedienstete. Was macht eigentlich ein Erzbischof?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Er herrscht über die anderen Bischöfe im Land. Bestimmt, wie sie die Messe feiern sollen, denke ich mal.«
    »Er ist gewiss sehr mächtig.«
    »Ja, die halbe Stadt gehört ihm. Er ist ebenso

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