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Der Beethoven-Fluch

Der Beethoven-Fluch

Titel: Der Beethoven-Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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lassen.” Er blickte in die Runde. “Komm, wir haben ja noch etwas Zeit; da kann ich dir zeigen, wo die großen Komponisten begraben liegen. Vielleicht können wir sogar Vögel beobachten. Hier leben nämlich über fünfundzwanzig Vogelarten.”
    Bald waren sie aus der Wildnis heraus und wieder in der gepflegten Parkanlage. “Der österreichische Aktionskünstler André Heller hat diesen Ort einmal als ‘Aphrodisiakum für Nekrophile’ bezeichnet”, bemerkte Jeremy. “So makaber dieser ganze Totenkult ja wirken mag – nach meiner Ansicht gehen die Wiener mit dem Tod doch erheblich natürlicher um als wir Amerikaner. In Amerika verdrängt man das Sterben. Man begräbt es, um es mal paradox auszudrücken. Als wäre es etwas Finsteres und Geheimnisvolles, das man besser nicht näher untersucht. Hier in Wien macht man’s genau umgekehrt. Es gibt sogar einen Begriff für ein besonders üppiges Begräbnis:
a schöne Leich.
Das sind Marotten, die auf die Habsburger zurückzuführen sind. Die hatten nämlich allerlei verschrobene Vorstellungen, wie sie mal beigesetzt werden wollten. Entschuldige, jetzt werde ich wohl ein wenig morbid.”
    “Stimmt. Aber was haben sie denn gemacht, die Habsburger?”
    Jeremy bedachte seine Tochter mit einem wehmütigen Lächeln. “Manche behaupten, das Haus Habsburg setzte seine Strategie
divide et imperia
, teile und herrsche, mit dem Begräbnis fort. Die sterblichen Überreste sind in der Kaisergruft unter der Kapuzinerkirche beigesetzt. Die Eingeweide hingegen befinden sich in Kupferurnen in den Katakomben des Stephansdoms. Und die Herzen wiederum in kleinen Silbergefäßen in der Herzgruft.”
    “Herzgruft?”
    “Schon mal davon gehört?”
    “Da befinden sich die mumifizierten Herzen?”
    “Genau. Ist ein Touristenmagnet. Nicht gerade der größte, aber die Neugierigen zieht es schon dorthin. Hast du mal davon gelesen?”
    “Muss ich wohl. Wieso hat man denn die inneren Organe und die Herzen von der restlichen Leiche getrennt?”
    “Das fing Anfang des 17. Jahrhunderts an. Unter Ferdinand IV., glaube ich, einem der Kaiser aus dem Hause Habsburg. Der wollte unbedingt sein Herz der Muttergottes zu Füßen legen …”
    Meer fiel ihm ins Wort. “Das würde ich mir gern ansehen.”
    “Möglicherweise könnte ich dich morgen früh hineinschleusen, ehe der große Andrang einsetzt. Ich selber kann leider nicht.”
    “Macht nichts, ich komme auch allein klar. Weißt du, ich bin ja jetzt erwachsen und brauche keinen Babysitter mehr.”
    “Oh doch, tust du wohl!”, zischte er heftig. “Zwei Menschen sind tot! Inspektor Fieske hat nicht die kleinste Spur. Da sind ausgemachte Profis am Werk, und die haben sich bisher noch keine Fehler geleistet. Jedenfalls ist der Polizei noch keiner aufgefallen. Du musst mir versprechen, dass du nirgendwo alleine hingehst.”
    Meer wollte schon aufbegehren, ließ es dann aber.
    “Vielleicht kann Sebastian dich begleiten. Oder ich vertage meinen Termin so, dass ich es doch schaffe. Möglich, dass Malachai mitkommen möchte – besonders, wenn ich eine Privatbesichtigung arrangiere.”
    “Wie viele Babysitter brauche ich denn noch?” Meer schmunzelte.
    “Nein, ich hatte nur überlegt, dass er’s wohl gern anschauen würde.”
    Die hohen, immergrünen Gewächse beiderseits des Weges warfen dunkle, lange Schatten über Vater und Tochter.
    “Ich wusste gar nicht, dass du Deutsch sprichst”, bemerkte Jeremy nach einer längeren Pause.
    “Wie bitte? Tue ich doch gar nicht!”
    “Heute Morgen, bei dem Feueralarm, da hast du aber Deutsch gesprochen.”
    Sie winkte ab. “Wahrscheinlich ein, zwei Brocken, die ich hier aufgeschnappt habe.”
    “Und aus einer kompletten Häuserzeile pickst du genau das Gebäude der Gesellschaft heraus.”
    “Wie soll das denn gehen? Ich war doch noch nie hier!”
    “Ja, in der Gegenwart nicht.”
    “Dad!”, fauchte Meer leise, bemüht, ihren Unmut zu unterdrücken, was ihr allerdings nicht ganz gelang. “Lassen wir das! Nicht schon wieder – nicht jetzt, und nicht hier!”
    “Schatz, du darfst dir nicht dauernd vormachen, du könntest …”
    “Ich mache mir überhaupt nichts vor! Ich habe eine Entscheidung getroffen, wie ich mein Leben führen möchte. Deine Predigt über den ewigen Kreislauf der Seelen und den Engel des Vergessens und die göttlichen Lebensfunken und all die anderen mystischen Reinkarnationstheorien aus der Kabbala, die kannst du dir also schenken. Du und Malachai, ihr könnt euch von

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