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Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Jobst, und deshalb sollst Du auch am längsten leben bleiben und sie alle vorher sterben sehen, ehe Du selbst an die Reihe kommst. Hier hast Du einen Trunk und einen Bissen Brod, das wird Dir den Athem auf einen Tag länger erhalten!«
    Er bog sich zu einem der Gefangenen nieder und machte ihm eine Hand von den Banden frei.
    »Da, nimm, iß und trink und sei guten Muthes! Du wirst es wohl nicht bald wieder so gut bekommen wie bei mir. Hast keine Sorge, kannst auf der Bärenhaut liegen und Dich pflegen. Na, greif zu, oder ich bringe Dir’s auf andre Weise bei!«
    Der Angeredete rührte sich nicht; einige der Uebrigen bewegten sich unter Zuckungen und stießen ein herzergreifendes Stöhnen und Wimmern aus; die Qualen des Hungers, welcher ihnen den Tod bringen sollte, waren zu groß, als daß ihre Kraft zugereicht hätte, dieselben zu verschmerzen; er aber lag still und ruhig am Boden und keine Bewegung, kein Laut zeigte, daß noch Leben in ihm vorhanden sei. Er wollte sich das Sterben nicht durch die armselige Nahrungsspende verlängern lassen und widerstand der Gier, welche der Anblick des Brodes in ihm erweckte.
    »Du willst nicht? So wirst Du wohl müssen! Oh, wir sind stets Freunde gewesen, und darum hat mich der ›Reiter‹ auch zu Eurem Wärter bestellt. Ich kann nicht leiden, daß Dir der Magen zusammendorret, und darum werde ich Dich füttern. Komm her!«
    Er umschlang den freigegebenen Arm, damit derselbe keinen Widerstand leisten könne, wieder mit dem Stricke und zog dann das Messer aus dem Gürtel. Nachdem er den Kienspahn in eine Mauerritze gesteckt hatte, faßte er mit kräftigem Drucke den Gefangenen beim Halse, um denselben zum Oeffnen des Mundes zu zwingen, und schob ihm dann die breite Klinge zwischen die Zähne, in der Absicht, ihm den Mund aufzubrechen. Der Gemarterte biß die Kinnladen fest zusammen, und deutlich hörte man das Knirschen des Eisens, welches erbarmungslos in dem Munde des Armen wühlte.
    Das war zu viel für Karl. Aus den vernommenen Worten konnte er leicht schließen, daß die Gefesselten gefangene Räuber seien, welche die Absicht, sich von ihrem verbrecherischen Leben loszusagen, mit dem Hungertode büßen sollten. Wenn er ihnen Hilfe brachte, so konnte er gewiß sein, daß sie ihm ihre vollste Dankbarkeit erweisen würden; deshalb trat er herzu, packte den tückischen Henker beim Nacken und stieß ihm mit der Rechten den Gnadegott so tief und kräftig zwischen die Schultern, daß er bis vor zum Herzen drang und der Getroffene sofort todt zusammenbrach.
    Betroffen von diesem plötzlichen Ereignisse, welches ihnen vollständig unbegreiflich war, blickten die Gefesselten auf. Sie sahen ihren Peiniger in seinem Blute liegen, aber sie wußten nicht, ob ihnen aus seinem Tode Glück oder Unheil erwachsen werde.
    »Wer seid Ihr?« frug einer von ihnen, indem er sich vergebliche Mühe gab, sich aufzurichten.
    »Habt keine Sorge,« erwiderte Uchtenhagen; »ich bin gekommen, Euch zu erlösen!«
    Da die Banden nicht von Eisen waren, so wurden sie mit wenigen Schnitten von den erstarrten und blutig unterlaufenen Gliedern genommen, und die Männer waren nun im Stande, sich wenigstens soweit zu erheben, als es ihre gesunkenen Kräfte zuließen.
    »Wasser, Wasser und Brod!« baten sie. Karl war nicht im Stande, diesem Verlangen nachzukommen, aber er versprach, vor der Hand wenigstens ihren Durst zu löschen. Er begab sich durch Stolln und Brunnenschaft nach oben und brachte ihnen einen Ballen Schnee, über welchen sie gierig herstürzten, da die wenigen Tropfen Wassers, welche ihr früherer Gefährte für Jobst mitgebracht hatte, nach wenigen Schlucken alle geworden waren. Auch die Brodrinde, die man bei ihm fand, verschwand augenblicklich unter den Händen der vom Hunger Gepeinigten, und nur die Sorge um ihre Sicherheit konnte sie abhalten, sich hinauszustürzen, um ihre nagenden Bedürfnisse auf alle Fälle und augenblicklich zu befriedigen.
    »Wartet nur noch kurze Zeit, dann werdet Ihr haben, wornach Euch verlangt!« mahnte Karl. »Euer Schicksal kenne ich ein wenig; ausführlich müßt Ihr mir es später erzählen; jetzt aber sagt mir vor allen Dingen, ob ich auf Euren Beistand rechnen kann!«
    Er erzählte ihnen das Geschehene, und mit Freuden gaben sie ihm ihr Wort, ihn in seinem Vorhaben nach allem Vermögen zu unterstützen.
    »Ihr habt uns von einem gräßlichen Tode errettet, Herr,« sprach Jobst, welcher einen ihm über die Anderen freiwillig eingeräumten Vorrang zu begleiten

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