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Der Baum des Lebens

Der Baum des Lebens

Titel: Der Baum des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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stecken.«
    »Aber Ihr täuscht Euch, ich bin unschuldig! Ich wurde von Piraten entführt. Wie durch ein Wunder konnte ich ihnen überhaupt entkommen«, verteidigte sich Iker.
    Der Dorfvorsteher brach in Gelächter aus. »Vielleicht solltest du dir eine etwas glaubwürdigere Geschichte ausdenken! Am liebsten wäre mir, du würdest den Mund halten und gehen.«
    »Ich will aber nach Hause.«
    »Wenn du damit das Haus deines Ziehvaters meinst – sein Besitzer hat kein Testament zu deinen Gunsten verfasst. Deshalb habe ich es beschlagnahmt. Die Dorfbewohner sind schlecht auf dich zu sprechen, du bist hier bei uns nicht mehr erwünscht.«
    »Ihr müsst mir glauben, ich wurde wirklich entführt, und ich…«, rief Iker.
    »Jetzt reicht’s mir aber! Ich hoffe, deine Gewissensbisse machen dir das Leben ordentlich schwer. Wenn du nicht augenblicklich verschwindest, befehle ich meinen Dienern, dich mit Stockschlägen aus dem Dorf zu jagen. Ach, übrigens… Dein Beschützer wollte, dass ich dir dieses Kästchen gebe, falls du doch wieder auftauchen solltest. Noch so eine unbedachte Großzügigkeit von ihm dir gegenüber, wie ich finde. Aber ich muss seinen letzten Willen erfüllen. Verlasse Medamud, Iker, und komme nie wieder, egal unter welchem Vorwand.«
    Iker drückte das Kästchen fest an sich und wartete, bis er das Dorf weit hinter sich gelassen hatte, ehe er es öffnete. Dabei bemerkte er, dass das hölzerne Schloss aufgebrochen worden war. Im Inneren fand er eine versiegelte Papyrusrolle. Auch das Siegel war erbrochen und nur ungeschickt wieder zusammengefügt worden. Mit wenigen Zeilen hatte der alte Schreiber seinen Schüler verflucht und ihm tausend Strafen prophezeit. Iker kannte aber die Schrift seines Lehrers gut genug, um zu sehen, dass man sie auf plumpe Weise gefälscht hatte. Auf dem Boden des Kästchens war eine dünne Schicht aus Gips. Im Schutz einer Tamarinde kratzte sie Iker mit einem Holzstück ab. Darunter kam eine Botschaft zum Vorschein, die ihn mit Freude erfüllte:
    Ich weiß, dass du dich nicht wie ein Dieb davongeschlichen hast. Ich bete darum, dass du gesund und munter bist. Mein Leben geht zu Ende. Mein größter Wunsch ist, dass du ein guter Schreiber wirst. Ich hoffe, dass dir dieser Verbrecher von Dorfvorsteher, wenn du nach Medamud zurückkommst, mein Testament übergibt, in dem ich dir mein Haus und diese Schatulle vermache, die meine kostbarsten Schreibbinsen enthält. Hier ist inzwischen ein Fremder aufgetaucht. Der Dorfvorsteher versteht sich ausgezeichnet mit ihm. Ich spüre, dass hier irgendwelche dunklen Mächte walten, deshalb schicke ich dir diese Botschaft lieber verborgen und schreibe sie mit den geheimen Mitteln, die ich dir beigebracht habe. Halte dich nicht länger als nötig hier auf, geh in den Schlangengau, zum »Hohen Gebirge«. Das ist die erste Etappe deiner Reise. Mögen dich die Götter ans Ziel deiner Suche geleiten. Wie hart die Prüfungen auf dem Weg dorthin auch sein sollten, gib die Hoffnung nicht auf. Ich werde immer bei dir sein, mein Sohn, und dir dabei helfen, eine Bestimmung zu erfüllen, von der du noch gar nichts weißt.

 
9
     
     
     
    Als Schatzmeister Medes sein prächtiges Haus in Memphis betrat, eilten sofort zwei Diener herbei, um ihm Füße und Hände zu waschen, Haussandalen anzuziehen, ihn zu parfümieren und ihm kühlen Weißwein aus den Oasen zu servieren. Medes war eine eindrucksvolle Persönlichkeit, er wurde gern zum Essen in den Palast geladen, hatte sogar schon am Tisch des Königs gespeist und gehörte zu den ranghöchsten Beamten in der Hauptstadt. Stets in feines Leinen von erstklassiger Qualität gekleidet, überprüfte er die Inventare der Tempel, die die Reichtümer verteilten, nachdem sie geweiht worden waren.
    Seit seiner Ernennung zum Schatzmeister hatte Medes alle Vorteile für sich beansprucht, die ihm seine Stellung ermöglichte. Indem er überaus wirkungsvoll die Dienste seiner verantwortungsvollen Schreiber, Verwalter und Archivare nutzte, stahl der Schatzmeister wenig, aber oft. Dabei ging er äußerst vorsichtig vor, hinterließ nicht die geringste Spur, die auf seine Veruntreuungen aufmerksam machen konnte, und fälschte die Verwaltungsschriften so geschickt, dass selbst ein geübtes Auge keine Unregelmäßigkeiten entdecken würde.
    Trotzdem war Medes weder glücklich noch zufrieden.
    Das lag vor allem daran, dass aus seiner Sicht nichts vorwärts ging. Pharao Sesostris hatte ihm zwar einen wichtigen Posten gegeben,

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