Der Befreier der Halblinge: Roman (German Edition)
nicht. Jetzt bin ich ein Eldran, der von den Schamanen gerufen und um Rat gefragt wird. Ich selbst werde keine Gelegenheit mehr haben, meinen Fehler ungeschehen zu machen. Aber Arvan könnte es. Denn er trägt den Elbenstab. Also folgt ihm, wie Ihr mir gefolgt wärt. Bietet alles auf, was Ihr für mich an Magie aufgeboten hättet, und vollendet das, was ich nicht mehr vollenden kann. Vor allem aber tut es schnell. Die Lebensspanne dieses kurzlebigen Geschöpfes darf nicht ungenutzt verstreichen, denn nach ihm werdet Ihr niemanden mehr finden, der den Stab zu tragen in der Lage ist. « Er wandte sich an König Péandir. » Ich weiß, dass Ihr die richtige Entscheidung treffen werdet, werter Nachfahre! «
» Ich danke Euch für Euer Vertrauen, edler Eldran! « , sagte Péandir in gebotener Ehrfurcht. » Und doch habe ich Zweifel! «
» Wenn Ihr auf meinen Rat allein nicht hören wollt, so hört, was derjenige sagt, mit dem ich mich beriet, bevor ich zusammen mit ihm in die Schlacht am Berg Tablanor zog! «
Eine weitere durchscheinende Eldran-Gestalt erschien nun hoch über ihnen unter der Kuppel und schwebte dann herab. Es war die Gestalt eines gewöhnlichen Elbenkriegers. Der Eldran von Torandiris, des größten Helden der Elbenheit, durchfuhr es Arvan. Durch das Gedankenwissen über die Schlacht am Berg Tablanor war ihm dessen Antlitz geläufig. Er hatte ihn vor seinem inneren Auge an der Seite des Ersten Elbenkönigs reiten sehen. Es war ein kluger Schachzug in Brass Elimbors Plan, auch den Geist von Torandiris zu beschwören. Schließlich war eines der am schwersten zu überzeugenden Mitglieder des Thronrates Herzog Palandras, der seine Herkunft– wie alle Angehörigen des sogenannten » Hauses Torandiris « – in gerader Linie auf diesen nach wie vor hoch angesehenen Helden einer fernen Vergangenheit zurückführte. Dementsprechend viel Gewicht würde gerade Palandras daher dem Rat dieses Eldran zumessen.
» König Elbanador spricht wahr « , sagte Torandiris. » Auch wenn es zeitweilig schwere Zerwürfnisse zwischen mir und meinem König gegeben haben mag– in einem waren wir uns immer einig: Ghool muss eines Tages vollkommen vernichtet werden. Sonst wird das Böse früher oder später die Herrschaft übernehmen und Euch alle zu seinen Sklaven machen. Also zögert nicht, die Gelegenheit zu ergreifen. Zögert nicht… « Torandiris’ Worte verhallten, und seine Eldran-Gestalt löste sich innerhalb weniger Augenblicke wieder auf.
Arvan beobachtete Brass Elimbor. Dessen Gesicht wirkte sehr müde. Er schloss für einen Moment die Augen, seine Hände hatten eine eigenartige, etwas gespreizte Haltung angenommen. Die Anrufung von gleich zwei Eldran schien Brass Elimbor mehr angestrengt zu haben, als Arvan vermutet hätte. Die Magie der Elben wurde stetig schwächer, und selbst für jemanden wie Brass Elimbor schien es kaum möglich zu sein, die Stärke der alten Zeit in die Gegenwart zu retten. Zumindest gelang das nur teilweise. Brass Elimbor wirkte jedenfalls sehr erschöpft.
» Lebt wohl und handelt weise « , sagte nun König Elbanador.
Die durchscheinende Gestalt des Ersten Elbenkönigs verblasste zusehends. Die Einzelheiten waren schon nach ein paar Augenblicken nur noch verschwommen zu erkennen. Schließlich war da nur noch eine flimmernde Lichtsäule, die schließlich ebenfalls nach einiger Zeit verblasste.
Arvan stand noch immer auf dem Sarkophag und war sich unschlüssig darüber, was nun wohl zu tun war. Er fühlte nur die Blicke aller Anwesenden auf sich gerichtet. Vielleicht sollte ich nun etwas sagen, dachte er. Aber sein Kopf war so leer, dass ihm einige quälende Augenblicke lang einfach nichts einfallen wollte, was seinem Gefühl nach dem Anlass angemessen gewesen wäre. Sein Blick fiel auf den einäugigen Sandrilas, der die Menschen abgrundtief hasste, da es Menschen gewesen waren, die ihn vor langer Zeit überfallen und ihm das fehlende Auge ausgeschlagen hatten. Aber abgesehen von seinen Gesichtszügen schien Sandrilas seinen Hass im Zaum zu halten. Was hätte er auch gegen das Wort des Ersten Elbenkönigs sagen sollen? Und Ähnliches galt natürlich für die anderen als äußerst konservativ geltenden Mitglieder des Thronrates.
Wenn ich noch lange schweige, wird irgendeiner von ihnen das Wort ergreifen. Und schon allein deswegen werde ich jetzt sprechen müssen, wurde es Arvan schlagartig klar. Also begann er zu sprechen.
Er vertraute darauf, dass seine Gedanken von allen ohne
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