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Der Baum des Lebens

Der Baum des Lebens

Titel: Der Baum des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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gebührte.

 
10
     
     
     
    Erst als Sesostris wieder mit dem Schiff auf dem Rückweg nach Memphis war, wurde ihm richtig bewusst, welch schreckliche Herausforderung an ihn ergangen war – und das gerade in dem Augenblick, als er den Kampf mit den Gaufürsten aufnehmen wollte, die sich weigerten, auch nur den geringsten Bruchteil ihrer Vorrechte freiwillig aufzugeben.
    Seit Osiris Ägypten erschaffen hatte, das aus dem Nildelta und dem Niltal bestand, herrschte der Pharao über die Zwei Länder, nachdem er sie eng miteinander verbunden hatte. Als Herr über das »Land der Biene« beherrschte er den Norden; als Herr über das »Land des Schilfrohrs« den Süden. Die Biene erzeugte den Honig, das pflanzliche Gold, das für die Gesundheit unerlässlich war; das Schilf wurde mannigfach verwendet und diente in der Gestalt von Papyrus zum Schreiben der Hieroglyphen, also der »Worte Gottes«. So waren in der Person des Pharao, der von Horus beschützt wurde, dem Herrn des Himmels und Sohn des Osiris, der über seinen Vater wachen sollte, alle Schöpfungskräfte vereinigt. Und so war es auch seine Aufgabe, die zersprengten Teile des Landes zusammenzuführen.
    Sesostris hatte nicht weniger als sechs Furcht erregende Feinde, sechs Provinzfürsten, die für sich Autonomie beanspruchten und die Autorität des Monarchen in Memphis missachteten. Glücklicherweise waren sie bisher nicht auf den Gedanken gekommen, sich zu verbünden, weil jeder von ihnen wie wild seine Unabhängigkeit verteidigte. Unter diesen Umständen verarmte Ägypten. Würde man den gegenwärtigen Zustand beibehalten, konnte man zwar schwerwiegende kriegerische Auseinandersetzungen verhindern, aber das musste auch unweigerlich zum Verfall des Königreichs führen.
    Seltsamerweise befanden sich fünf der sechs Würdenträger, die dem Pharao feindlich gesinnt waren, an der Spitze von Provinzen in der Nähe von Abydos. War es einer von ihnen gewesen, der Seths Zerstörungskraft genutzt und gegen die Akazie von Osiris eingesetzt hatte? Sollte sich diese Vermutung bestätigen, würde Sesostris einen erbarmungslosen Kampf gegen denjenigen führen – um den Baum wieder grün werden zu lassen und um Ägypten zu retten.
    Als Erstes brauchte er so viele Informationen über diese sechs Potentaten wie möglich, um den Schuldigen ausfindig machen zu können. Dann müsste er äußerst wirkungsvoll zuschlagen, ohne dem Feind die geringste Gelegenheit zum Widerstand zu geben. Doch wem konnte er eine derart schwierige Aufgabe anvertrauen? Am Hof von Memphis wimmelte es nur so von Kriechern, Intriganten, Strebern, Feiglingen und Lügnern. Einzig und allein Sobek würde sich mit Leib und Seele diesem Auftrag verschreiben, ohne dabei an persönliche Vorteile zu denken.
    Sesostris war also gezwungen, sich auf die kümmerlichen Streitkräfte zu stützen, über die er verfügte, und vor allem seiner Einfühlungsgabe zu gehorchen. Was die Suche nach dem Gold anbelangte, das für die Genesung der Akazie notwendig war, so war das eine noch viel schwierigere Angelegenheit. Der Legende nach besaß das grüne Gold aus Punt außergewöhnliche Eigenschaften, aber kein Mensch wusste mehr, wo das Land Gottes lag. Und noch viel weniger, ob dieses Edelmetall dort überhaupt noch gefördert wurde. Sonst blieben lediglich die Bergwerke in der Östlichen Wüste, die der Kontrolle verschiedener Provinzfürsten unterstanden, und die in Nubien, an die nicht heranzukommen war.
    Und auch diese Aufgabe schien nicht zu bewältigen zu sein. Sesostris verfügte nicht über die erforderlichen Mittel, um derartige Nachforschungen anzustrengen.
    Die Lösung drängte sich ihm also sozusagen von allein auf: Er musste die notwendigen Mittel beschaffen und zuallererst dafür sorgen, dass der Baum des Lebens wieder zu Kräften kam.
    So begann der Pharao, Pläne für einen Tempel und eine ewige Ruhestätte in Abydos zu schmieden.
     
     
    Auf den Feldern wurde hart gearbeitet. Die Frühjahrsernte war überreich, und nichts durfte verloren gehen.
    Einen Tagesmarsch von Medamud entfernt, hatte sich Iker dem Verwalter eines großen Landguts vorgestellt und ihm seine Dienste als angehender Schreiber angeboten.
    »Du kommst gerade recht, mein Junge«, sagte der Verwalter. »Ich habe hier jede Menge Säcke, die gezählt und beschriftet werden müssen. Danach kannst du dann noch ein Inventar anlegen.«
    Das bedeutete die Aussicht auf eine Woche angemessen bezahlte Arbeit: auf Essen und Trinken, eine Schlafmatte und

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