Der Beethoven-Fluch
entwickelte.
“Gibt es sonst noch etwas, auf das wir achten müssten?” Paxton schloss mit seiner Standardfrage, an die er diesmal allerdings einen Schlusssatz anhängte: “Als hätten wir nicht schon genug am Hals!”
51. KAPITEL
D ienstag, 29. April – 14:30 Uhr
Nachdem die drei eine Stunde in der Bibliothek zugebracht hatten, eilte Malachai zu einem verabredeten Treffen mit Fremont Brecht im Gebäude der Gesellschaft für Erinnerungsforschung. Meer saß derweilen mit Sebastian im Auto und telefonierte mit ihrem Vater. Sebastian hatte ihr angeboten, mit ihr zum Krankenhaus zu fahren und Jeremy nach Hause zu bringen, falls die Untersuchungen beendet sein sollten.
“Die sind noch nicht fertig mit mir”, berichtete Jeremy seiner Tochter. “Wie’s aussieht, werde ich wohl erst morgen entlassen. Was habt ihr denn inzwischen herausgefunden?”
Das Handy am Ohr, schaute Meer durch die Seitenscheibe auf die belebte Straße und berichtete ihrem Vater von den Briefen, die sie in der Bibliothek gefunden hatten. Darunter einen von Beethoven an Stephan von Breuning, in dem die Rede von diversen Instrumenten war, die der Komponist seinem Freund als Geschenk für dessen Söhnchen besorgt hatte. “Den Schluss habe ich kopiert und von Sebastian übersetzen lassen”, sagte sie. “Beethoven schreibt: ‘Sollte, lieber Freund, meine Musik nach meinem Tode weiter gespielt und mein Ruf noch gemehrt werden, so werden diese Silberflöte und die Oboe von noch größerem Wert für deinen Sohn sein. Er wird über Instrumente aus meinem Besitz verfügen, und wenn er lernt, darauf zu spielen und ihnen ihre Schätze zu entlocken, werden sie ihm viel Freude bereiten.’”
“Jede Menge Anspielungen”, meinte Jeremy grüblerisch.
“Aber er erwähnt keine vorzeitliche Knochenflöte, sondern ausdrücklich eine silberne. Eindeutige Anhaltspunkte, wo Beethoven die magische Flöte versteckt haben könnte, haben wir nicht gefunden.”
Jeremy lachte. “Schätzchen, wenn sie eindeutig wären, dann wären es keine Anhaltspunkte mehr.”
Er fragte sie noch eine Weile über den Inhalt der anderen Briefe aus und verwies dann auf ein Muster, das ihr, Sebastian und Malachai bislang nicht aufgefallen war. “Nach meinem Geschmack lässt er sich da ein wenig oft über einen Wald aus. Wenn ich morgen hier raus bin, dann gucken wir uns die Gegend mal genauer an, die er da zwischen 1813 und 1815 offenbar besucht hat.”
Nach Beendigung des Gesprächs wandte sich Meer an Sebastian Otto und fragte ihn, ob Beethoven einmal in der Nähe eines Waldgebietes gewohnt habe.
Sebastian listete einige Orte auf. “Mödling, Penzing, Döbling, Heiligenstadt …”
Meer hörte zwar zu, konnte damit aber nichts anfangen. Für sie waren das alles nur sehr fremdartig klingende Wörter.
“… Jedlesee und Baden”, schloss Sebastian.
“Da weiß man ja gar nicht, wo man anfangen soll.”
“Na ja, Baden jedenfalls liegt direkt am Wienerwald.”
“Kommt man da mit der Bahn hin?”
Obwohl es bereits auf vier Uhr zuging, wimmelte Baden, ein beliebter Kurort vor den Toren Wiens, an diesem Nachmittag von Touristen. Sebastian hatte dienstags probenfrei und es sich nicht nehmen lassen, Meer zu begleiten. Jetzt standen die beiden vor dem städtischen Fremdenverkehrsbüro und studierten den dort ausgehängten riesigen Stadtplan. “Ist nur ein Katzensprung von hier bis zum Wienerwald”, sagte Sebastian.
“Wunderbar.” Meer trug Jeans, ihre schwarze Lederjacke und flache Stiefel – genau das richtige, um sich ordentlich die Beine zu vertreten. Der Gedanke an eine Tour durch den Wald gefiel ihr ausnehmend gut.
“Lassen Sie mir noch einen Moment Zeit?”, fragte Sebastian. “Ich möchte kurz anrufen und nachfragen, wie es Nicolas geht. Das mache ich jeden Nachmittag um diese Zeit.”
“Aber natürlich!” Meer entfernte sich ein Stückchen und schaute sich den malerischen Ort an. Baden wirkte wie in der Vergangenheit erstarrt, was eine märchenhafte Stimmung erzeugte. Kurz darauf gesellte sich Sebastian wieder zu ihr, machte jedoch einen besorgten Eindruck.
“Alles in Ordnung mit Nicolas?”
“Keine Ahnung. Ich bin nicht durchgekommen, was ungewöhnlich ist. Aber ich habe eine Nachricht hinterlassen. Das Pflegepersonal ruft mich normalerweise sofort zurück.”
“Erzählen Sie doch mal was über das Städtchen hier”, bat sie in der Hoffnung, ihn damit ablenken zu können. Er bedankte sich mit einem flüchtigen Lächeln, das anzeigte, dass ihm
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