Der beiden Quitzows letzte Fahrten
er:
»Werdet Ihr, Herr Ritter, nicht Gelegenheit suchen, Herrn Simon dies selbst mittheilen zu können?«
»Ja!«
Dietrich verließ die Kammer und der Falkenmeister folgte ihm schweigend bis zu der Thüre des Gemachs, wo er sich entfernen wollte.
Dietrich hielt ihn indeß zurück.
»Morgen früh werde ich Güntersberg verlassen, in einigen Tagen aber noch einmal hierher kommen, bis dahin suche, falls Dein Herr mittlerweile noch nicht zurückgekehrt, auszukundschaften, wo er gefangen gehalten wird. Das Weitere wird sich dann finden.«
Der Falkenmeister zog sich nach dieser Weisung zurück und Herr Dietrich verließ mit Anbruch des Tages und ohne Brunhilde noch einmal gesprochen zu haben, das Schloß.
Mit recht gemischten Gefühlen sah Henning Friedländer dem langsam dahinreitenden Ritter nach.
Einestheils freute er sich über die Zusage des wegen seiner Tapferkeit berühmten Dietrich von Quitzow, Brunhildens Vater helfen zu wollen. Andererseits beunruhigte ihn aber nicht wenig der Gedanke, Ritter Dietrich werde, wenn nicht gar Herrn Bodo von Wedel auf Betow, so doch einen anderen Ritter zur Hülfe aufbieten, der seinen eigenen Plänen hinderlich werden könne.
»Meinetwegen,« murmelte er endlich, »mag Dietrich Hülfe herbeibringen, von wo er kann und will. Mit Jedem werde ich mich zur Noth rechtzeitig zu verständigen vermögen. Wenn er nur nicht zu Bodo von Wedel geräth und diesen für sein Vorhaben zu gewinnen vermag.« –
Finster vor sich hinblickend, schien er diesen Gedanken noch länger zu erwägen und die Möglichkeit, der theils hochgeachtete, theils gefürchtete Dietrich werde in dem Bestreben, Herrn Simon beizustehen, seinem eigenen Vorhaben hinderlich werden, verbitterte seine Stimmung immer mehr.
Mißmuthig schritt er eben über den Hof, als er Brunhilde am Fenster erblickte.
Ihrem Winke eiligst Folge leistend, stand er wenig Augenblicke später vor der heimlich Geliebten, in deren Zügen sich eine unbeschreibliche Angst ausdrückte.
»Mein Vater ist noch nicht zurück. Ohne Zweifel ist ihm ein recht schweres Unglück zugestoßen. Er ist vielleicht verwundet, hülflos auf dem Kampfplatze zurückgelassen, oder gar in Gefangenschaft geschleppt worden. An noch Schlimmeres wage ich nicht zu denken. Helft mir doch aus dieser quälenden Ungewißheit.«
Der Falkenmeister antwortete nicht bald, als sie schwieg. Der Anblick des reizenden Mädchens, das in seiner kindlichen Liebe zum Vater die Schranke gänzlich übersah, die zwischen ihr, der Herrin, und ihm, dem Diener, bestand, die thränenden Auges ihre Rathlosigkeit eingestand und ihm zu verstehen gab, daß sie ihm vertraue, sich auf ihn verlasse, bewegte ihn mächtig.
Mit bewegter Stimme erwiderte er endlich:
»Ich werde nicht zögern, Euch, soweit dies eben jetzt möglich ist, Klarheit zu verschaffen und zunächst sofort den Kampfplatz, den ich leicht sofort wieder finden dürfte, aufsuchen. In ein paar Stunden schon sollt Ihr erfahren, was mit Eurem Vater geschehen ist. Weiter erforderlich werdende Schritte werden sich dann erst erwägen lassen. Seid versichert, Jungfrau, daß nichts unversucht und nichts unterlassen werden soll, was ich zu Eurer Beruhigung beizutragen vermag.«
»Ich glaube Euch und hoffe das Beste. Der fremde Ritter ist, wie ich gesehen habe, weggeritten?«
»Ja, er wird aber voraussichtlich in einigen Tagen noch einmal hier eintreffen.«
»Wenn nur mein Vater dann wieder hier wäre!«
»Sollte dies noch nicht der Fall sein, dann wird Herr Dietrich von Quitzow, wie er mir dies fest zugesagt hat, für Euren Vater eintreten.«
»Besitzt Herr Dietrich hier einen so weitreichenden Einfluß? Ich denke, er wohnt in den Marken und war ja gestern nicht nur ohne Begleitung, sondern, so viel ich gesehen habe, auch ohne Waffen.«
»Sein Name ist weit bekannt, und seine Faust derart gefürchtet, daß ohne zwingendste Gründe Jeder gern vermeidet, mit diesem Ritter einen Kampf aufzunehmen.«
»Trotz alledem wünsche ich, der Vater möge zurückkehren, noch ehe der Ritter hierher kommt.«
»Dieser, aus dem geheiligten Gefühl kindlicher Liebe entspringende Wunsch ist nur berechtigt. Doch will mir scheinen, die in Aussicht gestellte Hülfe des Ritters Dietrich sei, selbst wenn die Bethätigung derselben nicht mehr erforderlich würde, insofern anzuerkennen, als bei der von mehreren benachbarten Rittern angekündigten Fehde der Beistand eines Mannes, der eine namhafte Anzahl Ritter von der Art des Herrn Janeke von Stegelitz
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